Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Da hat Dein Vogler so gespielt, Daß alle Seelen hingerissen Der Orgel Majestät gefühlt -- Und droben unterm Himmels-Chore Hat selbst Cäcilia sich halb herabgeneigt, Und Ihn behorcht mit Einem Ohre, Und ihren Schwestern angezeigt, Daß Vogler doppelt Ruhm verdiente; Zuerst von wegen seiner Kunst, Die sich des höchsten Flugs erkühnte; Dann wegen seiner frommen Busenbrunst, Ein armes Völklein zu erquicken, Das bei der Wassersnoth verarmt Und sterben muß vom Hungerdrücken, Wenn sich das Mitleid nicht erbarmt. Das Mitleid *) nun hieß Voglern spielen Im Tempel unsrer Garnison, Da ward er laut gelobt von Vielen; Doch seiner Mühe schönster Lohn War's Opfer für die Mangelklager, War aber nicht, wie er's gehofft, War seinem Wunsche viel zu mager -- Das Gabenheischen kömmt zu oft. *) Der Herr Abt gab sein Orgelspiel zum Besten derjenigen,
welche damals durch die grossen Ueberschwemmungen ver- armt waren. Da hat Dein Vogler ſo geſpielt, Daß alle Seelen hingeriſſen Der Orgel Majeſtaͤt gefuͤhlt — Und droben unterm Himmels-Chore Hat ſelbſt Caͤcilia ſich halb herabgeneigt, Und Ihn behorcht mit Einem Ohre, Und ihren Schweſtern angezeigt, Daß Vogler doppelt Ruhm verdiente; Zuerſt von wegen ſeiner Kunſt, Die ſich des hoͤchſten Flugs erkuͤhnte; Dann wegen ſeiner frommen Buſenbrunſt, Ein armes Voͤlklein zu erquicken, Das bei der Waſſersnoth verarmt Und ſterben muß vom Hungerdruͤcken, Wenn ſich das Mitleid nicht erbarmt. Das Mitleid *) nun hieß Voglern ſpielen Im Tempel unſrer Garniſon, Da ward er laut gelobt von Vielen; Doch ſeiner Muͤhe ſchoͤnſter Lohn War’s Opfer fuͤr die Mangelklager, War aber nicht, wie er’s gehofft, War ſeinem Wunſche viel zu mager — Das Gabenheiſchen koͤmmt zu oft. *) Der Herr Abt gab ſein Orgelſpiel zum Beſten derjenigen,
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Da hat Dein Vogler ſo geſpielt,
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Der Orgel Majeſtaͤt gefuͤhlt —
Und droben unterm Himmels-Chore
Hat ſelbſt Caͤcilia ſich halb herabgeneigt,
Und Ihn behorcht mit Einem Ohre,
Und ihren Schweſtern angezeigt,
Daß Vogler doppelt Ruhm verdiente;
Zuerſt von wegen ſeiner Kunſt,
Die ſich des hoͤchſten Flugs erkuͤhnte;
Dann wegen ſeiner frommen Buſenbrunſt,
Ein armes Voͤlklein zu erquicken,
Das bei der Waſſersnoth verarmt
Und ſterben muß vom Hungerdruͤcken,
Wenn ſich das Mitleid nicht erbarmt.
Das Mitleid *) nun hieß Voglern ſpielen
Im Tempel unſrer Garniſon,
Da ward er laut gelobt von Vielen;
Doch ſeiner Muͤhe ſchoͤnſter Lohn
War’s Opfer fuͤr die Mangelklager,
War aber nicht, wie er’s gehofft,
War ſeinem Wunſche viel zu mager —
Das Gabenheiſchen koͤmmt zu oft.
*) Der Herr Abt gab ſein Orgelſpiel zum Beſten derjenigen,
welche damals durch die groſſen Ueberſchwemmungen ver-
armt waren.
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