Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
einen Regressus zu mehreren in ihm enthaltenen Theilen übrig.
Drittens, nehmet ihr an: in allem, was in der Welt geschieht, sey nichts, als Erfolg nach Gesetzen der Natur, so ist die Caussalität der Ursache immer wiederum etwas, das geschieht, und euren Regressus zu noch höhe- rer Ursache, mithin die Verlängerung der Reihe von Be- dingungen a parte priori ohne Aufhören nothwendig macht. Die blosse wirkende Natur ist also vor allen euren Begriff, in der Synthesis der Weltbegebenheiten, zu groß.
Wählt ihr, hin und wieder, von selbst gewirkte Begebenheiten, mithin Erzeugung aus Freiheit: so ver- folgt euch das Warum nach einem unvermeidlichen Natur- gesetze, und nöthigt euch, über diesen Punct nach dem Caus- salgesetze der Erfahrung hinaus zu gehen, und ihr findet, daß dergleichen Totalität der Verknüpfung vor euren noth- wendigen empirischen Begriff zu klein ist.
Viertens. Wenn ihr ein schlechthin nothwendi- ges Wesen (es sey die Welt selbst oder Etwas in der Welt oder die Weltursache) annehmt: so sezt ihr es in eine, von iedem gegebenen Zeitpunct unendlich entfernte Zeit; weil es sonst von einem anderen und älteren Daseyn ab- hängend seyn würde. Alsdenn ist aber diese Existenz vor euren empirischen Begriff unzugänglich und zu groß, als daß ihr iemals durch irgend einen fortgesetzten Regressus dazu gelangen köntet.
Ist
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
einen Regreſſus zu mehreren in ihm enthaltenen Theilen uͤbrig.
Drittens, nehmet ihr an: in allem, was in der Welt geſchieht, ſey nichts, als Erfolg nach Geſetzen der Natur, ſo iſt die Cauſſalitaͤt der Urſache immer wiederum etwas, das geſchieht, und euren Regreſſus zu noch hoͤhe- rer Urſache, mithin die Verlaͤngerung der Reihe von Be- dingungen a parte priori ohne Aufhoͤren nothwendig macht. Die bloſſe wirkende Natur iſt alſo vor allen euren Begriff, in der Syntheſis der Weltbegebenheiten, zu groß.
Waͤhlt ihr, hin und wieder, von ſelbſt gewirkte Begebenheiten, mithin Erzeugung aus Freiheit: ſo ver- folgt euch das Warum nach einem unvermeidlichen Natur- geſetze, und noͤthigt euch, uͤber dieſen Punct nach dem Cauſ- ſalgeſetze der Erfahrung hinaus zu gehen, und ihr findet, daß dergleichen Totalitaͤt der Verknuͤpfung vor euren noth- wendigen empiriſchen Begriff zu klein iſt.
Viertens. Wenn ihr ein ſchlechthin nothwendi- ges Weſen (es ſey die Welt ſelbſt oder Etwas in der Welt oder die Welturſache) annehmt: ſo ſezt ihr es in eine, von iedem gegebenen Zeitpunct unendlich entfernte Zeit; weil es ſonſt von einem anderen und aͤlteren Daſeyn ab- haͤngend ſeyn wuͤrde. Alsdenn iſt aber dieſe Exiſtenz vor euren empiriſchen Begriff unzugaͤnglich und zu groß, als daß ihr iemals durch irgend einen fortgeſetzten Regreſſus dazu gelangen koͤntet.
Iſt
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
einen Regreſſus zu mehreren in ihm enthaltenen Theilen
uͤbrig.
Drittens, nehmet ihr an: in allem, was in der
Welt geſchieht, ſey nichts, als Erfolg nach Geſetzen der
Natur, ſo iſt die Cauſſalitaͤt der Urſache immer wiederum
etwas, das geſchieht, und euren Regreſſus zu noch hoͤhe-
rer Urſache, mithin die Verlaͤngerung der Reihe von Be-
dingungen a parte priori ohne Aufhoͤren nothwendig macht.
Die bloſſe wirkende Natur iſt alſo vor allen euren Begriff,
in der Syntheſis der Weltbegebenheiten, zu groß.
Waͤhlt ihr, hin und wieder, von ſelbſt gewirkte
Begebenheiten, mithin Erzeugung aus Freiheit: ſo ver-
folgt euch das Warum nach einem unvermeidlichen Natur-
geſetze, und noͤthigt euch, uͤber dieſen Punct nach dem Cauſ-
ſalgeſetze der Erfahrung hinaus zu gehen, und ihr findet,
daß dergleichen Totalitaͤt der Verknuͤpfung vor euren noth-
wendigen empiriſchen Begriff zu klein iſt.
Viertens. Wenn ihr ein ſchlechthin nothwendi-
ges Weſen (es ſey die Welt ſelbſt oder Etwas in der Welt
oder die Welturſache) annehmt: ſo ſezt ihr es in eine,
von iedem gegebenen Zeitpunct unendlich entfernte Zeit;
weil es ſonſt von einem anderen und aͤlteren Daſeyn ab-
haͤngend ſeyn wuͤrde. Alsdenn iſt aber dieſe Exiſtenz vor
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daß ihr iemals durch irgend einen fortgeſetzten Regreſſus
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/518>, abgerufen am 22.11.2024.
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