die die Bedingungen ausmachen, unter welchen wir sie al- lein denken. Nun kan ich von einem denkenden Wesen durch keine äussere Erfahrung, sondern blos durch das Selbstbewustseyn die mindeste Vorstellung haben. Also sind dergleichen Gegenstände nichts weiter, als die Ueber- tragung dieses meines Bewustseyns auf andere Dinge, wel- che nur dadurch als denkende Wesen vorgestellet werden. Der Satz: Ich denke, wird aber hiebey nur problema- tisch genommen; nicht so fern er eine Wahrnehmung von einem Daseyn enthalten mag (das cartesianische cogito; ergo sum), sondern seiner bloßen Möglichkeit nach, um zu sehen, welche Eigenschaften aus diesem so einfachen Satze auf das Subiect desselben (es mag dergleichen nun existiren oder nicht) fliessen mögen.
Läge unserer reinen Vernunfterkentniß von denken- den Wesen überhaupt mehr, als das cogito zum Grunde, würden wir die Beobachtungen, über das Spiel unserer Gedanken und die daraus zu schöpfende Naturgesetze des denkenden Selbst, auch zu Hülfe nehmen: so würde eine empirische Psychologie entspringen, welche eine Art der Physiologie des inneren Sinnes seyn würde und vielleicht die Erscheinungen desselben zu erklären, niemals aber dazu dienen könte, solche Eigenschaften, die gar nicht zur mög- lichen Erfahrung gehören (als die des Einfachen) zu er- öfnen, noch von denkenden Wesen überhaupt etwas, das ihre Natur betrift, apodictisch zu lehren; sie wäre also keine rationale Psychologie.
Da
I. Hauptſt. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft.
die die Bedingungen ausmachen, unter welchen wir ſie al- lein denken. Nun kan ich von einem denkenden Weſen durch keine aͤuſſere Erfahrung, ſondern blos durch das Selbſtbewuſtſeyn die mindeſte Vorſtellung haben. Alſo ſind dergleichen Gegenſtaͤnde nichts weiter, als die Ueber- tragung dieſes meines Bewuſtſeyns auf andere Dinge, wel- che nur dadurch als denkende Weſen vorgeſtellet werden. Der Satz: Ich denke, wird aber hiebey nur problema- tiſch genommen; nicht ſo fern er eine Wahrnehmung von einem Daſeyn enthalten mag (das carteſianiſche cogito; ergo ſum), ſondern ſeiner bloßen Moͤglichkeit nach, um zu ſehen, welche Eigenſchaften aus dieſem ſo einfachen Satze auf das Subiect deſſelben (es mag dergleichen nun exiſtiren oder nicht) flieſſen moͤgen.
Laͤge unſerer reinen Vernunfterkentniß von denken- den Weſen uͤberhaupt mehr, als das cogito zum Grunde, wuͤrden wir die Beobachtungen, uͤber das Spiel unſerer Gedanken und die daraus zu ſchoͤpfende Naturgeſetze des denkenden Selbſt, auch zu Huͤlfe nehmen: ſo wuͤrde eine empiriſche Pſychologie entſpringen, welche eine Art der Phyſiologie des inneren Sinnes ſeyn wuͤrde und vielleicht die Erſcheinungen deſſelben zu erklaͤren, niemals aber dazu dienen koͤnte, ſolche Eigenſchaften, die gar nicht zur moͤg- lichen Erfahrung gehoͤren (als die des Einfachen) zu er- oͤfnen, noch von denkenden Weſen uͤberhaupt etwas, das ihre Natur betrift, apodictiſch zu lehren; ſie waͤre alſo keine rationale Pſychologie.
Da
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I. Hauptſt. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft.
die die Bedingungen ausmachen, unter welchen wir ſie al-
lein denken. Nun kan ich von einem denkenden Weſen
durch keine aͤuſſere Erfahrung, ſondern blos durch das
Selbſtbewuſtſeyn die mindeſte Vorſtellung haben. Alſo
ſind dergleichen Gegenſtaͤnde nichts weiter, als die Ueber-
tragung dieſes meines Bewuſtſeyns auf andere Dinge, wel-
che nur dadurch als denkende Weſen vorgeſtellet werden.
Der Satz: Ich denke, wird aber hiebey nur problema-
tiſch genommen; nicht ſo fern er eine Wahrnehmung von
einem Daſeyn enthalten mag (das carteſianiſche cogito;
ergo ſum), ſondern ſeiner bloßen Moͤglichkeit nach, um
zu ſehen, welche Eigenſchaften aus dieſem ſo einfachen
Satze auf das Subiect deſſelben (es mag dergleichen nun
exiſtiren oder nicht) flieſſen moͤgen.
Laͤge unſerer reinen Vernunfterkentniß von denken-
den Weſen uͤberhaupt mehr, als das cogito zum Grunde,
wuͤrden wir die Beobachtungen, uͤber das Spiel unſerer
Gedanken und die daraus zu ſchoͤpfende Naturgeſetze des
denkenden Selbſt, auch zu Huͤlfe nehmen: ſo wuͤrde eine
empiriſche Pſychologie entſpringen, welche eine Art der
Phyſiologie des inneren Sinnes ſeyn wuͤrde und vielleicht
die Erſcheinungen deſſelben zu erklaͤren, niemals aber dazu
dienen koͤnte, ſolche Eigenſchaften, die gar nicht zur moͤg-
lichen Erfahrung gehoͤren (als die des Einfachen) zu er-
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keine rationale Pſychologie.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/377>, abgerufen am 24.11.2024.
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