Gegenstände der Sinne, aber kein Gebiet (sondern nur ihren Aufenthalt, domicilium); weil sie zwar gesetzlich erzeugt werden, aber nicht gesetzgebend sind, sondern die auf sie gegründete Regeln empirisch, mithin zufällig sind.
Unser gesamtes Erkenntnisvermögen hat zwey Ge- biete, das der Naturbegriffe und das des Freyheitsbegrifs; denn durch beyde ist es a priori gesetzgebend. Die Phi- losophie theilt sich nun auch, diesem gemäs, in die theo- retische und practische. Aber der Boden, auf dem ihr Gebiet errichtet wird, und auf welchem ihre Gesetzgebung ausgeübt wird, ist immer doch nur der Jnbegrif der Gegenstände aller möglichen Erfahrung, so fern sie für nichts mehr als bloße Erscheinungen genom- men werden; denn ohne das würde keine Gesetzgebung des Verstandes in Ansehung derselben gedacht werden können.
Die Gesetzgebung durch Naturbegriffe geschieht durch den Verstand und ist theoretisch. Die Gesetzgebung durch den Freyheitsbegrif geschieht von der Vernunft, und ist blos practisch. Nur allein im practischen kann die Ver- nunft gesetzgebend seyn; in Ansehung des theoretischen Erkenntnisses (der Natur) kan sie nur (als gesetzkundig, vermittelst des Verstandes) aus gegebenen Gesetzen durch Schlüsse Folgerungen ziehen, die doch immer nur bey der Natur stehen bleiben. Umgekehrt aber wo Regeln
Kants Crit. d. Urtheilskr b
Einleitung.
Gegenſtaͤnde der Sinne, aber kein Gebiet (ſondern nur ihren Aufenthalt, domicilium); weil ſie zwar geſetzlich erzeugt werden, aber nicht geſetzgebend ſind, ſondern die auf ſie gegruͤndete Regeln empiriſch, mithin zufaͤllig ſind.
Unſer geſamtes Erkenntnisvermoͤgen hat zwey Ge- biete, das der Naturbegriffe und das des Freyheitsbegrifs; denn durch beyde iſt es a priori geſetzgebend. Die Phi- loſophie theilt ſich nun auch, dieſem gemaͤs, in die theo- retiſche und practiſche. Aber der Boden, auf dem ihr Gebiet errichtet wird, und auf welchem ihre Geſetzgebung ausgeuͤbt wird, iſt immer doch nur der Jnbegrif der Gegenſtaͤnde aller moͤglichen Erfahrung, ſo fern ſie fuͤr nichts mehr als bloße Erſcheinungen genom- men werden; denn ohne das wuͤrde keine Geſetzgebung des Verſtandes in Anſehung derſelben gedacht werden koͤnnen.
Die Geſetzgebung durch Naturbegriffe geſchieht durch den Verſtand und iſt theoretiſch. Die Geſetzgebung durch den Freyheitsbegrif geſchieht von der Vernunft, und iſt blos practiſch. Nur allein im practiſchen kann die Ver- nunft geſetzgebend ſeyn; in Anſehung des theoretiſchen Erkenntniſſes (der Natur) kan ſie nur (als geſetzkundig, vermittelſt des Verſtandes) aus gegebenen Geſetzen durch Schluͤſſe Folgerungen ziehen, die doch immer nur bey der Natur ſtehen bleiben. Umgekehrt aber wo Regeln
Kants Crit. d. Urtheilskr b
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[XVII/0023]
Einleitung.
Gegenſtaͤnde der Sinne, aber kein Gebiet (ſondern nur
ihren Aufenthalt, domicilium); weil ſie zwar geſetzlich
erzeugt werden, aber nicht geſetzgebend ſind, ſondern die
auf ſie gegruͤndete Regeln empiriſch, mithin zufaͤllig
ſind.
Unſer geſamtes Erkenntnisvermoͤgen hat zwey Ge-
biete, das der Naturbegriffe und das des Freyheitsbegrifs;
denn durch beyde iſt es a priori geſetzgebend. Die Phi-
loſophie theilt ſich nun auch, dieſem gemaͤs, in die theo-
retiſche und practiſche. Aber der Boden, auf dem ihr
Gebiet errichtet wird, und auf welchem ihre Geſetzgebung
ausgeuͤbt wird, iſt immer doch nur der Jnbegrif
der Gegenſtaͤnde aller moͤglichen Erfahrung, ſo fern
ſie fuͤr nichts mehr als bloße Erſcheinungen genom-
men werden; denn ohne das wuͤrde keine Geſetzgebung
des Verſtandes in Anſehung derſelben gedacht werden
koͤnnen.
Die Geſetzgebung durch Naturbegriffe geſchieht durch
den Verſtand und iſt theoretiſch. Die Geſetzgebung durch
den Freyheitsbegrif geſchieht von der Vernunft, und iſt
blos practiſch. Nur allein im practiſchen kann die Ver-
nunft geſetzgebend ſeyn; in Anſehung des theoretiſchen
Erkenntniſſes (der Natur) kan ſie nur (als geſetzkundig,
vermittelſt des Verſtandes) aus gegebenen Geſetzen durch
Schluͤſſe Folgerungen ziehen, die doch immer nur bey
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/23>, abgerufen am 05.12.2024.
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