Gar leicht zu Falle konntest bringen, Ist ein armseelig Ritterlein. Der andre, welchen Dir die Muse half bezwingen, Von der ich rühme, sie sey mein, Ist aller Ehren werth. Grüß Ihn von meinetwegen, Und wenn Du nicht die ganze Welt Nach Deinem Wunsch mir kannst zu Füßen legen, So bleibt es Dir doch freigestellt, Vom Sitz des Herzogs und des Helden Zu reisen in die Königliche Stadt, Und bei der Dame Dich zu melden, Die Dich so ganz bezaubert hat Mit einem Reiz, der nie veraltet. Im übrigen hat die Natur Sie zum Bezaubern nicht gestaltet, Befrag die Freundinn Campe nur, Sie wird Dir Red und Antwort geben.
Sie spricht: das Aug' ist dunkelblau und klar, Ist ziemlich noch voll Geist und Leben. Gefallen würd' es, wenn das Haar Der Augenwimpern länger wär gezogen, Auch fehlt dem Augenbram ein feingewölbter Bogen. Die Stirn ist groß, die Schläfe tief gedrückt, Der Mund ist viel zu platt geschnitten, Ob ihn gleich noch die Röthe schmückt,
Gar leicht zu Falle konnteſt bringen, Iſt ein armſeelig Ritterlein. Der andre, welchen Dir die Muſe half bezwingen, Von der ich ruͤhme, ſie ſey mein, Iſt aller Ehren werth. Gruͤß Ihn von meinetwegen, Und wenn Du nicht die ganze Welt Nach Deinem Wunſch mir kannſt zu Fuͤßen legen, So bleibt es Dir doch freigeſtellt, Vom Sitz des Herzogs und des Helden Zu reiſen in die Koͤnigliche Stadt, Und bei der Dame Dich zu melden, Die Dich ſo ganz bezaubert hat Mit einem Reiz, der nie veraltet. Im uͤbrigen hat die Natur Sie zum Bezaubern nicht geſtaltet, Befrag die Freundinn Campe nur, Sie wird Dir Red und Antwort geben.
Sie ſpricht: das Aug’ iſt dunkelblau und klar, Iſt ziemlich noch voll Geiſt und Leben. Gefallen wuͤrd’ es, wenn das Haar Der Augenwimpern laͤnger waͤr gezogen, Auch fehlt dem Augenbram ein feingewoͤlbter Bogen. Die Stirn iſt groß, die Schlaͤfe tief gedruͤckt, Der Mund iſt viel zu platt geſchnitten, Ob ihn gleich noch die Roͤthe ſchmuͤckt,
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Gar leicht zu Falle konnteſt bringen,
Iſt ein armſeelig Ritterlein.
Der andre, welchen Dir die Muſe half bezwingen,
Von der ich ruͤhme, ſie ſey mein,
Iſt aller Ehren werth. Gruͤß Ihn von meinetwegen,
Und wenn Du nicht die ganze Welt
Nach Deinem Wunſch mir kannſt zu Fuͤßen legen,
So bleibt es Dir doch freigeſtellt,
Vom Sitz des Herzogs und des Helden
Zu reiſen in die Koͤnigliche Stadt,
Und bei der Dame Dich zu melden,
Die Dich ſo ganz bezaubert hat
Mit einem Reiz, der nie veraltet.
Im uͤbrigen hat die Natur
Sie zum Bezaubern nicht geſtaltet,
Befrag die Freundinn Campe nur,
Sie wird Dir Red und Antwort geben.
Sie ſpricht: das Aug’ iſt dunkelblau und klar,
Iſt ziemlich noch voll Geiſt und Leben.
Gefallen wuͤrd’ es, wenn das Haar
Der Augenwimpern laͤnger waͤr gezogen,
Auch fehlt dem Augenbram ein feingewoͤlbter Bogen.
Die Stirn iſt groß, die Schlaͤfe tief gedruͤckt,
Der Mund iſt viel zu platt geſchnitten,
Ob ihn gleich noch die Roͤthe ſchmuͤckt,
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/317>, abgerufen am 25.11.2024.
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