Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
Seele mit anderen bekanten und fremdartigen Substanzen
ausser uns, sondern blos von der Verknüpfung der Vor-
stellungen des inneren Sinnes mit den Modificationen un-
serer äusseren Sinnlichkeit, und wie diese unter einander
nach beständigen Gesetzen verknüpft seyn mögen, so daß
sie in einer Erfahrung zusammenhängen.

So lange wir innere und äussere Erscheinungen, als
blosse Vorstellungen in der Erfahrung, mit einander zu-
sammen halten, so finden wir nichts widersinnisches und
welches die Gemeinschaft beider Art Sinne befremdlich
machte. Sobald wir aber die äussere Erscheinungen hypo-
stasiren, sie nicht mehr als Vorstellungen, sondern in der-
selben Qualität, wie sie in uns sind, auch als ausser
uns vor sich bestehende Dinge, ihre Handlungen aber,
die sie als Erscheinungen gegen einander im Verhältniß
zeigen, auf unser denkendes Subiects beziehen, so haben
wir einen Character der wirkenden Ursachen ausser uns,
der sich mit ihren Wirkungen in uns nicht zusammen
reimen will, weil iener sich blos auf äussere Sinne, diese
aber auf den innern Sinn beziehen, welche, ob sie zwar
in einem Subiecte vereinigt, dennoch höchst ungleichartig
sind. Da haben wir denn keine andere äussere Wirkun-
gen, als Veränderungen des Orts, und keine Kräfte, als
blos Bestrebungen, welche auf Verhältnisse im Raume,
als ihre Wirkungen, auslaufen. In uns aber sind die
Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verhältniß des

Orts

Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
Seele mit anderen bekanten und fremdartigen Subſtanzen
auſſer uns, ſondern blos von der Verknuͤpfung der Vor-
ſtellungen des inneren Sinnes mit den Modificationen un-
ſerer aͤuſſeren Sinnlichkeit, und wie dieſe unter einander
nach beſtaͤndigen Geſetzen verknuͤpft ſeyn moͤgen, ſo daß
ſie in einer Erfahrung zuſammenhaͤngen.

So lange wir innere und aͤuſſere Erſcheinungen, als
bloſſe Vorſtellungen in der Erfahrung, mit einander zu-
ſammen halten, ſo finden wir nichts widerſinniſches und
welches die Gemeinſchaft beider Art Sinne befremdlich
machte. Sobald wir aber die aͤuſſere Erſcheinungen hypo-
ſtaſiren, ſie nicht mehr als Vorſtellungen, ſondern in der-
ſelben Qualitaͤt, wie ſie in uns ſind, auch als auſſer
uns vor ſich beſtehende Dinge, ihre Handlungen aber,
die ſie als Erſcheinungen gegen einander im Verhaͤltniß
zeigen, auf unſer denkendes Subiects beziehen, ſo haben
wir einen Character der wirkenden Urſachen auſſer uns,
der ſich mit ihren Wirkungen in uns nicht zuſammen
reimen will, weil iener ſich blos auf aͤuſſere Sinne, dieſe
aber auf den innern Sinn beziehen, welche, ob ſie zwar
in einem Subiecte vereinigt, dennoch hoͤchſt ungleichartig
ſind. Da haben wir denn keine andere aͤuſſere Wirkun-
gen, als Veraͤnderungen des Orts, und keine Kraͤfte, als
blos Beſtrebungen, welche auf Verhaͤltniſſe im Raume,
als ihre Wirkungen, auslaufen. In uns aber ſind die
Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verhaͤltniß des

