Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Dem Jünglinge, dem unwillkommen
Der Tod sein liebes Mädchen nahm;
Dem Reichen ward nicht mehr genommen,
Wenn in sein Haus ein Räuber kam,
Als Dir in Deinem ersten Glücke
In jener so geliebten Brust;
Seitdem erstarb in Deinem Blicke
Das Feuer und des Lachens Lust.
O holder angenehmer Knabe!
Noch mancher Kummer wartet Dein
Bis Du gestützt an einem Stabe
Dich Deiner Nachwelt wirst erfreun.
Du lernest Welt und Menschen kennen,
Und seufzend wirst Du laut und schwer
Oft Welt und Menschen schrecklich nennen,
Wenn keine Tugend in ihr wär;
Und über ihr ein Gott nicht wohnte,
Der seine Frommen kennt und liebt,
Und stille Tugenden belohnte,
Und nach dem Kummer Freuden giebt.



E 4
Dem Juͤnglinge, dem unwillkommen
Der Tod ſein liebes Maͤdchen nahm;
Dem Reichen ward nicht mehr genommen,
Wenn in ſein Haus ein Raͤuber kam,
Als Dir in Deinem erſten Gluͤcke
In jener ſo geliebten Bruſt;
Seitdem erſtarb in Deinem Blicke
Das Feuer und des Lachens Luſt.
O holder angenehmer Knabe!
Noch mancher Kummer wartet Dein
Bis Du geſtuͤtzt an einem Stabe
Dich Deiner Nachwelt wirſt erfreun.
Du lerneſt Welt und Menſchen kennen,
Und ſeufzend wirſt Du laut und ſchwer
Oft Welt und Menſchen ſchrecklich nennen,
Wenn keine Tugend in ihr waͤr;
Und uͤber ihr ein Gott nicht wohnte,
Der ſeine Frommen kennt und liebt,
Und ſtille Tugenden belohnte,
Und nach dem Kummer Freuden giebt.



E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0231" n="71"/>
              <lg n="5">
                <l>Dem Ju&#x0364;nglinge, dem unwillkommen</l><lb/>
                <l>Der Tod &#x017F;ein liebes Ma&#x0364;dchen nahm;</l><lb/>
                <l>Dem Reichen ward nicht mehr genommen,</l><lb/>
                <l>Wenn in &#x017F;ein Haus ein Ra&#x0364;uber kam,</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Als Dir in Deinem er&#x017F;ten Glu&#x0364;cke</l><lb/>
                <l>In jener &#x017F;o geliebten Bru&#x017F;t;</l><lb/>
                <l>Seitdem er&#x017F;tarb in Deinem Blicke</l><lb/>
                <l>Das Feuer und des Lachens Lu&#x017F;t.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>O holder angenehmer Knabe!</l><lb/>
                <l>Noch mancher Kummer wartet Dein</l><lb/>
                <l>Bis Du ge&#x017F;tu&#x0364;tzt an einem Stabe</l><lb/>
                <l>Dich Deiner Nachwelt wir&#x017F;t erfreun.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="8">
                <l>Du lerne&#x017F;t Welt und Men&#x017F;chen kennen,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;eufzend wir&#x017F;t Du laut und &#x017F;chwer</l><lb/>
                <l>Oft Welt und Men&#x017F;chen &#x017F;chrecklich nennen,</l><lb/>
                <l>Wenn keine Tugend in ihr wa&#x0364;r;</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="9">
                <l>Und u&#x0364;ber ihr ein Gott nicht wohnte,</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;eine Frommen kennt und liebt,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;tille Tugenden belohnte,</l><lb/>
                <l>Und nach dem Kummer Freuden giebt.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0231] Dem Juͤnglinge, dem unwillkommen Der Tod ſein liebes Maͤdchen nahm; Dem Reichen ward nicht mehr genommen, Wenn in ſein Haus ein Raͤuber kam, Als Dir in Deinem erſten Gluͤcke In jener ſo geliebten Bruſt; Seitdem erſtarb in Deinem Blicke Das Feuer und des Lachens Luſt. O holder angenehmer Knabe! Noch mancher Kummer wartet Dein Bis Du geſtuͤtzt an einem Stabe Dich Deiner Nachwelt wirſt erfreun. Du lerneſt Welt und Menſchen kennen, Und ſeufzend wirſt Du laut und ſchwer Oft Welt und Menſchen ſchrecklich nennen, Wenn keine Tugend in ihr waͤr; Und uͤber ihr ein Gott nicht wohnte, Der ſeine Frommen kennt und liebt, Und ſtille Tugenden belohnte, Und nach dem Kummer Freuden giebt. E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/231
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/231>, abgerufen am 24.11.2024.