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Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

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Zweytes Buch.
Die dicke Luft erscholl von dem Geheule
Des Jünglings der zum Wasser sprach:
Komm schnell herauf gestiegen Wasser! eile!
Es kam, er schwomm dem Mädchen nach.
Sie kämpfte noch mit ihren Untersinken,
Als ihr Geliebter sie umfing
Und geizig war, den Geist in sich zu trinken,
Der an den kalten Lippen hing.
Die Muse sagt, sie lägen an dem Fusse
Des einen Felsen, wären Stein
Unkennbar durch die Zeit, wie ein vom Regengusse
Verwaschnes Bildniß pflegt zu seyn.
Die Felsen aber mit erhabnem Haupte
Verkündigen des Höchsten Hand,
Der über eine Welt, die keine Gottheit glaubte,
Den Tod in Wolken abgesandt.
G 3
Zweytes Buch.
Die dicke Luft erſcholl von dem Geheule
Des Juͤnglings der zum Waſſer ſprach:
Komm ſchnell herauf geſtiegen Waſſer! eile!
Es kam, er ſchwomm dem Maͤdchen nach.
Sie kaͤmpfte noch mit ihren Unterſinken,
Als ihr Geliebter ſie umfing
Und geizig war, den Geiſt in ſich zu trinken,
Der an den kalten Lippen hing.
Die Muſe ſagt, ſie laͤgen an dem Fuſſe
Des einen Felſen, waͤren Stein
Unkennbar durch die Zeit, wie ein vom Regenguſſe
Verwaſchnes Bildniß pflegt zu ſeyn.
Die Felſen aber mit erhabnem Haupte
Verkuͤndigen des Hoͤchſten Hand,
Der uͤber eine Welt, die keine Gottheit glaubte,
Den Tod in Wolken abgeſandt.
G 3
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[101/0145] Zweytes Buch. Die dicke Luft erſcholl von dem Geheule Des Juͤnglings der zum Waſſer ſprach: Komm ſchnell herauf geſtiegen Waſſer! eile! Es kam, er ſchwomm dem Maͤdchen nach. Sie kaͤmpfte noch mit ihren Unterſinken, Als ihr Geliebter ſie umfing Und geizig war, den Geiſt in ſich zu trinken, Der an den kalten Lippen hing. Die Muſe ſagt, ſie laͤgen an dem Fuſſe Des einen Felſen, waͤren Stein Unkennbar durch die Zeit, wie ein vom Regenguſſe Verwaſchnes Bildniß pflegt zu ſeyn. Die Felſen aber mit erhabnem Haupte Verkuͤndigen des Hoͤchſten Hand, Der uͤber eine Welt, die keine Gottheit glaubte, Den Tod in Wolken abgeſandt. G 3

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/145>, abgerufen am 27.04.2024.