Orts
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0416" n="386"/><fw place="top" type="header">Elementarl. <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</fw><lb/>
Seele mit anderen bekanten und fremdartigen Sub&#x017F;tanzen<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er uns, &#x017F;ondern blos von der Verknu&#x0364;pfung der Vor-<lb/>
&#x017F;tellungen des inneren Sinnes mit den Modificationen un-<lb/>
&#x017F;erer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eren Sinnlichkeit, und wie die&#x017F;e unter einander<lb/>
nach be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Ge&#x017F;etzen verknu&#x0364;pft &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, &#x017F;o daß<lb/>
&#x017F;ie in einer Erfahrung zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen.</p><lb/>
                      <p>So lange wir innere und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Er&#x017F;cheinungen, als<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;e Vor&#x017F;tellungen in der Erfahrung, mit einander zu-<lb/>
&#x017F;ammen halten, &#x017F;o finden wir nichts wider&#x017F;inni&#x017F;ches und<lb/>
welches die Gemein&#x017F;chaft beider Art Sinne befremdlich<lb/>
machte. Sobald wir aber die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Er&#x017F;cheinungen hypo-<lb/>
&#x017F;ta&#x017F;iren, &#x017F;ie nicht mehr als Vor&#x017F;tellungen, &#x017F;ondern in der-<lb/>
&#x017F;elben Qualita&#x0364;t, wie &#x017F;ie in uns &#x017F;ind, auch als au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
uns vor &#x017F;ich be&#x017F;tehende <hi rendition="#fr">Dinge</hi>, ihre Handlungen aber,<lb/>
die &#x017F;ie als Er&#x017F;cheinungen gegen einander im Verha&#x0364;ltniß<lb/>
zeigen, auf un&#x017F;er denkendes Subiects beziehen, &#x017F;o haben<lb/>
wir einen Character der wirkenden Ur&#x017F;achen au&#x017F;&#x017F;er uns,<lb/>
der &#x017F;ich mit ihren Wirkungen in uns nicht zu&#x017F;ammen<lb/>
reimen will, weil iener &#x017F;ich blos auf a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Sinne, die&#x017F;e<lb/>
aber auf den innern Sinn beziehen, welche, ob &#x017F;ie zwar<lb/>
in einem Subiecte vereinigt, dennoch ho&#x0364;ch&#x017F;t ungleichartig<lb/>
&#x017F;ind. Da haben wir denn keine andere a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Wirkun-<lb/>
gen, als Vera&#x0364;nderungen des Orts, und keine Kra&#x0364;fte, als<lb/>
blos Be&#x017F;trebungen, welche auf Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e im Raume,<lb/>
als ihre Wirkungen, auslaufen. In uns aber &#x017F;ind die<lb/>
Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verha&#x0364;ltniß des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Orts</fw><lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[386/0416] Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. Seele mit anderen bekanten und fremdartigen Subſtanzen auſſer uns, ſondern blos von der Verknuͤpfung der Vor- ſtellungen des inneren Sinnes mit den Modificationen un- ſerer aͤuſſeren Sinnlichkeit, und wie dieſe unter einander nach beſtaͤndigen Geſetzen verknuͤpft ſeyn moͤgen, ſo daß ſie in einer Erfahrung zuſammenhaͤngen. So lange wir innere und aͤuſſere Erſcheinungen, als bloſſe Vorſtellungen in der Erfahrung, mit einander zu- ſammen halten, ſo finden wir nichts widerſinniſches und welches die Gemeinſchaft beider Art Sinne befremdlich machte. Sobald wir aber die aͤuſſere Erſcheinungen hypo- ſtaſiren, ſie nicht mehr als Vorſtellungen, ſondern in der- ſelben Qualitaͤt, wie ſie in uns ſind, auch als auſſer uns vor ſich beſtehende Dinge, ihre Handlungen aber, die ſie als Erſcheinungen gegen einander im Verhaͤltniß zeigen, auf unſer denkendes Subiects beziehen, ſo haben wir einen Character der wirkenden Urſachen auſſer uns, der ſich mit ihren Wirkungen in uns nicht zuſammen reimen will, weil iener ſich blos auf aͤuſſere Sinne, dieſe aber auf den innern Sinn beziehen, welche, ob ſie zwar in einem Subiecte vereinigt, dennoch hoͤchſt ungleichartig ſind. Da haben wir denn keine andere aͤuſſere Wirkun- gen, als Veraͤnderungen des Orts, und keine Kraͤfte, als blos Beſtrebungen, welche auf Verhaͤltniſſe im Raume, als ihre Wirkungen, auslaufen. In uns aber ſind die Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verhaͤltniß des Orts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/416
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/416>, abgerufen am 18.05.2024.