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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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Bursche, der mit Harz und Scheidewasser auf
kleinen Kupferplatten herumschmierte und bedenk¬
liche Löcher hineinfressen ließ, auch wohl mit der
Radirnadel dazwischen stach und der Kupferstecher
genannt wurde. Auf diesen folgte der Lithograph,
ein froher und unbefangener Geist, der verhält¬
nißmäßig das weiteste Gebiet umfaßte, nächst dem
Meister, da er stets gewärtig und bereit sein
mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder
eine Weinkarte, den Plan einer Dreschmaschine,
wie das Titelblatt für eine Erbauungsschrift
junger Töchter auf den Stein zu bringen mit
Kreide, Feder, gravirt oder getuscht. Im Hin¬
tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten
Bewegungen zwei schwärzliche Gesellen, der
Kupfer- und der Steindruckergehülfe, Jeder an
seiner Presse, indem sie die Werke obiger Künst¬
ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im
Rücken der ganzen Schaar und Alle übersehend,
saß der Meister, Herr Kunstmaler und Kunst¬
händler Habersaat, Besitzer einer Kupfer- und
Steindruckerei und sich allen entsprechenden Auf¬
trägen empfehlend, an seinem Tische mit den

Burſche, der mit Harz und Scheidewaſſer auf
kleinen Kupferplatten herumſchmierte und bedenk¬
liche Loͤcher hineinfreſſen ließ, auch wohl mit der
Radirnadel dazwiſchen ſtach und der Kupferſtecher
genannt wurde. Auf dieſen folgte der Lithograph,
ein froher und unbefangener Geiſt, der verhaͤlt¬
nißmaͤßig das weiteſte Gebiet umfaßte, naͤchſt dem
Meiſter, da er ſtets gewaͤrtig und bereit ſein
mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder
eine Weinkarte, den Plan einer Dreſchmaſchine,
wie das Titelblatt fuͤr eine Erbauungsſchrift
junger Toͤchter auf den Stein zu bringen mit
Kreide, Feder, gravirt oder getuſcht. Im Hin¬
tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten
Bewegungen zwei ſchwaͤrzliche Geſellen, der
Kupfer- und der Steindruckergehuͤlfe, Jeder an
ſeiner Preſſe, indem ſie die Werke obiger Kuͤnſt¬
ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im
Ruͤcken der ganzen Schaar und Alle uͤberſehend,
ſaß der Meiſter, Herr Kunſtmaler und Kunſt¬
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[155/0165] Burſche, der mit Harz und Scheidewaſſer auf kleinen Kupferplatten herumſchmierte und bedenk¬ liche Loͤcher hineinfreſſen ließ, auch wohl mit der Radirnadel dazwiſchen ſtach und der Kupferſtecher genannt wurde. Auf dieſen folgte der Lithograph, ein froher und unbefangener Geiſt, der verhaͤlt¬ nißmaͤßig das weiteſte Gebiet umfaßte, naͤchſt dem Meiſter, da er ſtets gewaͤrtig und bereit ſein mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder eine Weinkarte, den Plan einer Dreſchmaſchine, wie das Titelblatt fuͤr eine Erbauungsſchrift junger Toͤchter auf den Stein zu bringen mit Kreide, Feder, gravirt oder getuſcht. Im Hin¬ tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten Bewegungen zwei ſchwaͤrzliche Geſellen, der Kupfer- und der Steindruckergehuͤlfe, Jeder an ſeiner Preſſe, indem ſie die Werke obiger Kuͤnſt¬ ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im Ruͤcken der ganzen Schaar und Alle uͤberſehend, ſaß der Meiſter, Herr Kunſtmaler und Kunſt¬ haͤndler Haberſaat, Beſitzer einer Kupfer- und Steindruckerei und ſich allen entſprechenden Auf¬ traͤgen empfehlend, an ſeinem Tiſche mit den

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/165>, abgerufen am 24.11.2024.