Der stolze, spröde Milon sagte Mir Veilchen zu, und täuschte mich Viel Tage lang, so oft ich fragte, Mit Aug und Munde kümmerlich.
Zuletzt kam er in meine Hütte, Trug Veilchen bei sich, schenkte sie, Ohn Ihren Wink, ohn ihre Bitte, Der kleinen jungen Corally. --
O du Verräther meiner Treue, Verächter meiner Zärtlichkeit, Ich übergebe dich der Reue, Und mich der Leidvergessenheit.
Ich werde dich noch immer denken, Ob du die Seele gleich verwarfst, Von der du nie mit Goldgeschenken Ein sanftes Lächeln kaufen darfst;
Auch werd ich stets dich sehen wollen, Ob meine Lieder gleich hinfort Von meiner Liebe schweigen sollen, Von ihr hörst du das letzte Wort.
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Der ſtolze, ſproͤde Milon ſagte Mir Veilchen zu, und taͤuſchte mich Viel Tage lang, ſo oft ich fragte, Mit Aug und Munde kuͤmmerlich.
Zuletzt kam er in meine Huͤtte, Trug Veilchen bei ſich, ſchenkte ſie, Ohn Ihren Wink, ohn ihre Bitte, Der kleinen jungen Corally. —
O du Verraͤther meiner Treue, Veraͤchter meiner Zaͤrtlichkeit, Ich uͤbergebe dich der Reue, Und mich der Leidvergeſſenheit.
Ich werde dich noch immer denken, Ob du die Seele gleich verwarfſt, Von der du nie mit Goldgeſchenken Ein ſanftes Laͤcheln kaufen darfſt;
Auch werd ich ſtets dich ſehen wollen, Ob meine Lieder gleich hinfort Von meiner Liebe ſchweigen ſollen, Von ihr hoͤrſt du das letzte Wort.
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Der ſtolze, ſproͤde Milon ſagte
Mir Veilchen zu, und taͤuſchte mich
Viel Tage lang, ſo oft ich fragte,
Mit Aug und Munde kuͤmmerlich.
Zuletzt kam er in meine Huͤtte,
Trug Veilchen bei ſich, ſchenkte ſie,
Ohn Ihren Wink, ohn ihre Bitte,
Der kleinen jungen Corally. —
O du Verraͤther meiner Treue,
Veraͤchter meiner Zaͤrtlichkeit,
Ich uͤbergebe dich der Reue,
Und mich der Leidvergeſſenheit.
Ich werde dich noch immer denken,
Ob du die Seele gleich verwarfſt,
Von der du nie mit Goldgeſchenken
Ein ſanftes Laͤcheln kaufen darfſt;
Auch werd ich ſtets dich ſehen wollen,
Ob meine Lieder gleich hinfort
Von meiner Liebe ſchweigen ſollen,
Von ihr hoͤrſt du das letzte Wort.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/457>, abgerufen am 21.11.2024.
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