uns ein Princip haben, welches die Jdee des Uebersinn- lichen in uns, dadurch aber auch die desjenigen außer uns, zu einer, ob gleich nur in practischer Absicht mög- lichen, Erkenntnis zu bestimmen vermögend ist, woran die blos speculative Philosophie (die auch von der Frey- heit einen blos negativen Begrif geben konnte) verzwei- feln mußte, mithin der Freyheitsbegrif (als Grundbe- grif aller unbedingt-practischen Gesetze) die Vernunft über diejenige Grenzen erweitern kann, innerhalb deren jeder Naturbegrif (theoretischer) ohne Hofnung einge- schränkt bleiben müßte.
Allgemeine Anmerknng zur Teleologie.
Wenn die Frage ist: welchen Rang das moralische Ar- gument, welches das Daseyn Gottes nur als Glaubenssa- che für die practische reine Vernunft beweiset, unter den übri- gen in der Philosophie behaupte, so läßt sich dieser ihr gan- zer Besitz leicht überschlagen, wo es sich dann ausweiset, daß hier nicht zu wählen sey, sondern ihr theoretisches Vermögen, vor einer unpartheyischen Critik, alle seine Ansprüche von selbst aufgeben müsse.
Auf Thatsache muß sie alles Fürwarhalten zuvörderst gründen, wenn es nicht völlig grundlos seyn soll und es kann also nur der einzige Unterschied im Beweisen statt finden, ob auf diese Thatsache ein Fürwarhalten der daraus gezogenen Folgerung, als Wissen, fürs theoretische oder, blos als Glauben, fürs practische Erkenntnis, könne gegründet wer- den, Alle Thatsachen gehören entweder zum Naturbegrif, der seine Realität an den vor allen Naturbegriffen gegebenen (oder zu geben möglichen) Gegenstände der Sinne beweiset,
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
uns ein Princip haben, welches die Jdee des Ueberſinn- lichen in uns, dadurch aber auch die desjenigen außer uns, zu einer, ob gleich nur in practiſcher Abſicht moͤg- lichen, Erkenntnis zu beſtimmen vermoͤgend iſt, woran die blos ſpeculative Philoſophie (die auch von der Frey- heit einen blos negativen Begrif geben konnte) verzwei- feln mußte, mithin der Freyheitsbegrif (als Grundbe- grif aller unbedingt-practiſchen Geſetze) die Vernunft uͤber diejenige Grenzen erweitern kann, innerhalb deren jeder Naturbegrif (theoretiſcher) ohne Hofnung einge- ſchraͤnkt bleiben muͤßte.
Allgemeine Anmerknng zur Teleologie.
Wenn die Frage iſt: welchen Rang das moraliſche Ar- gument, welches das Daſeyn Gottes nur als Glaubensſa- che fuͤr die practiſche reine Vernunft beweiſet, unter den uͤbri- gen in der Philoſophie behaupte, ſo laͤßt ſich dieſer ihr gan- zer Beſitz leicht uͤberſchlagen, wo es ſich dann ausweiſet, daß hier nicht zu waͤhlen ſey, ſondern ihr theoretiſches Vermoͤgen, vor einer unpartheyiſchen Critik, alle ſeine Anſpruͤche von ſelbſt aufgeben muͤſſe.
Auf Thatſache muß ſie alles Fuͤrwarhalten zuvoͤrderſt gruͤnden, wenn es nicht voͤllig grundlos ſeyn ſoll und es kann alſo nur der einzige Unterſchied im Beweiſen ſtatt finden, ob auf dieſe Thatſache ein Fuͤrwarhalten der daraus gezogenen Folgerung, als Wiſſen, fuͤrs theoretiſche oder, blos als Glauben, fuͤrs practiſche Erkenntnis, koͤnne gegruͤndet wer- den, Alle Thatſachen gehoͤren entweder zum Naturbegrif, der ſeine Realitaͤt an den vor allen Naturbegriffen gegebenen (oder zu geben moͤglichen) Gegenſtaͤnde der Sinne beweiſet,
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
uns ein Princip haben, welches die Jdee des Ueberſinn-
lichen in uns, dadurch aber auch die desjenigen außer
uns, zu einer, ob gleich nur in practiſcher Abſicht moͤg-
lichen, Erkenntnis zu beſtimmen vermoͤgend iſt, woran
die blos ſpeculative Philoſophie (die auch von der Frey-
heit einen blos negativen Begrif geben konnte) verzwei-
feln mußte, mithin der Freyheitsbegrif (als Grundbe-
grif aller unbedingt-practiſchen Geſetze) die Vernunft
uͤber diejenige Grenzen erweitern kann, innerhalb deren
jeder Naturbegrif (theoretiſcher) ohne Hofnung einge-
ſchraͤnkt bleiben muͤßte.
Allgemeine Anmerknng zur Teleologie.
Wenn die Frage iſt: welchen Rang das moraliſche Ar-
gument, welches das Daſeyn Gottes nur als Glaubensſa-
che fuͤr die practiſche reine Vernunft beweiſet, unter den uͤbri-
gen in der Philoſophie behaupte, ſo laͤßt ſich dieſer ihr gan-
zer Beſitz leicht uͤberſchlagen, wo es ſich dann ausweiſet, daß
hier nicht zu waͤhlen ſey, ſondern ihr theoretiſches Vermoͤgen,
vor einer unpartheyiſchen Critik, alle ſeine Anſpruͤche von
ſelbſt aufgeben muͤſſe.
Auf Thatſache muß ſie alles Fuͤrwarhalten zuvoͤrderſt
gruͤnden, wenn es nicht voͤllig grundlos ſeyn ſoll und es kann
alſo nur der einzige Unterſchied im Beweiſen ſtatt finden, ob
auf dieſe Thatſache ein Fuͤrwarhalten der daraus gezogenen
Folgerung, als Wiſſen, fuͤrs theoretiſche oder, blos als
Glauben, fuͤrs practiſche Erkenntnis, koͤnne gegruͤndet wer-
den, Alle Thatſachen gehoͤren entweder zum Naturbegrif,
der ſeine Realitaͤt an den vor allen Naturbegriffen gegebenen
(oder zu geben moͤglichen) Gegenſtaͤnde der Sinne beweiſet,
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/526>, abgerufen am 16.07.2024.
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