und Beziehung auf irgend einen Gegenstand haben können, diese Bedingung aber aus der reinen Categorie weggelassen worden, da diese denn nichts, als die logische Function enthalten kan, das Mannigfaltige unter einen Begriff zu bringen. Aus dieser Function d. i. der Form des Begriffs allein kan aber gar nichts erkant und unterschieden werden, welches Obiect darunter gehöre, weil eben von der sinnli- chen Bedingung, unter der überhaupt Gegenstände unter sie gehören können, abstrahirt worden. Daher bedürfen die Categorien, noch über den reinen Verstandesbegriff, Bestim- mungen ihrer Anwendung auf Sinnlichkeit überhaupt (Sche- ma) und sind ohne diese keine Begriffe, wodurch ein Gegen- stand erkant, und von andern unterschieden würde, sondern nur so viel Arten, einen Gegenstand zu möglichen Anschauun- gen zu denken, und ihm nach irgend einer Function des Verstandes seine Bedeutung (unter noch erforderlichen Be- dingungen) zu geben, d. i. ihn zu definiren: selbst kön- nen sie also nicht definirt werden. Die logische Functio- nen der Urtheile überhaupt: Einheit und Vielheit, Beia- hung und Verneinung, Subiect und Prädicat können, ohne einen Cirkel zu begehen, nicht definirt werden, weil die Definition doch selbst ein Urtheil seyn, und also diese Fun- ctionen schon enthalten müßte. Die reine Categorien sind aber nichts anders als Vorstellungen der Dinge überhaupt, so fern das Mannigfaltige ihrer Anschauung durch eine oder andere dieser logischen Functionen gedacht werden muß: Grösse ist die Bestimmung, welche nur durch ein Urtheil, das
Quan-
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III. Hauptſt. Von dem Grunde d. Unterſch. ꝛc.
und Beziehung auf irgend einen Gegenſtand haben koͤnnen, dieſe Bedingung aber aus der reinen Categorie weggelaſſen worden, da dieſe denn nichts, als die logiſche Function enthalten kan, das Mannigfaltige unter einen Begriff zu bringen. Aus dieſer Function d. i. der Form des Begriffs allein kan aber gar nichts erkant und unterſchieden werden, welches Obiect darunter gehoͤre, weil eben von der ſinnli- chen Bedingung, unter der uͤberhaupt Gegenſtaͤnde unter ſie gehoͤren koͤnnen, abſtrahirt worden. Daher beduͤrfen die Categorien, noch uͤber den reinen Verſtandesbegriff, Beſtim- mungen ihrer Anwendung auf Sinnlichkeit uͤberhaupt (Sche- ma) und ſind ohne dieſe keine Begriffe, wodurch ein Gegen- ſtand erkant, und von andern unterſchieden wuͤrde, ſondern nur ſo viel Arten, einen Gegenſtand zu moͤglichen Anſchauun- gen zu denken, und ihm nach irgend einer Function des Verſtandes ſeine Bedeutung (unter noch erforderlichen Be- dingungen) zu geben, d. i. ihn zu definiren: ſelbſt koͤn- nen ſie alſo nicht definirt werden. Die logiſche Functio- nen der Urtheile uͤberhaupt: Einheit und Vielheit, Beia- hung und Verneinung, Subiect und Praͤdicat koͤnnen, ohne einen Cirkel zu begehen, nicht definirt werden, weil die Definition doch ſelbſt ein Urtheil ſeyn, und alſo dieſe Fun- ctionen ſchon enthalten muͤßte. Die reine Categorien ſind aber nichts anders als Vorſtellungen der Dinge uͤberhaupt, ſo fern das Mannigfaltige ihrer Anſchauung durch eine oder andere dieſer logiſchen Functionen gedacht werden muß: Groͤſſe iſt die Beſtimmung, welche nur durch ein Urtheil, das
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III. Hauptſt. Von dem Grunde d. Unterſch. ꝛc.
und Beziehung auf irgend einen Gegenſtand haben koͤnnen,
dieſe Bedingung aber aus der reinen Categorie weggelaſſen
worden, da dieſe denn nichts, als die logiſche Function
enthalten kan, das Mannigfaltige unter einen Begriff zu
bringen. Aus dieſer Function d. i. der Form des Begriffs
allein kan aber gar nichts erkant und unterſchieden werden,
welches Obiect darunter gehoͤre, weil eben von der ſinnli-
chen Bedingung, unter der uͤberhaupt Gegenſtaͤnde unter ſie
gehoͤren koͤnnen, abſtrahirt worden. Daher beduͤrfen die
Categorien, noch uͤber den reinen Verſtandesbegriff, Beſtim-
mungen ihrer Anwendung auf Sinnlichkeit uͤberhaupt (Sche-
ma) und ſind ohne dieſe keine Begriffe, wodurch ein Gegen-
ſtand erkant, und von andern unterſchieden wuͤrde, ſondern
nur ſo viel Arten, einen Gegenſtand zu moͤglichen Anſchauun-
gen zu denken, und ihm nach irgend einer Function des
Verſtandes ſeine Bedeutung (unter noch erforderlichen Be-
dingungen) zu geben, d. i. ihn zu definiren: ſelbſt koͤn-
nen ſie alſo nicht definirt werden. Die logiſche Functio-
nen der Urtheile uͤberhaupt: Einheit und Vielheit, Beia-
hung und Verneinung, Subiect und Praͤdicat koͤnnen, ohne
einen Cirkel zu begehen, nicht definirt werden, weil die
Definition doch ſelbſt ein Urtheil ſeyn, und alſo dieſe Fun-
ctionen ſchon enthalten muͤßte. Die reine Categorien ſind
aber nichts anders als Vorſtellungen der Dinge uͤberhaupt,
ſo fern das Mannigfaltige ihrer Anſchauung durch eine oder
andere dieſer logiſchen Functionen gedacht werden muß:
Groͤſſe iſt die Beſtimmung, welche nur durch ein Urtheil, das
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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