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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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fiziere bezeichneten, die wir oft zu Pferde sitzen
sahen. Verborgene Reichthümer waren in unse¬
rer Gewalt, und wir bauten aus denselben wun¬
derbare Schlösser an entlegenen Punkten, welche
wir mit wichtiger Geschäftsmiene zu beaufsichti¬
gen vorgaben. Jedoch beschäftigte sich die Ein¬
bildungskraft meines Genossen überdies mit aller¬
hand Kniffen und Ränken und war eher auf
Besitz und leibliches Wohlsein gerichtet, in wel¬
cher Beziehung er die sonderbarsten Dinge er¬
fand, während ich alle Erfindungsgabe auf meine
erwählte Geliebte verwandte und seine kleinlichen
und mühsamen Geldverhältnisse, welche er un¬
ablässig zusammenträumte, mit einer kolossalen
Lüge von einem gehobenen unermeßlichen Schatze
überbot und kurz abfertigte. Dieses mochte ihn
ärgern, und während ich, zufrieden in meiner
ersonnenen Welt, mich wenig um die Wahrheit
seiner Prahlereien bekümmerte, fing er an, mich
mit Zweifeln an der Wahrheit der meinigen zu
quälen und auf Beweise zu dringen. Als ich
einst flüchtig von einer mit Gold und Silber ge¬
füllten Kiste erzählte, welche ich in unserm Kel¬

fiziere bezeichneten, die wir oft zu Pferde ſitzen
ſahen. Verborgene Reichthuͤmer waren in unſe¬
rer Gewalt, und wir bauten aus denſelben wun¬
derbare Schloͤſſer an entlegenen Punkten, welche
wir mit wichtiger Geſchaͤftsmiene zu beaufſichti¬
gen vorgaben. Jedoch beſchaͤftigte ſich die Ein¬
bildungskraft meines Genoſſen uͤberdies mit aller¬
hand Kniffen und Raͤnken und war eher auf
Beſitz und leibliches Wohlſein gerichtet, in wel¬
cher Beziehung er die ſonderbarſten Dinge er¬
fand, waͤhrend ich alle Erfindungsgabe auf meine
erwaͤhlte Geliebte verwandte und ſeine kleinlichen
und muͤhſamen Geldverhaͤltniſſe, welche er un¬
ablaͤſſig zuſammentraͤumte, mit einer koloſſalen
Luͤge von einem gehobenen unermeßlichen Schatze
uͤberbot und kurz abfertigte. Dieſes mochte ihn
aͤrgern, und waͤhrend ich, zufrieden in meiner
erſonnenen Welt, mich wenig um die Wahrheit
ſeiner Prahlereien bekuͤmmerte, fing er an, mich
mit Zweifeln an der Wahrheit der meinigen zu
quaͤlen und auf Beweiſe zu dringen. Als ich
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[285/0299] fiziere bezeichneten, die wir oft zu Pferde ſitzen ſahen. Verborgene Reichthuͤmer waren in unſe¬ rer Gewalt, und wir bauten aus denſelben wun¬ derbare Schloͤſſer an entlegenen Punkten, welche wir mit wichtiger Geſchaͤftsmiene zu beaufſichti¬ gen vorgaben. Jedoch beſchaͤftigte ſich die Ein¬ bildungskraft meines Genoſſen uͤberdies mit aller¬ hand Kniffen und Raͤnken und war eher auf Beſitz und leibliches Wohlſein gerichtet, in wel¬ cher Beziehung er die ſonderbarſten Dinge er¬ fand, waͤhrend ich alle Erfindungsgabe auf meine erwaͤhlte Geliebte verwandte und ſeine kleinlichen und muͤhſamen Geldverhaͤltniſſe, welche er un¬ ablaͤſſig zuſammentraͤumte, mit einer koloſſalen Luͤge von einem gehobenen unermeßlichen Schatze uͤberbot und kurz abfertigte. Dieſes mochte ihn aͤrgern, und waͤhrend ich, zufrieden in meiner erſonnenen Welt, mich wenig um die Wahrheit ſeiner Prahlereien bekuͤmmerte, fing er an, mich mit Zweifeln an der Wahrheit der meinigen zu quaͤlen und auf Beweiſe zu dringen. Als ich einſt fluͤchtig von einer mit Gold und Silber ge¬ fuͤllten Kiſte erzaͤhlte, welche ich in unſerm Kel¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/299>, abgerufen am 17.05.2024.