David überwunden und mit Gewalt an die Wand geworfen. Es gab ein großes Geschrei, der Eigenthümer des Fasses kam heran und schloß kraft höheren Machtspruches das rollende Haus, nicht ohne Schelten und ausgetheilte Püffe, als er die willkürlichen Veränderungen entdeckte, welche angebracht waren. Insbesondere mißfiel ihm die Art, wie wir ein umgekehrtes Faß des Regulus hergestellt hatten, indem eine Unzahl Nägel mit den Spitzen nach außen ragten, gleich den Borsten eines Stachelschweines, und hin¬ gegen die Köpfe gemüthlich nach innen streckten.
Jedoch vermißten wir dies verbotene Para¬ dies nicht allzusehr, da bald darauf eine deutsche Schauspielergesellschaft in unsere Stadt kam, um mit obrigkeitlicher Bewilligung vor den Bewoh¬ nern die Bretter, welche die Welt bedeuten, in einem vollkommeneren Maße aufzubauen, als bisher von Liebhabern und Kindern geschehen war. Der wandernde Künstlerverein schlug sei¬ nen Sitz im größten Gasthause der Stadt auf, wandelte den geräumigen Tanzsaal in ein Theater um und füllte zugleich alle bescheideneren
David uͤberwunden und mit Gewalt an die Wand geworfen. Es gab ein großes Geſchrei, der Eigenthuͤmer des Faſſes kam heran und ſchloß kraft hoͤheren Machtſpruches das rollende Haus, nicht ohne Schelten und ausgetheilte Puͤffe, als er die willkuͤrlichen Veraͤnderungen entdeckte, welche angebracht waren. Insbeſondere mißfiel ihm die Art, wie wir ein umgekehrtes Faß des Regulus hergeſtellt hatten, indem eine Unzahl Naͤgel mit den Spitzen nach außen ragten, gleich den Borſten eines Stachelſchweines, und hin¬ gegen die Koͤpfe gemuͤthlich nach innen ſtreckten.
Jedoch vermißten wir dies verbotene Para¬ dies nicht allzuſehr, da bald darauf eine deutſche Schauſpielergeſellſchaft in unſere Stadt kam, um mit obrigkeitlicher Bewilligung vor den Bewoh¬ nern die Bretter, welche die Welt bedeuten, in einem vollkommeneren Maße aufzubauen, als bisher von Liebhabern und Kindern geſchehen war. Der wandernde Kuͤnſtlerverein ſchlug ſei¬ nen Sitz im groͤßten Gaſthauſe der Stadt auf, wandelte den geraͤumigen Tanzſaal in ein Theater um und fuͤllte zugleich alle beſcheideneren
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0275"n="261"/>
David uͤberwunden und mit Gewalt an die<lb/>
Wand geworfen. Es gab ein großes Geſchrei,<lb/>
der Eigenthuͤmer des Faſſes kam heran und<lb/>ſchloß kraft hoͤheren Machtſpruches das rollende<lb/>
Haus, nicht ohne Schelten und ausgetheilte Puͤffe,<lb/>
als er die willkuͤrlichen Veraͤnderungen entdeckte,<lb/>
welche angebracht waren. Insbeſondere mißfiel<lb/>
ihm die Art, wie wir ein umgekehrtes Faß des<lb/>
Regulus hergeſtellt hatten, indem eine Unzahl<lb/>
Naͤgel mit den Spitzen nach außen ragten, gleich<lb/>
den Borſten eines Stachelſchweines, und hin¬<lb/>
gegen die Koͤpfe gemuͤthlich nach innen ſtreckten.</p><lb/><p>Jedoch vermißten wir dies verbotene Para¬<lb/>
dies nicht allzuſehr, da bald darauf eine deutſche<lb/>
Schauſpielergeſellſchaft in unſere Stadt kam, um<lb/>
mit obrigkeitlicher Bewilligung vor den Bewoh¬<lb/>
nern die Bretter, welche die Welt bedeuten, in<lb/>
einem vollkommeneren Maße aufzubauen, als<lb/>
bisher von Liebhabern und Kindern geſchehen<lb/>
war. Der wandernde Kuͤnſtlerverein ſchlug ſei¬<lb/>
nen Sitz im groͤßten Gaſthauſe der Stadt auf,<lb/>
wandelte den geraͤumigen Tanzſaal in ein<lb/>
Theater um und fuͤllte zugleich alle beſcheideneren<lb/></p></div></body></text></TEI>
[261/0275]
David uͤberwunden und mit Gewalt an die
Wand geworfen. Es gab ein großes Geſchrei,
der Eigenthuͤmer des Faſſes kam heran und
ſchloß kraft hoͤheren Machtſpruches das rollende
Haus, nicht ohne Schelten und ausgetheilte Puͤffe,
als er die willkuͤrlichen Veraͤnderungen entdeckte,
welche angebracht waren. Insbeſondere mißfiel
ihm die Art, wie wir ein umgekehrtes Faß des
Regulus hergeſtellt hatten, indem eine Unzahl
Naͤgel mit den Spitzen nach außen ragten, gleich
den Borſten eines Stachelſchweines, und hin¬
gegen die Koͤpfe gemuͤthlich nach innen ſtreckten.
Jedoch vermißten wir dies verbotene Para¬
dies nicht allzuſehr, da bald darauf eine deutſche
Schauſpielergeſellſchaft in unſere Stadt kam, um
mit obrigkeitlicher Bewilligung vor den Bewoh¬
nern die Bretter, welche die Welt bedeuten, in
einem vollkommeneren Maße aufzubauen, als
bisher von Liebhabern und Kindern geſchehen
war. Der wandernde Kuͤnſtlerverein ſchlug ſei¬
nen Sitz im groͤßten Gaſthauſe der Stadt auf,
wandelte den geraͤumigen Tanzſaal in ein
Theater um und fuͤllte zugleich alle beſcheideneren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/275>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.