tüchtigem Handtieren in weitläufiger, hand¬ greiflicher Materie, und da ich noch keinen Weg zur Oelmalerei offen sah, so half ich mir dadurch, daß ich einstweilen auf grobem Papiere mit Kohle, Kreide und kräftigen Farbentönen sattsam herum¬ fegte. Ich freute mich großer Baumgruppen und Gebirgsformen, die ich ohne vieles Grübeln her¬ vorrief, die Einzelnheiten, die sich mir während meines Herumtreibens in der freien Natur mehr oder minder eingeprägt hatten, harmlos anwen¬ dend, Gestein und Bäume reichlich mit Moos, Wurzel- und Flechtwerk bekleidend. Das Beste davon waren noch die mannigfaltigen bewegten Lüfte; da ich von meiner hohen Warte aus ein weites Himmelsfeld beherrschte, so sah ich den ganzen Tag die Wolken kommen und gehen in allen Farben, und dies erregte in mir den Ge¬ danken, eigene Luftstudien zu machen. So oft ich daher eine schöne Wolkenmasse entdeckte, bil¬ dete ich sie schnell mit meinen Wasserfarben nach, indessen mich die compacten und doch schmelz¬ vollen Gebilde eine unbestimmte Sehnsucht nach der Oelpalette empfinden ließen. Doch erreichte
tuͤchtigem Handtieren in weitlaͤufiger, hand¬ greiflicher Materie, und da ich noch keinen Weg zur Oelmalerei offen ſah, ſo half ich mir dadurch, daß ich einſtweilen auf grobem Papiere mit Kohle, Kreide und kraͤftigen Farbentoͤnen ſattſam herum¬ fegte. Ich freute mich großer Baumgruppen und Gebirgsformen, die ich ohne vieles Gruͤbeln her¬ vorrief, die Einzelnheiten, die ſich mir waͤhrend meines Herumtreibens in der freien Natur mehr oder minder eingepraͤgt hatten, harmlos anwen¬ dend, Geſtein und Baͤume reichlich mit Moos, Wurzel- und Flechtwerk bekleidend. Das Beſte davon waren noch die mannigfaltigen bewegten Luͤfte; da ich von meiner hohen Warte aus ein weites Himmelsfeld beherrſchte, ſo ſah ich den ganzen Tag die Wolken kommen und gehen in allen Farben, und dies erregte in mir den Ge¬ danken, eigene Luftſtudien zu machen. So oft ich daher eine ſchoͤne Wolkenmaſſe entdeckte, bil¬ dete ich ſie ſchnell mit meinen Waſſerfarben nach, indeſſen mich die compacten und doch ſchmelz¬ vollen Gebilde eine unbeſtimmte Sehnſucht nach der Oelpalette empfinden ließen. Doch erreichte
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[201/0211]
tuͤchtigem Handtieren in weitlaͤufiger, hand¬
greiflicher Materie, und da ich noch keinen Weg
zur Oelmalerei offen ſah, ſo half ich mir dadurch,
daß ich einſtweilen auf grobem Papiere mit Kohle,
Kreide und kraͤftigen Farbentoͤnen ſattſam herum¬
fegte. Ich freute mich großer Baumgruppen und
Gebirgsformen, die ich ohne vieles Gruͤbeln her¬
vorrief, die Einzelnheiten, die ſich mir waͤhrend
meines Herumtreibens in der freien Natur mehr
oder minder eingepraͤgt hatten, harmlos anwen¬
dend, Geſtein und Baͤume reichlich mit Moos,
Wurzel- und Flechtwerk bekleidend. Das Beſte
davon waren noch die mannigfaltigen bewegten
Luͤfte; da ich von meiner hohen Warte aus ein
weites Himmelsfeld beherrſchte, ſo ſah ich den
ganzen Tag die Wolken kommen und gehen in
allen Farben, und dies erregte in mir den Ge¬
danken, eigene Luftſtudien zu machen. So oft
ich daher eine ſchoͤne Wolkenmaſſe entdeckte, bil¬
dete ich ſie ſchnell mit meinen Waſſerfarben nach,
indeſſen mich die compacten und doch ſchmelz¬
vollen Gebilde eine unbeſtimmte Sehnſucht nach
der Oelpalette empfinden ließen. Doch erreichte
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/211>, abgerufen am 24.11.2024.
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