Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Die viel verwüsten kann im Zeitraum einer Stunde.
So schnell verderberisch rollt aus dem offnen Schlunde
Des brennenden Vesuvs ein Schwefelstrom herfür
Und sprudelt Meilen weit und sängt des Landes Zier
Die bunten Auen ab, und wird der Dörfer Schrecken,
Der Landmann sieht sein Feld mit heißem Gries be-
decken;
Er zittert, zagt und schreyt, vor Schrecken wankt sein
Schritt,
Nun kommt der Feuerstrom und nimmt ihn grimmig mit,
Und zischet durch die Flur, bis seine Wuth verkürzet,
Sich brennend in den Schooß grundloser Seen stürzet.
In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein,
Und reich an Holz und Leim die alten Häuser seyn,
Da hat die Gluth vom Herrn schnell den Befehl ver-
nommen,
Bis hieher soll dein Schritt, nicht weiter soll er kommen,
Und dreimal bückte sie vor seinem Wort ihr Haupt,
Und ihrer Stärke ward von nun an nicht erlaubt,
Des Wassers Würksamkeit so frech zu widerstehen,
Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen;
Und nun verließ das Volk sein Lager vor dem Thor,
Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor.
In einem säuselnden gelinden Windeswagen
So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen,
Und Engel lasen es in seinem Angesicht,

A a 3

Die viel verwuͤſten kann im Zeitraum einer Stunde.
So ſchnell verderberiſch rollt aus dem offnen Schlunde
Des brennenden Veſuvs ein Schwefelſtrom herfuͤr
Und ſprudelt Meilen weit und ſaͤngt des Landes Zier
Die bunten Auen ab, und wird der Doͤrfer Schrecken,
Der Landmann ſieht ſein Feld mit heißem Gries be-
decken;
Er zittert, zagt und ſchreyt, vor Schrecken wankt ſein
Schritt,
Nun kommt der Feuerſtrom und nimmt ihn grimmig mit,
Und ziſchet durch die Flur, bis ſeine Wuth verkuͤrzet,
Sich brennend in den Schooß grundloſer Seen ſtuͤrzet.
In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein,
Und reich an Holz und Leim die alten Haͤuſer ſeyn,
Da hat die Gluth vom Herrn ſchnell den Befehl ver-
nommen,
Bis hieher ſoll dein Schritt, nicht weiter ſoll er kommen,
Und dreimal buͤckte ſie vor ſeinem Wort ihr Haupt,
Und ihrer Staͤrke ward von nun an nicht erlaubt,
Des Waſſers Wuͤrkſamkeit ſo frech zu widerſtehen,
Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen;
Und nun verließ das Volk ſein Lager vor dem Thor,
Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor.
In einem ſaͤuſelnden gelinden Windeswagen
So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen,
Und Engel laſen es in ſeinem Angeſicht,

A a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="4">
              <pb facs="#f0533" n="373"/>
              <l>Die viel verwu&#x0364;&#x017F;ten kann im Zeitraum einer Stunde.</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chnell verderberi&#x017F;ch rollt aus dem offnen Schlunde</l><lb/>
              <l>Des brennenden Ve&#x017F;uvs ein Schwefel&#x017F;trom herfu&#x0364;r</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;prudelt Meilen weit und &#x017F;a&#x0364;ngt des Landes Zier</l><lb/>
              <l>Die bunten Auen ab, und wird der Do&#x0364;rfer Schrecken,</l><lb/>
              <l>Der Landmann &#x017F;ieht &#x017F;ein Feld mit heißem Gries be-</l><lb/>
              <l>decken;</l><lb/>
              <l>Er zittert, zagt und &#x017F;chreyt, vor Schrecken wankt &#x017F;ein</l><lb/>
              <l>Schritt,</l><lb/>
              <l>Nun kommt der Feuer&#x017F;trom und nimmt ihn grimmig mit,</l><lb/>
              <l>Und zi&#x017F;chet durch die Flur, bis &#x017F;eine Wuth verku&#x0364;rzet,</l><lb/>
              <l>Sich brennend in den Schooß grundlo&#x017F;er Seen &#x017F;tu&#x0364;rzet.</l><lb/>
              <l>In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein,</l><lb/>
              <l>Und reich an Holz und Leim die alten Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Da hat die Gluth vom Herrn &#x017F;chnell den Befehl ver-</l><lb/>
              <l>nommen,</l><lb/>
              <l>Bis hieher &#x017F;oll dein Schritt, nicht weiter &#x017F;oll er kommen,</l><lb/>
              <l>Und dreimal bu&#x0364;ckte &#x017F;ie vor &#x017F;einem Wort ihr Haupt,</l><lb/>
              <l>Und ihrer Sta&#x0364;rke ward von nun an nicht erlaubt,</l><lb/>
              <l>Des Wa&#x017F;&#x017F;ers Wu&#x0364;rk&#x017F;amkeit &#x017F;o frech zu wider&#x017F;tehen,</l><lb/>
              <l>Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen;</l><lb/>
              <l>Und nun verließ das Volk &#x017F;ein Lager vor dem Thor,</l><lb/>
              <l>Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor.</l><lb/>
              <l>In einem &#x017F;a&#x0364;u&#x017F;elnden gelinden Windeswagen</l><lb/>
              <l>So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen,</l><lb/>
              <l>Und Engel la&#x017F;en es in &#x017F;einem Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">A a 3</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0533] Die viel verwuͤſten kann im Zeitraum einer Stunde. So ſchnell verderberiſch rollt aus dem offnen Schlunde Des brennenden Veſuvs ein Schwefelſtrom herfuͤr Und ſprudelt Meilen weit und ſaͤngt des Landes Zier Die bunten Auen ab, und wird der Doͤrfer Schrecken, Der Landmann ſieht ſein Feld mit heißem Gries be- decken; Er zittert, zagt und ſchreyt, vor Schrecken wankt ſein Schritt, Nun kommt der Feuerſtrom und nimmt ihn grimmig mit, Und ziſchet durch die Flur, bis ſeine Wuth verkuͤrzet, Sich brennend in den Schooß grundloſer Seen ſtuͤrzet. In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein, Und reich an Holz und Leim die alten Haͤuſer ſeyn, Da hat die Gluth vom Herrn ſchnell den Befehl ver- nommen, Bis hieher ſoll dein Schritt, nicht weiter ſoll er kommen, Und dreimal buͤckte ſie vor ſeinem Wort ihr Haupt, Und ihrer Staͤrke ward von nun an nicht erlaubt, Des Waſſers Wuͤrkſamkeit ſo frech zu widerſtehen, Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen; Und nun verließ das Volk ſein Lager vor dem Thor, Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor. In einem ſaͤuſelnden gelinden Windeswagen So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen, Und Engel laſen es in ſeinem Angeſicht, A a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/533
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/533>, abgerufen am 17.05.2024.