Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch.
Ein Glücklicher mag von dem Traubenstocke
Die Kelter füllen, und den Kaufmann locke
Oft der Gewinn, auf ein zerbrechlich Holz.
Er schiffe schwer von Hoffnung hin nach Inden,
Und komme mit den besten Seegel-Winden
Zurück, auf Lasten seines Reichthums stolz.
Ich fodre nichts, als Brod für meine Tage,
Ein ruhig Herz, und Kleider, die ich trage,
Um, mehr bedeckt, als stolz geziert, zu seyn.
Kein Menschen-Arm erhält das Glücke bändig;
Und wenn es will, sey es mir unbeständig;
Nur bleibt alsdann, ihr wahren Freunde, mein!
Wird mir, wenn einst auch böse Tage kommen,
Nur dieser Schatz, die Freundschaft nicht genommen;
Behalt ich alt, der Musen Saitenspiel;
So hab ich gnug Glückseligkeit und Freuden,
Und heisse mich die Prächtigen beneiden.
Sie haben oft kein Herze zum Gefühl!


J
Drittes Buch.
Ein Gluͤcklicher mag von dem Traubenſtocke
Die Kelter fuͤllen, und den Kaufmann locke
Oft der Gewinn, auf ein zerbrechlich Holz.
Er ſchiffe ſchwer von Hoffnung hin nach Inden,
Und komme mit den beſten Seegel-Winden
Zuruͤck, auf Laſten ſeines Reichthums ſtolz.
Ich fodre nichts, als Brod fuͤr meine Tage,
Ein ruhig Herz, und Kleider, die ich trage,
Um, mehr bedeckt, als ſtolz geziert, zu ſeyn.
Kein Menſchen-Arm erhaͤlt das Gluͤcke baͤndig;
Und wenn es will, ſey es mir unbeſtaͤndig;
Nur bleibt alsdann, ihr wahren Freunde, mein!
Wird mir, wenn einſt auch boͤſe Tage kommen,
Nur dieſer Schatz, die Freundſchaft nicht genommen;
Behalt ich alt, der Muſen Saitenſpiel;
So hab ich gnug Gluͤckſeligkeit und Freuden,
Und heiſſe mich die Praͤchtigen beneiden.
Sie haben oft kein Herze zum Gefuͤhl!


J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0173" n="129"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem" n="1">
            <l>Ein Glu&#x0364;cklicher mag von dem Trauben&#x017F;tocke<lb/>
Die Kelter fu&#x0364;llen, und den Kaufmann locke<lb/>
Oft der Gewinn, auf ein zerbrechlich Holz.<lb/>
Er &#x017F;chiffe &#x017F;chwer von Hoffnung hin nach Inden,<lb/>
Und komme mit den be&#x017F;ten Seegel-Winden<lb/>
Zuru&#x0364;ck, auf La&#x017F;ten &#x017F;eines Reichthums &#x017F;tolz.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="2">
            <l>Ich fodre nichts, als Brod fu&#x0364;r meine Tage,<lb/>
Ein ruhig Herz, und Kleider, die ich trage,<lb/>
Um, mehr bedeckt, als &#x017F;tolz geziert, zu &#x017F;eyn.<lb/>
Kein Men&#x017F;chen-Arm erha&#x0364;lt das Glu&#x0364;cke ba&#x0364;ndig;<lb/>
Und wenn es will, &#x017F;ey es mir unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig;<lb/>
Nur bleibt alsdann, ihr wahren Freunde, mein!</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="3">
            <l>Wird mir, wenn ein&#x017F;t auch bo&#x0364;&#x017F;e Tage kommen,<lb/>
Nur die&#x017F;er Schatz, die Freund&#x017F;chaft nicht genommen;<lb/>
Behalt ich alt, der Mu&#x017F;en Saiten&#x017F;piel;<lb/>
So hab ich gnug Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit und Freuden,<lb/>
Und hei&#x017F;&#x017F;e mich die Pra&#x0364;chtigen beneiden.<lb/>
Sie haben oft kein Herze zum Gefu&#x0364;hl!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">J</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0173] Drittes Buch. Ein Gluͤcklicher mag von dem Traubenſtocke Die Kelter fuͤllen, und den Kaufmann locke Oft der Gewinn, auf ein zerbrechlich Holz. Er ſchiffe ſchwer von Hoffnung hin nach Inden, Und komme mit den beſten Seegel-Winden Zuruͤck, auf Laſten ſeines Reichthums ſtolz. Ich fodre nichts, als Brod fuͤr meine Tage, Ein ruhig Herz, und Kleider, die ich trage, Um, mehr bedeckt, als ſtolz geziert, zu ſeyn. Kein Menſchen-Arm erhaͤlt das Gluͤcke baͤndig; Und wenn es will, ſey es mir unbeſtaͤndig; Nur bleibt alsdann, ihr wahren Freunde, mein! Wird mir, wenn einſt auch boͤſe Tage kommen, Nur dieſer Schatz, die Freundſchaft nicht genommen; Behalt ich alt, der Muſen Saitenſpiel; So hab ich gnug Gluͤckſeligkeit und Freuden, Und heiſſe mich die Praͤchtigen beneiden. Sie haben oft kein Herze zum Gefuͤhl! J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/173
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/173>, abgerufen am 25.11.2024.