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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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also auch wohl Göttliche, das in der jungen
Menschenseele liegt, nicht in das hanfene, dürr¬
geflochtene Netz eines Katechismus, heiße er wie
er wolle, abgefangen würde, die schneidende
blutige Kritik des Mannesalters und die wilde¬
sten Kämpfe verhütet würden? Heinrich hegte
eine besondere Pietät gerade für die Begriffe
Brot und Wein, das Brot schien ihm so sehr
die ewig unveränderte unterste Grundlage aller
Erden- und Menschheitsgeschichten, der Wein aber
die edelste Gabe der geistdurchdrungenen lebens¬
warmen Natur zu sein, daß Nichts ihn so geeig¬
net dünkte zur Feier eines gemeinsamen symbo¬
lischen Mahles der Liebe, als edles weißes Wei¬
zenbrot und reiner goldener Wein. Daher war
es ihm auch anstößig, diese wichtigen, aber ein¬
fachen und reinlichen Begriffe mit einer heidnisch¬
mystischen und wie ihm vorkam, widermenschli¬
chen Mischung zu trüben. Auf das Historische
des vorhandenen Sacramentes konnte er nun um
so weniger Rücksicht nehmen, als ihm die theo¬
logischen Einsichten und Kenntnisse abgingen.

Als die Sonne sich bereits zu neigen anfing,

alſo auch wohl Goͤttliche, das in der jungen
Menſchenſeele liegt, nicht in das hanfene, duͤrr¬
geflochtene Netz eines Katechismus, heiße er wie
er wolle, abgefangen wuͤrde, die ſchneidende
blutige Kritik des Mannesalters und die wilde¬
ſten Kaͤmpfe verhuͤtet wuͤrden? Heinrich hegte
eine beſondere Pietaͤt gerade fuͤr die Begriffe
Brot und Wein, das Brot ſchien ihm ſo ſehr
die ewig unveraͤnderte unterſte Grundlage aller
Erden- und Menſchheitsgeſchichten, der Wein aber
die edelſte Gabe der geiſtdurchdrungenen lebens¬
warmen Natur zu ſein, daß Nichts ihn ſo geeig¬
net duͤnkte zur Feier eines gemeinſamen ſymbo¬
liſchen Mahles der Liebe, als edles weißes Wei¬
zenbrot und reiner goldener Wein. Daher war
es ihm auch anſtoͤßig, dieſe wichtigen, aber ein¬
fachen und reinlichen Begriffe mit einer heidniſch¬
myſtiſchen und wie ihm vorkam, widermenſchli¬
chen Miſchung zu truͤben. Auf das Hiſtoriſche
des vorhandenen Sacramentes konnte er nun um
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[43/0057] alſo auch wohl Goͤttliche, das in der jungen Menſchenſeele liegt, nicht in das hanfene, duͤrr¬ geflochtene Netz eines Katechismus, heiße er wie er wolle, abgefangen wuͤrde, die ſchneidende blutige Kritik des Mannesalters und die wilde¬ ſten Kaͤmpfe verhuͤtet wuͤrden? Heinrich hegte eine beſondere Pietaͤt gerade fuͤr die Begriffe Brot und Wein, das Brot ſchien ihm ſo ſehr die ewig unveraͤnderte unterſte Grundlage aller Erden- und Menſchheitsgeſchichten, der Wein aber die edelſte Gabe der geiſtdurchdrungenen lebens¬ warmen Natur zu ſein, daß Nichts ihn ſo geeig¬ net duͤnkte zur Feier eines gemeinſamen ſymbo¬ liſchen Mahles der Liebe, als edles weißes Wei¬ zenbrot und reiner goldener Wein. Daher war es ihm auch anſtoͤßig, dieſe wichtigen, aber ein¬ fachen und reinlichen Begriffe mit einer heidniſch¬ myſtiſchen und wie ihm vorkam, widermenſchli¬ chen Miſchung zu truͤben. Auf das Hiſtoriſche des vorhandenen Sacramentes konnte er nun um ſo weniger Ruͤckſicht nehmen, als ihm die theo¬ logiſchen Einſichten und Kenntniſſe abgingen. Als die Sonne ſich bereits zu neigen anfing,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/57>, abgerufen am 22.11.2024.