Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Haupst.
Grundsätze derselben sich darin von denen zweyen übrigen nahmhaft unterscheiden; indem iene einer intuitiven, diese aber einer blos discursiven, obzwar beyderseits einer völligen Gewißheit fähig sind. Ich werde daher iene die mathe- matische, diese die dynamische Grundsätze nennen. Man wird aber wol bemerken: daß ich hier eben so wenig die Grundsätze der Mathematik in einem Falle, als die Grundsätze der allgemeinen (physischen) Dynamik im an- dern, sondern nur die des reinen Verstandes im Verhält- niß auf den innern Sinn (ohne Unterschied der darin ge- gebenen Vorstellungen) vor Augen habe, dadurch denn iene insgesamt ihre Möglichkeit bekommen. Ich benenne sie also mehr in Betracht der Anwendung, als um ihres In- halts willen, und gehe nun zur Erwägung derselben in der nemlichen Ordnung, wie sie in der Tafel vorgestellt werden.
1. Von den Axiomen der Anschauung.
Grundsatz des reinen Verstandes: Alle Erschei- nungen sind ihrer Anschauung nach extensive Grössen.
Eine extensive Grösse nenne ich dieienige, in welcher die Vorstellung der Theile die Vorstellung des Ganzen mög- lich macht, (und also nothwendig vor dieser vorhergeht). Ich kan mir keine Linie, so klein sie auch sey, vorstellen, ohne sie in Gedanken zuziehen, d. i. von einem Puncte alle
Thei-
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Haupſt.
Grundſaͤtze derſelben ſich darin von denen zweyen uͤbrigen nahmhaft unterſcheiden; indem iene einer intuitiven, dieſe aber einer blos diſcurſiven, obzwar beyderſeits einer voͤlligen Gewißheit faͤhig ſind. Ich werde daher iene die mathe- matiſche, dieſe die dynamiſche Grundſaͤtze nennen. Man wird aber wol bemerken: daß ich hier eben ſo wenig die Grundſaͤtze der Mathematik in einem Falle, als die Grundſaͤtze der allgemeinen (phyſiſchen) Dynamik im an- dern, ſondern nur die des reinen Verſtandes im Verhaͤlt- niß auf den innern Sinn (ohne Unterſchied der darin ge- gebenen Vorſtellungen) vor Augen habe, dadurch denn iene insgeſamt ihre Moͤglichkeit bekommen. Ich benenne ſie alſo mehr in Betracht der Anwendung, als um ihres In- halts willen, und gehe nun zur Erwaͤgung derſelben in der nemlichen Ordnung, wie ſie in der Tafel vorgeſtellt werden.
1. Von den Axiomen der Anſchauung.
Grundſatz des reinen Verſtandes: Alle Erſchei- nungen ſind ihrer Anſchauung nach extenſive Groͤſſen.
Eine extenſive Groͤſſe nenne ich dieienige, in welcher die Vorſtellung der Theile die Vorſtellung des Ganzen moͤg- lich macht, (und alſo nothwendig vor dieſer vorhergeht). Ich kan mir keine Linie, ſo klein ſie auch ſey, vorſtellen, ohne ſie in Gedanken zuziehen, d. i. von einem Puncte alle
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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Haupſt.
Grundſaͤtze derſelben ſich darin von denen zweyen uͤbrigen
nahmhaft unterſcheiden; indem iene einer intuitiven, dieſe
aber einer blos diſcurſiven, obzwar beyderſeits einer voͤlligen
Gewißheit faͤhig ſind. Ich werde daher iene die mathe-
matiſche, dieſe die dynamiſche Grundſaͤtze nennen. Man
wird aber wol bemerken: daß ich hier eben ſo wenig die
Grundſaͤtze der Mathematik in einem Falle, als die
Grundſaͤtze der allgemeinen (phyſiſchen) Dynamik im an-
dern, ſondern nur die des reinen Verſtandes im Verhaͤlt-
niß auf den innern Sinn (ohne Unterſchied der darin ge-
gebenen Vorſtellungen) vor Augen habe, dadurch denn iene
insgeſamt ihre Moͤglichkeit bekommen. Ich benenne ſie
alſo mehr in Betracht der Anwendung, als um ihres In-
halts willen, und gehe nun zur Erwaͤgung derſelben in
der nemlichen Ordnung, wie ſie in der Tafel vorgeſtellt
werden.
1.
Von den
Axiomen der Anſchauung.
Grundſatz des reinen Verſtandes: Alle Erſchei-
nungen ſind ihrer Anſchauung nach extenſive Groͤſſen.
Eine extenſive Groͤſſe nenne ich dieienige, in welcher
die Vorſtellung der Theile die Vorſtellung des Ganzen moͤg-
lich macht, (und alſo nothwendig vor dieſer vorhergeht).
Ich kan mir keine Linie, ſo klein ſie auch ſey, vorſtellen,
ohne ſie in Gedanken zuziehen, d. i. von einem Puncte alle
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/192>, abgerufen am 21.11.2024.
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