Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Oden. Dein Jäger bringt viel aufgehangne Zu blind gewesne Vögel dir. Sie wurden ihrer Lust Gefangne; Wie, nur zu oft der Sünde, wir! Die Vögel, in geschloßnen Heeren Verlassen ihr bewohntes Land Von der Natur geführt, und kehren Zurück, an ihrer vollen Hand! Der Herbst und die gelinden Weste Entfliehn von uns, und auf der Flur Stehn hier und dort noch Ueberreste Vom grünen Kleide der Natur! In Schneegewölke tief verhüllet Kommt der betrübte Wintertag; Der Nordwind wirbelt sich und brüllet, Durch Mauren, wie ein Donnerschlag! Oden. Dein Jaͤger bringt viel aufgehangne Zu blind geweſne Voͤgel dir. Sie wurden ihrer Luſt Gefangne; Wie, nur zu oft der Suͤnde, wir! Die Voͤgel, in geſchloßnen Heeren Verlaſſen ihr bewohntes Land Von der Natur gefuͤhrt, und kehren Zuruͤck, an ihrer vollen Hand! Der Herbſt und die gelinden Weſte Entfliehn von uns, und auf der Flur Stehn hier und dort noch Ueberreſte Vom gruͤnen Kleide der Natur! In Schneegewoͤlke tief verhuͤllet Kommt der betruͤbte Wintertag; Der Nordwind wirbelt ſich und bruͤllet, Durch Mauren, wie ein Donnerſchlag! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" n="104"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Oden.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem" n="6"> <l>Dein Jaͤger bringt viel aufgehangne<lb/> Zu blind geweſne Voͤgel dir.<lb/> Sie wurden ihrer Luſt Gefangne;<lb/> Wie, nur zu oft der Suͤnde, wir!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="7"> <l>Die Voͤgel, in geſchloßnen Heeren<lb/> Verlaſſen ihr bewohntes Land<lb/> Von der Natur gefuͤhrt, und kehren<lb/> Zuruͤck, an ihrer vollen Hand!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="1"> <l>Der Herbſt und die gelinden Weſte<lb/> Entfliehn von uns, und auf der Flur<lb/> Stehn hier und dort noch Ueberreſte<lb/> Vom gruͤnen Kleide der Natur!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>In Schneegewoͤlke tief verhuͤllet<lb/> Kommt der betruͤbte Wintertag;<lb/> Der Nordwind wirbelt ſich und bruͤllet,<lb/> Durch Mauren, wie ein Donnerſchlag!</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0148]
Oden.
Dein Jaͤger bringt viel aufgehangne
Zu blind geweſne Voͤgel dir.
Sie wurden ihrer Luſt Gefangne;
Wie, nur zu oft der Suͤnde, wir!
Die Voͤgel, in geſchloßnen Heeren
Verlaſſen ihr bewohntes Land
Von der Natur gefuͤhrt, und kehren
Zuruͤck, an ihrer vollen Hand!
Der Herbſt und die gelinden Weſte
Entfliehn von uns, und auf der Flur
Stehn hier und dort noch Ueberreſte
Vom gruͤnen Kleide der Natur!
In Schneegewoͤlke tief verhuͤllet
Kommt der betruͤbte Wintertag;
Der Nordwind wirbelt ſich und bruͤllet,
Durch Mauren, wie ein Donnerſchlag!
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