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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
rungsgrund nur weiter aufgeschoben und kann fich nicht
anmaaßen, die Erzeugung jener zweyen Reiche von der
Bedingung der Endursachen unabhängig gemacht zu
haben.

Selbst, was die Veränderung betrift, der gewisse
Jndividuen der organisirten Gattungen zufälligerweise
unterworfen werden, wenn man findet, daß ihr so ab-
geänderter Charakter erblich und in die Zeugungskraft
aufgenommen wird, kann nicht füglich anders als gele-
gentliche Entwickelung einer in der Species ursprünglich
vorhandenen zweckmäßigen Anlage, zur Selbsterhaltung
der Art, beurtheilt werden; weil das Zeugen seines glei-
chen, bey der durchgängigen inneren Zweckmäßigkeit
eines organisirten Wesens, mit der Bedingung [n]ichts
in die Zeugungskraft aufzunehmen, was nicht [e]uch in
einem solchen System von Zwecken zu einer d[er] unent-

nisches aus einem andern Organischen, ob zwar unter dieser
Art Wesen specifisch von ihm unterschiednen, erzeugt
wurde, z. B. wenn gewisse Wasserthiere sich nach und nach
zu Sumpfthieren und aus diesen, nach eingen Zeugungen
zu Landthieren ausbildeten. A priori im Urtheile der blo-
ßen Vernunft widerstreitet sich das nicht. Allein die Er-
fahrung zeigt davon kein Beyspiel, nach der vielmehr alle
Zeugung, die wir kennen, generatio lomonima ist, nicht
blos vniuoca, im Gegensatz mit der Zeugung aus unorga-
nisirtem Stoffe, sondern auch nie in der Organisation selbst
mit dem Erzeugenden gleichartiges Product hervorbringt,
und die geueratio heteronima, so weit unsere Erfahrungs-
fahrungskenntnis der Natur reicht, nirgend angetroffen wird.

II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
rungsgrund nur weiter aufgeſchoben und kann fich nicht
anmaaßen, die Erzeugung jener zweyen Reiche von der
Bedingung der Endurſachen unabhaͤngig gemacht zu
haben.

Selbſt, was die Veraͤnderung betrift, der gewiſſe
Jndividuen der organiſirten Gattungen zufaͤlligerweiſe
unterworfen werden, wenn man findet, daß ihr ſo ab-
geaͤnderter Charakter erblich und in die Zeugungskraft
aufgenommen wird, kann nicht fuͤglich anders als gele-
gentliche Entwickelung einer in der Species urſpruͤnglich
vorhandenen zweckmaͤßigen Anlage, zur Selbſterhaltung
der Art, beurtheilt werden; weil das Zeugen ſeines glei-
chen, bey der durchgaͤngigen inneren Zweckmaͤßigkeit
eines organiſirten Weſens, mit der Bedingung [n]ichts
in die Zeugungskraft aufzunehmen, was nicht [e]uch in
einem ſolchen Syſtem von Zwecken zu einer d[er] unent-

niſches aus einem andern Organiſchen, ob zwar unter dieſer
Art Weſen ſpecifiſch von ihm unterſchiednen, erzeugt
wurde, z. B. wenn gewiſſe Waſſerthiere ſich nach und nach
zu Sumpfthieren und aus dieſen, nach eingen Zeugungen
zu Landthieren ausbildeten. A priori im Urtheile der blo-
ßen Vernunft widerſtreitet ſich das nicht. Allein die Er-
fahrung zeigt davon kein Beyſpiel, nach der vielmehr alle
Zeugung, die wir kennen, generatio lomonima iſt, nicht
blos vniuoca, im Gegenſatz mit der Zeugung aus unorga-
niſirtem Stoffe, ſondern auch nie in der Organiſation ſelbſt
mit dem Erzeugenden gleichartiges Product hervorbringt,
und die geueratio heteronima, ſo weit unſere Erfahrungs-
fahrungskenntnis der Natur reicht, nirgend angetroffen wird.
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[366/0430] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. rungsgrund nur weiter aufgeſchoben und kann fich nicht anmaaßen, die Erzeugung jener zweyen Reiche von der Bedingung der Endurſachen unabhaͤngig gemacht zu haben. Selbſt, was die Veraͤnderung betrift, der gewiſſe Jndividuen der organiſirten Gattungen zufaͤlligerweiſe unterworfen werden, wenn man findet, daß ihr ſo ab- geaͤnderter Charakter erblich und in die Zeugungskraft aufgenommen wird, kann nicht fuͤglich anders als gele- gentliche Entwickelung einer in der Species urſpruͤnglich vorhandenen zweckmaͤßigen Anlage, zur Selbſterhaltung der Art, beurtheilt werden; weil das Zeugen ſeines glei- chen, bey der durchgaͤngigen inneren Zweckmaͤßigkeit eines organiſirten Weſens, mit der Bedingung nichts in die Zeugungskraft aufzunehmen, was nicht euch in einem ſolchen Syſtem von Zwecken zu einer der unent- *) *) niſches aus einem andern Organiſchen, ob zwar unter dieſer Art Weſen ſpecifiſch von ihm unterſchiednen, erzeugt wurde, z. B. wenn gewiſſe Waſſerthiere ſich nach und nach zu Sumpfthieren und aus dieſen, nach eingen Zeugungen zu Landthieren ausbildeten. A priori im Urtheile der blo- ßen Vernunft widerſtreitet ſich das nicht. Allein die Er- fahrung zeigt davon kein Beyſpiel, nach der vielmehr alle Zeugung, die wir kennen, generatio lomonima iſt, nicht blos vniuoca, im Gegenſatz mit der Zeugung aus unorga- niſirtem Stoffe, ſondern auch nie in der Organiſation ſelbſt mit dem Erzeugenden gleichartiges Product hervorbringt, und die geueratio heteronima, ſo weit unſere Erfahrungs- fahrungskenntnis der Natur reicht, nirgend angetroffen wird.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/430>, abgerufen am 20.05.2024.