Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
wie eine einzige alles befassende Erfahrung möglich sey, läßt sich aus dem, was gegeben ist, nicht schliessen, und, ohne daß irgend etwas gegeben ist, noch viel weniger; weil ohne Stoff sich überall nichts denken läßt. Was unter Bedingungen, die selbst blos möglich sind, allein möglich ist, ist es nicht in aller Absicht. In dieser aber wird die Frage genommen, wenn man wissen will, ob die Möglichkeit der Dinge sich weiter erstrecke, als Erfahrung reichen kan.
Ich habe dieser Fragen nur Erwähnung gethan, um keine Lücke in demienigen zu lassen, was, der gemeinen Meinung nach, zu den Verstandesbegriffen gehört. In der That ist aber die absolute Möglichkeit (die in aller Ab- sicht gültig ist) kein blosser Verstandesbegriff, und kan auf keinerley Weise von empirischem Gebrauche seyn, sondern er gehört allein der Vernunft zu, die über allen möglichen empirischen Verstandesgebrauch hinausgeht. Daher haben wir uns hiebey mit einer blos critischen Anmerkung be- gnügen müssen, übrigens aber die Sache bis zum weiteren künftigen Verfahren in der Dunkelheit gelassen.
Da ich eben diese vierte Nummer, und, mit ihr, zu- gleich das System aller Grundsätze des reinen Verstandes schliessen will, so muß ich noch Grund angeben, warum ich die Principien der Modalität gerade Postulate genant habe. Ich will diesen Ausdruck hier nicht in der Bedeu- tung nehmen, welche ihm einige neuere philosophische
Ver-
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
wie eine einzige alles befaſſende Erfahrung moͤglich ſey, laͤßt ſich aus dem, was gegeben iſt, nicht ſchlieſſen, und, ohne daß irgend etwas gegeben iſt, noch viel weniger; weil ohne Stoff ſich uͤberall nichts denken laͤßt. Was unter Bedingungen, die ſelbſt blos moͤglich ſind, allein moͤglich iſt, iſt es nicht in aller Abſicht. In dieſer aber wird die Frage genommen, wenn man wiſſen will, ob die Moͤglichkeit der Dinge ſich weiter erſtrecke, als Erfahrung reichen kan.
Ich habe dieſer Fragen nur Erwaͤhnung gethan, um keine Luͤcke in demienigen zu laſſen, was, der gemeinen Meinung nach, zu den Verſtandesbegriffen gehoͤrt. In der That iſt aber die abſolute Moͤglichkeit (die in aller Ab- ſicht guͤltig iſt) kein bloſſer Verſtandesbegriff, und kan auf keinerley Weiſe von empiriſchem Gebrauche ſeyn, ſondern er gehoͤrt allein der Vernunft zu, die uͤber allen moͤglichen empiriſchen Verſtandesgebrauch hinausgeht. Daher haben wir uns hiebey mit einer blos critiſchen Anmerkung be- gnuͤgen muͤſſen, uͤbrigens aber die Sache bis zum weiteren kuͤnftigen Verfahren in der Dunkelheit gelaſſen.
Da ich eben dieſe vierte Nummer, und, mit ihr, zu- gleich das Syſtem aller Grundſaͤtze des reinen Verſtandes ſchlieſſen will, ſo muß ich noch Grund angeben, warum ich die Principien der Modalitaͤt gerade Poſtulate genant habe. Ich will dieſen Ausdruck hier nicht in der Bedeu- tung nehmen, welche ihm einige neuere philoſophiſche
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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
wie eine einzige alles befaſſende Erfahrung moͤglich ſey,
laͤßt ſich aus dem, was gegeben iſt, nicht ſchlieſſen, und,
ohne daß irgend etwas gegeben iſt, noch viel weniger;
weil ohne Stoff ſich uͤberall nichts denken laͤßt. Was unter
Bedingungen, die ſelbſt blos moͤglich ſind, allein moͤglich iſt,
iſt es nicht in aller Abſicht. In dieſer aber wird die Frage
genommen, wenn man wiſſen will, ob die Moͤglichkeit der
Dinge ſich weiter erſtrecke, als Erfahrung reichen kan.
Ich habe dieſer Fragen nur Erwaͤhnung gethan, um
keine Luͤcke in demienigen zu laſſen, was, der gemeinen
Meinung nach, zu den Verſtandesbegriffen gehoͤrt. In
der That iſt aber die abſolute Moͤglichkeit (die in aller Ab-
ſicht guͤltig iſt) kein bloſſer Verſtandesbegriff, und kan auf
keinerley Weiſe von empiriſchem Gebrauche ſeyn, ſondern
er gehoͤrt allein der Vernunft zu, die uͤber allen moͤglichen
empiriſchen Verſtandesgebrauch hinausgeht. Daher haben
wir uns hiebey mit einer blos critiſchen Anmerkung be-
gnuͤgen muͤſſen, uͤbrigens aber die Sache bis zum weiteren
kuͤnftigen Verfahren in der Dunkelheit gelaſſen.
Da ich eben dieſe vierte Nummer, und, mit ihr, zu-
gleich das Syſtem aller Grundſaͤtze des reinen Verſtandes
ſchlieſſen will, ſo muß ich noch Grund angeben, warum
ich die Principien der Modalitaͤt gerade Poſtulate genant
habe. Ich will dieſen Ausdruck hier nicht in der Bedeu-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/262>, abgerufen am 23.11.2024.
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