Bursche, der mit Harz und Scheidewasser auf kleinen Kupferplatten herumschmierte und bedenk¬ liche Löcher hineinfressen ließ, auch wohl mit der Radirnadel dazwischen stach und der Kupferstecher genannt wurde. Auf diesen folgte der Lithograph, ein froher und unbefangener Geist, der verhält¬ nißmäßig das weiteste Gebiet umfaßte, nächst dem Meister, da er stets gewärtig und bereit sein mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder eine Weinkarte, den Plan einer Dreschmaschine, wie das Titelblatt für eine Erbauungsschrift junger Töchter auf den Stein zu bringen mit Kreide, Feder, gravirt oder getuscht. Im Hin¬ tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten Bewegungen zwei schwärzliche Gesellen, der Kupfer- und der Steindruckergehülfe, Jeder an seiner Presse, indem sie die Werke obiger Künst¬ ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im Rücken der ganzen Schaar und Alle übersehend, saß der Meister, Herr Kunstmaler und Kunst¬ händler Habersaat, Besitzer einer Kupfer- und Steindruckerei und sich allen entsprechenden Auf¬ trägen empfehlend, an seinem Tische mit den
Burſche, der mit Harz und Scheidewaſſer auf kleinen Kupferplatten herumſchmierte und bedenk¬ liche Loͤcher hineinfreſſen ließ, auch wohl mit der Radirnadel dazwiſchen ſtach und der Kupferſtecher genannt wurde. Auf dieſen folgte der Lithograph, ein froher und unbefangener Geiſt, der verhaͤlt¬ nißmaͤßig das weiteſte Gebiet umfaßte, naͤchſt dem Meiſter, da er ſtets gewaͤrtig und bereit ſein mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder eine Weinkarte, den Plan einer Dreſchmaſchine, wie das Titelblatt fuͤr eine Erbauungsſchrift junger Toͤchter auf den Stein zu bringen mit Kreide, Feder, gravirt oder getuſcht. Im Hin¬ tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten Bewegungen zwei ſchwaͤrzliche Geſellen, der Kupfer- und der Steindruckergehuͤlfe, Jeder an ſeiner Preſſe, indem ſie die Werke obiger Kuͤnſt¬ ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im Ruͤcken der ganzen Schaar und Alle uͤberſehend, ſaß der Meiſter, Herr Kunſtmaler und Kunſt¬ haͤndler Haberſaat, Beſitzer einer Kupfer- und Steindruckerei und ſich allen entſprechenden Auf¬ traͤgen empfehlend, an ſeinem Tiſche mit den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="155"/>
Burſche, der mit Harz und Scheidewaſſer auf<lb/>
kleinen Kupferplatten herumſchmierte und bedenk¬<lb/>
liche Loͤcher hineinfreſſen ließ, auch wohl mit der<lb/>
Radirnadel dazwiſchen ſtach und der Kupferſtecher<lb/>
genannt wurde. Auf dieſen folgte der Lithograph,<lb/>
ein froher und unbefangener Geiſt, der verhaͤlt¬<lb/>
nißmaͤßig das weiteſte Gebiet umfaßte, naͤchſt dem<lb/>
Meiſter, da er ſtets gewaͤrtig und bereit ſein<lb/>
mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder<lb/>
eine Weinkarte, den Plan einer Dreſchmaſchine,<lb/>
wie das Titelblatt fuͤr eine Erbauungsſchrift<lb/>
junger Toͤchter auf den Stein zu bringen mit<lb/>
Kreide, Feder, gravirt oder getuſcht. Im Hin¬<lb/>
tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten<lb/>
Bewegungen zwei ſchwaͤrzliche Geſellen, der<lb/>
Kupfer- und der Steindruckergehuͤlfe, Jeder an<lb/>ſeiner Preſſe, indem ſie die Werke obiger Kuͤnſt¬<lb/>
ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im<lb/>
Ruͤcken der ganzen Schaar und Alle uͤberſehend,<lb/>ſaß der Meiſter, Herr Kunſtmaler und Kunſt¬<lb/>
haͤndler Haberſaat, Beſitzer einer Kupfer- und<lb/>
Steindruckerei und ſich allen entſprechenden Auf¬<lb/>
traͤgen empfehlend, an ſeinem Tiſche mit den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[155/0165]
Burſche, der mit Harz und Scheidewaſſer auf
kleinen Kupferplatten herumſchmierte und bedenk¬
liche Loͤcher hineinfreſſen ließ, auch wohl mit der
Radirnadel dazwiſchen ſtach und der Kupferſtecher
genannt wurde. Auf dieſen folgte der Lithograph,
ein froher und unbefangener Geiſt, der verhaͤlt¬
nißmaͤßig das weiteſte Gebiet umfaßte, naͤchſt dem
Meiſter, da er ſtets gewaͤrtig und bereit ſein
mußte, das Bildniß eines Staatsmannes oder
eine Weinkarte, den Plan einer Dreſchmaſchine,
wie das Titelblatt fuͤr eine Erbauungsſchrift
junger Toͤchter auf den Stein zu bringen mit
Kreide, Feder, gravirt oder getuſcht. Im Hin¬
tergrunde des Refektoriums arbeiteten mit breiten
Bewegungen zwei ſchwaͤrzliche Geſellen, der
Kupfer- und der Steindruckergehuͤlfe, Jeder an
ſeiner Preſſe, indem ſie die Werke obiger Kuͤnſt¬
ler auf feuchtes Papier abzogen. Endlich, im
Ruͤcken der ganzen Schaar und Alle uͤberſehend,
ſaß der Meiſter, Herr Kunſtmaler und Kunſt¬
haͤndler Haberſaat, Beſitzer einer Kupfer- und
Steindruckerei und ſich allen entſprechenden Auf¬
traͤgen empfehlend, an ſeinem Tiſche mit den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/165>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.