besseres Selbst, indem ich das gestrige Abenteuer auf eine Weise vortrug, die der gegenwärtigen Stimmung vollkommen entsprach und dieselbe erhöhte!
Nach seiner Entfernung wurde es still unter uns; die Lärmbedürftigen und Schlimmgesinnten wandten sich unbehaglich hin und her, zehrten von der Erinnerung und konnten sich nicht zu¬ rechtfinden. Eines Abends, nach dem Schlusse des Unterrichts, ging ich ruhig meiner Wege und hatte bald meine Wohnung erreicht, als ich rufen hörte: Grüner Heinrich! hierher! Ich wandte mich um und erblickte in einer andere Straße einen ansehnlichen Haufen Schüler, welche durch¬ einandertrieben, wie ein Ameisenhaufen, und sehr geschäftig schienen. Ich erreichte sie, man theilte mir mit, daß man in Gesammtheit dem verab¬ schiedeten Lehrer noch einen Besuch abstatten und ein rechtes Schlußvergnügen veranstalten wolle und forderte mich auf, Theil zu nehmen. Der Plan wollte mir gar nicht einleuchten, ich lehnte kurz ab und ging weg. Jedoch die Neugier wandte mich, daß ich von ferne nachzog und sehen wollte,
beſſeres Selbſt, indem ich das geſtrige Abenteuer auf eine Weiſe vortrug, die der gegenwaͤrtigen Stimmung vollkommen entſprach und dieſelbe erhoͤhte!
Nach ſeiner Entfernung wurde es ſtill unter uns; die Laͤrmbeduͤrftigen und Schlimmgeſinnten wandten ſich unbehaglich hin und her, zehrten von der Erinnerung und konnten ſich nicht zu¬ rechtfinden. Eines Abends, nach dem Schluſſe des Unterrichts, ging ich ruhig meiner Wege und hatte bald meine Wohnung erreicht, als ich rufen hoͤrte: Gruͤner Heinrich! hierher! Ich wandte mich um und erblickte in einer andere Straße einen anſehnlichen Haufen Schuͤler, welche durch¬ einandertrieben, wie ein Ameiſenhaufen, und ſehr geſchaͤftig ſchienen. Ich erreichte ſie, man theilte mir mit, daß man in Geſammtheit dem verab¬ ſchiedeten Lehrer noch einen Beſuch abſtatten und ein rechtes Schlußvergnuͤgen veranſtalten wolle und forderte mich auf, Theil zu nehmen. Der Plan wollte mir gar nicht einleuchten, ich lehnte kurz ab und ging weg. Jedoch die Neugier wandte mich, daß ich von ferne nachzog und ſehen wollte,
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beſſeres Selbſt, indem ich das geſtrige Abenteuer
auf eine Weiſe vortrug, die der gegenwaͤrtigen
Stimmung vollkommen entſprach und dieſelbe
erhoͤhte!
Nach ſeiner Entfernung wurde es ſtill unter
uns; die Laͤrmbeduͤrftigen und Schlimmgeſinnten
wandten ſich unbehaglich hin und her, zehrten
von der Erinnerung und konnten ſich nicht zu¬
rechtfinden. Eines Abends, nach dem Schluſſe
des Unterrichts, ging ich ruhig meiner Wege und
hatte bald meine Wohnung erreicht, als ich rufen
hoͤrte: Gruͤner Heinrich! hierher! Ich wandte
mich um und erblickte in einer andere Straße
einen anſehnlichen Haufen Schuͤler, welche durch¬
einandertrieben, wie ein Ameiſenhaufen, und ſehr
geſchaͤftig ſchienen. Ich erreichte ſie, man theilte
mir mit, daß man in Geſammtheit dem verab¬
ſchiedeten Lehrer noch einen Beſuch abſtatten und
ein rechtes Schlußvergnuͤgen veranſtalten wolle
und forderte mich auf, Theil zu nehmen. Der Plan
wollte mir gar nicht einleuchten, ich lehnte kurz
ab und ging weg. Jedoch die Neugier wandte
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/390>, abgerufen am 22.11.2024.
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