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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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getragen. Er verbarg die Schuhe unter seiner Weste und that sie die übrige Zeit des Tages nicht mehr von sich; er nahm sie sogar mit ins Bett und legte sie unter das Kopfkissen. Da er das Mädchen heute früh noch gesehen und morgen wieder sehen sollte, so schlief er fest und ruhig, war aber in aller Frühe munter und begann seinen dürftigen Sonntagsstaat zurecht zu machen und auszuputzen, so gut es gelingen wollte. Es fiel seiner Mutter auf, und sie fragte verwundert, was er vorhabe, da er sich schon lange nicht mehr so sorglich angezogen. Er wolle einmal über Land gehen und sich ein wenig umthun, erwiderte er, er werde sonst krank in diesem Hause. -- Das ist mir die Zeit her ein merkwürdiges Leben, murrte der Vater, und ein Herumschleichen! -- Laß ihn nur gehen, sagte aber die Mutter, es thut ihm vielleicht gut, es ist ja ein Elend, wie er aussieht! --Hast du Geld zum Spazierengehen? woher hast du es? sagte der Alte.-- Ich brauche keines! sagte Sali. -- Da hast du einen Gulden! versetzte der Alte und warf ihm denselben hin. Du kannst im Dorf ins Wirthshaus gehen und ihn dort verzehren, damit sie nicht glauben, wir seien hier so übel dran. --Ich will nicht ins Dorf und brauche den Gulden nicht, behaltet ihn nur! -- So hast du ihn gehabt, es wäre Schad, wenn du ihn haben müßtest, du Steckkopf! rief Manz und schob seinen Gulden wieder in die Tasche. Seine Frau aber, welche nicht wußte, warum sie heute ihres Sohnes wegen so wehmüthig und gerührt war, brachte ihm ein

getragen. Er verbarg die Schuhe unter seiner Weste und that sie die übrige Zeit des Tages nicht mehr von sich; er nahm sie sogar mit ins Bett und legte sie unter das Kopfkissen. Da er das Mädchen heute früh noch gesehen und morgen wieder sehen sollte, so schlief er fest und ruhig, war aber in aller Frühe munter und begann seinen dürftigen Sonntagsstaat zurecht zu machen und auszuputzen, so gut es gelingen wollte. Es fiel seiner Mutter auf, und sie fragte verwundert, was er vorhabe, da er sich schon lange nicht mehr so sorglich angezogen. Er wolle einmal über Land gehen und sich ein wenig umthun, erwiderte er, er werde sonst krank in diesem Hause. — Das ist mir die Zeit her ein merkwürdiges Leben, murrte der Vater, und ein Herumschleichen! — Laß ihn nur gehen, sagte aber die Mutter, es thut ihm vielleicht gut, es ist ja ein Elend, wie er aussieht! —Hast du Geld zum Spazierengehen? woher hast du es? sagte der Alte.— Ich brauche keines! sagte Sali. — Da hast du einen Gulden! versetzte der Alte und warf ihm denselben hin. Du kannst im Dorf ins Wirthshaus gehen und ihn dort verzehren, damit sie nicht glauben, wir seien hier so übel dran. —Ich will nicht ins Dorf und brauche den Gulden nicht, behaltet ihn nur! — So hast du ihn gehabt, es wäre Schad, wenn du ihn haben müßtest, du Steckkopf! rief Manz und schob seinen Gulden wieder in die Tasche. Seine Frau aber, welche nicht wußte, warum sie heute ihres Sohnes wegen so wehmüthig und gerührt war, brachte ihm ein

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[0079] getragen. Er verbarg die Schuhe unter seiner Weste und that sie die übrige Zeit des Tages nicht mehr von sich; er nahm sie sogar mit ins Bett und legte sie unter das Kopfkissen. Da er das Mädchen heute früh noch gesehen und morgen wieder sehen sollte, so schlief er fest und ruhig, war aber in aller Frühe munter und begann seinen dürftigen Sonntagsstaat zurecht zu machen und auszuputzen, so gut es gelingen wollte. Es fiel seiner Mutter auf, und sie fragte verwundert, was er vorhabe, da er sich schon lange nicht mehr so sorglich angezogen. Er wolle einmal über Land gehen und sich ein wenig umthun, erwiderte er, er werde sonst krank in diesem Hause. — Das ist mir die Zeit her ein merkwürdiges Leben, murrte der Vater, und ein Herumschleichen! — Laß ihn nur gehen, sagte aber die Mutter, es thut ihm vielleicht gut, es ist ja ein Elend, wie er aussieht! —Hast du Geld zum Spazierengehen? woher hast du es? sagte der Alte.— Ich brauche keines! sagte Sali. — Da hast du einen Gulden! versetzte der Alte und warf ihm denselben hin. Du kannst im Dorf ins Wirthshaus gehen und ihn dort verzehren, damit sie nicht glauben, wir seien hier so übel dran. —Ich will nicht ins Dorf und brauche den Gulden nicht, behaltet ihn nur! — So hast du ihn gehabt, es wäre Schad, wenn du ihn haben müßtest, du Steckkopf! rief Manz und schob seinen Gulden wieder in die Tasche. Seine Frau aber, welche nicht wußte, warum sie heute ihres Sohnes wegen so wehmüthig und gerührt war, brachte ihm ein

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:34:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:34:29Z)

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/79>, abgerufen am 24.11.2024.