nunftschlüsse überhaupt an die Hand giebt, so wie etwa die Categorien ihr logisches Schema in den vier Functio- nen aller Urtheile antreffen. Die erste Art dieser ver- nünftelnden Schlüsse gieng auf die unbedingte Einheit der subiectiven Bedingungen aller Vorstellungen überhaupt (des Subiects oder der Seele), in Correspondenz mit den categorischen Vernunftschlüssen, deren Obersatz, als Prin- cip, die Beziehung eines Prädicats auf ein Subiect aus- sagt. Die zweite Art des dialectischen Arguments wird also, nach der Analogie mit hypothetischen Vernunft- schlüssen, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingun- gen in der Erscheinung zu ihrem Inhalte machen, so wie die dritte Art, die im folgenden Hauptstücke vorkommen wird, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände überhaupt zum Thema hat.
Es ist aber merkwürdig: daß der transscendentale Paralogism einen blos einseitigen Schein, in Ansehung der Idee von dem Subiecte unseres Denkens, bewirkte, und zur Behauptung des Gegentheils sich nicht der min- deste Schein aus Vernunftbegriffen vorfinden will. Der Vortheil ist gänzlich auf der Seite des Pnevmatismus, ob- gleich dieser den Erbfehler nicht verläugnen kan, bey allem ihm günstigen Schein in der Feuerprobe der Critik sich in lauter Dunst aufzulösen.
Ganz anders fällt es aus, wenn wir die Vernunft auf die obiective Synthesis der Erscheinungen anwenden,
wo
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
nunftſchluͤſſe uͤberhaupt an die Hand giebt, ſo wie etwa die Categorien ihr logiſches Schema in den vier Functio- nen aller Urtheile antreffen. Die erſte Art dieſer ver- nuͤnftelnden Schluͤſſe gieng auf die unbedingte Einheit der ſubiectiven Bedingungen aller Vorſtellungen uͤberhaupt (des Subiects oder der Seele), in Correſpondenz mit den categoriſchen Vernunftſchluͤſſen, deren Oberſatz, als Prin- cip, die Beziehung eines Praͤdicats auf ein Subiect aus- ſagt. Die zweite Art des dialectiſchen Arguments wird alſo, nach der Analogie mit hypothetiſchen Vernunft- ſchluͤſſen, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingun- gen in der Erſcheinung zu ihrem Inhalte machen, ſo wie die dritte Art, die im folgenden Hauptſtuͤcke vorkommen wird, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingungen der Moͤglichkeit der Gegenſtaͤnde uͤberhaupt zum Thema hat.
Es iſt aber merkwuͤrdig: daß der transſcendentale Paralogism einen blos einſeitigen Schein, in Anſehung der Idee von dem Subiecte unſeres Denkens, bewirkte, und zur Behauptung des Gegentheils ſich nicht der min- deſte Schein aus Vernunftbegriffen vorfinden will. Der Vortheil iſt gaͤnzlich auf der Seite des Pnevmatismus, ob- gleich dieſer den Erbfehler nicht verlaͤugnen kan, bey allem ihm guͤnſtigen Schein in der Feuerprobe der Critik ſich in lauter Dunſt aufzuloͤſen.
Ganz anders faͤllt es aus, wenn wir die Vernunft auf die obiective Syntheſis der Erſcheinungen anwenden,
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
nunftſchluͤſſe uͤberhaupt an die Hand giebt, ſo wie etwa
die Categorien ihr logiſches Schema in den vier Functio-
nen aller Urtheile antreffen. Die erſte Art dieſer ver-
nuͤnftelnden Schluͤſſe gieng auf die unbedingte Einheit der
ſubiectiven Bedingungen aller Vorſtellungen uͤberhaupt
(des Subiects oder der Seele), in Correſpondenz mit den
categoriſchen Vernunftſchluͤſſen, deren Oberſatz, als Prin-
cip, die Beziehung eines Praͤdicats auf ein Subiect aus-
ſagt. Die zweite Art des dialectiſchen Arguments wird
alſo, nach der Analogie mit hypothetiſchen Vernunft-
ſchluͤſſen, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingun-
gen in der Erſcheinung zu ihrem Inhalte machen, ſo wie
die dritte Art, die im folgenden Hauptſtuͤcke vorkommen
wird, die unbedingte Einheit der obiectiven Bedingungen
der Moͤglichkeit der Gegenſtaͤnde uͤberhaupt zum Thema
hat.
Es iſt aber merkwuͤrdig: daß der transſcendentale
Paralogism einen blos einſeitigen Schein, in Anſehung
der Idee von dem Subiecte unſeres Denkens, bewirkte,
und zur Behauptung des Gegentheils ſich nicht der min-
deſte Schein aus Vernunftbegriffen vorfinden will. Der
Vortheil iſt gaͤnzlich auf der Seite des Pnevmatismus, ob-
gleich dieſer den Erbfehler nicht verlaͤugnen kan, bey allem
ihm guͤnſtigen Schein in der Feuerprobe der Critik ſich in
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Ganz anders faͤllt es aus, wenn wir die Vernunft
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/436>, abgerufen am 22.11.2024.
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