Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Ach, dann bekommt der König Flügel,
Flieht aus dem Laber'torium
In alle Lüfte ringsherum
Und nichts bleibt als ein Aschenhügel.
Der Laborant wird kummerstumm --
Daß Gott erbarm! so kann Dir's auch ergehen,
Dann giebst Du Deinem Schicksal Schuld,
Und alle Gläubiger verlieren die Geduld,
Und ich soll für die Summa stehen,
Die Du bei St*zen aufgeborgt.
Nie darf ich's wagen unbesorgt
Vor innerlicher Schaam dies Haus noch zu betreten,
Wo Du Dir Silber ausgebeten,
Weil Dich mein redlich Herz empfahl.
Gewöhne Dich zur Wahrheit doch einmahl
Jezt in den Jahren des Verstandes --

Was hilft Dir jeder blaue Dunst;
Du wolltest ja den Flachs des Landes
Verwandeln auch durch eine Kunst
In würklich reine weiße Seide.
Du wolltest ja durch Liebesfreude
Dein Glück auf Deiner Tochter Glück
Fest gründen wie auf einem Fels im Meere.
Du bliebst dabei noch bis zum lezten Augenblick,
Daß Dirs vollkommen kundig wäre,

Ach, dann bekommt der Koͤnig Fluͤgel,
Flieht aus dem Laber’torium
In alle Luͤfte ringsherum
Und nichts bleibt als ein Aſchenhuͤgel.
Der Laborant wird kummerſtumm —
Daß Gott erbarm! ſo kann Dir’s auch ergehen,
Dann giebſt Du Deinem Schickſal Schuld,
Und alle Glaͤubiger verlieren die Geduld,
Und ich ſoll fuͤr die Summa ſtehen,
Die Du bei St*zen aufgeborgt.
Nie darf ich’s wagen unbeſorgt
Vor innerlicher Schaam dies Haus noch zu betreten,
Wo Du Dir Silber ausgebeten,
Weil Dich mein redlich Herz empfahl.
Gewoͤhne Dich zur Wahrheit doch einmahl
Jezt in den Jahren des Verſtandes —

Was hilft Dir jeder blaue Dunſt;
Du wollteſt ja den Flachs des Landes
Verwandeln auch durch eine Kunſt
In wuͤrklich reine weiße Seide.
Du wollteſt ja durch Liebesfreude
Dein Gluͤck auf Deiner Tochter Gluͤck
Feſt gruͤnden wie auf einem Fels im Meere.
Du bliebſt dabei noch bis zum lezten Augenblick,
Daß Dirs vollkommen kundig waͤre,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="2">
                <pb facs="#f0330" n="170"/>
                <l>Ach, dann bekommt der Ko&#x0364;nig Flu&#x0364;gel,</l><lb/>
                <l>Flieht aus dem Laber&#x2019;torium</l><lb/>
                <l>In alle Lu&#x0364;fte ringsherum</l><lb/>
                <l>Und nichts bleibt als ein A&#x017F;chenhu&#x0364;gel.</l><lb/>
                <l>Der Laborant wird kummer&#x017F;tumm &#x2014;</l><lb/>
                <l>Daß Gott erbarm! &#x017F;o kann Dir&#x2019;s auch ergehen,</l><lb/>
                <l>Dann gieb&#x017F;t Du Deinem Schick&#x017F;al Schuld,</l><lb/>
                <l>Und alle Gla&#x0364;ubiger verlieren die Geduld,</l><lb/>
                <l>Und ich &#x017F;oll fu&#x0364;r die Summa &#x017F;tehen,</l><lb/>
                <l>Die Du bei St*zen aufgeborgt.</l><lb/>
                <l>Nie darf ich&#x2019;s wagen unbe&#x017F;orgt</l><lb/>
                <l>Vor innerlicher Schaam dies Haus noch zu betreten,</l><lb/>
                <l>Wo Du Dir Silber ausgebeten,</l><lb/>
                <l>Weil Dich mein redlich Herz empfahl.</l><lb/>
                <l>Gewo&#x0364;hne Dich zur Wahrheit doch einmahl</l><lb/>
                <l>Jezt in den Jahren des Ver&#x017F;tandes &#x2014;</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Was hilft Dir jeder blaue Dun&#x017F;t;</l><lb/>
                <l>Du wollte&#x017F;t ja den Flachs des Landes</l><lb/>
                <l>Verwandeln auch durch eine Kun&#x017F;t</l><lb/>
                <l>In wu&#x0364;rklich reine weiße Seide.</l><lb/>
                <l>Du wollte&#x017F;t ja durch Liebesfreude</l><lb/>
                <l>Dein Glu&#x0364;ck auf Deiner Tochter Glu&#x0364;ck</l><lb/>
                <l>Fe&#x017F;t gru&#x0364;nden wie auf einem Fels im Meere.</l><lb/>
                <l>Du blieb&#x017F;t dabei noch bis zum lezten Augenblick,</l><lb/>
                <l>Daß Dirs vollkommen kundig wa&#x0364;re,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0330] Ach, dann bekommt der Koͤnig Fluͤgel, Flieht aus dem Laber’torium In alle Luͤfte ringsherum Und nichts bleibt als ein Aſchenhuͤgel. Der Laborant wird kummerſtumm — Daß Gott erbarm! ſo kann Dir’s auch ergehen, Dann giebſt Du Deinem Schickſal Schuld, Und alle Glaͤubiger verlieren die Geduld, Und ich ſoll fuͤr die Summa ſtehen, Die Du bei St*zen aufgeborgt. Nie darf ich’s wagen unbeſorgt Vor innerlicher Schaam dies Haus noch zu betreten, Wo Du Dir Silber ausgebeten, Weil Dich mein redlich Herz empfahl. Gewoͤhne Dich zur Wahrheit doch einmahl Jezt in den Jahren des Verſtandes — Was hilft Dir jeder blaue Dunſt; Du wollteſt ja den Flachs des Landes Verwandeln auch durch eine Kunſt In wuͤrklich reine weiße Seide. Du wollteſt ja durch Liebesfreude Dein Gluͤck auf Deiner Tochter Gluͤck Feſt gruͤnden wie auf einem Fels im Meere. Du bliebſt dabei noch bis zum lezten Augenblick, Daß Dirs vollkommen kundig waͤre,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/330
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/330>, abgerufen am 22.11.2024.