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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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willenlos geschehen ließ. Da stand ich in un¬
säglicher Beklemmung neben einer breiten steiner¬
nen Treppe, welche sich oben zwischen geräumi¬
gen Gallerien verlor. Ich hielt Armband und
Ring in die Hand gepreßt, und die Kette quoll
theilweise zwischen den Fingern hervor; in der
Höhe ertönten Tritte, welche von allen Seiten
widerhallten, und Jemand rief herunter, wer da
sei? Doch hielt ich mich still, man konnte mich
nicht sehen und ging wieder, Thüren hinter sich
zuschlagend. Nun stieg ich langsam die Treppe
hinan, mich vorsichtig umsehend; an allen Wän¬
den hingen große Oelgemälde, entweder wunder¬
liche Landschaften oder Ahnenbilder enthaltend;
die Decken waren in weißer, reicher Stuccatur
gearbeitet mit kleinen Fresken dazwischen, und in
abgemessenen Entfernungen standen hohe dunkel¬
braune Thüren von Nußbaumholz, eingefaßt von
Säulen und Giebeln von der gleichen Art,
alles glänzend polirt. Jeder meiner Schritte er¬
weckte Geräusch in den Wölbungen, ich wagte
kaum zu gehen und dachte doch nicht daran, was
ich sagen wollte, wenn ich überrascht würde. Vor

willenlos geſchehen ließ. Da ſtand ich in un¬
ſaͤglicher Beklemmung neben einer breiten ſteiner¬
nen Treppe, welche ſich oben zwiſchen geraͤumi¬
gen Gallerien verlor. Ich hielt Armband und
Ring in die Hand gepreßt, und die Kette quoll
theilweiſe zwiſchen den Fingern hervor; in der
Hoͤhe ertoͤnten Tritte, welche von allen Seiten
widerhallten, und Jemand rief herunter, wer da
ſei? Doch hielt ich mich ſtill, man konnte mich
nicht ſehen und ging wieder, Thuͤren hinter ſich
zuſchlagend. Nun ſtieg ich langſam die Treppe
hinan, mich vorſichtig umſehend; an allen Waͤn¬
den hingen große Oelgemaͤlde, entweder wunder¬
liche Landſchaften oder Ahnenbilder enthaltend;
die Decken waren in weißer, reicher Stuccatur
gearbeitet mit kleinen Fresken dazwiſchen, und in
abgemeſſenen Entfernungen ſtanden hohe dunkel¬
braune Thuͤren von Nußbaumholz, eingefaßt von
Saͤulen und Giebeln von der gleichen Art,
alles glaͤnzend polirt. Jeder meiner Schritte er¬
weckte Geraͤuſch in den Woͤlbungen, ich wagte
kaum zu gehen und dachte doch nicht daran, was
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[292/0306] willenlos geſchehen ließ. Da ſtand ich in un¬ ſaͤglicher Beklemmung neben einer breiten ſteiner¬ nen Treppe, welche ſich oben zwiſchen geraͤumi¬ gen Gallerien verlor. Ich hielt Armband und Ring in die Hand gepreßt, und die Kette quoll theilweiſe zwiſchen den Fingern hervor; in der Hoͤhe ertoͤnten Tritte, welche von allen Seiten widerhallten, und Jemand rief herunter, wer da ſei? Doch hielt ich mich ſtill, man konnte mich nicht ſehen und ging wieder, Thuͤren hinter ſich zuſchlagend. Nun ſtieg ich langſam die Treppe hinan, mich vorſichtig umſehend; an allen Waͤn¬ den hingen große Oelgemaͤlde, entweder wunder¬ liche Landſchaften oder Ahnenbilder enthaltend; die Decken waren in weißer, reicher Stuccatur gearbeitet mit kleinen Fresken dazwiſchen, und in abgemeſſenen Entfernungen ſtanden hohe dunkel¬ braune Thuͤren von Nußbaumholz, eingefaßt von Saͤulen und Giebeln von der gleichen Art, alles glaͤnzend polirt. Jeder meiner Schritte er¬ weckte Geraͤuſch in den Woͤlbungen, ich wagte kaum zu gehen und dachte doch nicht daran, was ich ſagen wollte, wenn ich uͤberraſcht wuͤrde. Vor

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/306>, abgerufen am 25.11.2024.