unserer Anschauung Gegenstände darbiethen, denn die An- schauung bedarf der Functionen des Denkens auf keine Weise.
Gedächte man sich von der Mühsamkeit dieser Unter- suchungen dadurch loszuwickeln, daß man sagte: Die Erfahrung böte unabläßig Beyspiele einer solchen Regel- mäßigkeit der Erscheinungen dar, die genugsam Anlaß ge- ben, den Begriff der Ursache davon abzusondern, und da- durch zugleich die obiective Gültigkeit eines solchen Begriffs zu bewähren, so bemerkt man nicht, daß auf diese Weise der Begriff der Ursache gar nicht entspringen kan, sondern daß er entweder völlig a priori im Verstande müsse ge- gründet seyn, oder als ein blosses Hirngespinst gänzlich aufgegeben werden müsse. Denn dieser Begriff erfordert durchaus, daß etwas A von der Art sey, daß ein anderes B daraus nothwendig und nach einer schlechthin allge- meinen Regel folge. Erscheinungen geben gar wol Fälle an die Hand, aus denen eine Regel möglich ist, nach der etwas gewöhnlicher massen geschieht, aber niemals, daß der Erfolg nothwendig sey: daher der Synthesis der Ur- sache und Wirkung auch eine Dignität anhängt, die man gar nicht empirisch ausdrücken kan, nemlich, daß die Wirkung nicht blos zu der Ursache hinzu komme, sondern durch dieselbe gesezt sey, und aus ihr erfolge. Die stren- ge Allgemeinheit der Regel ist auch gar keine Eigenschaft empirischer Regeln, die durch Induction keine andere als
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I. Abſch. Von den Princip. einer Transſc. Deduct.
unſerer Anſchauung Gegenſtaͤnde darbiethen, denn die An- ſchauung bedarf der Functionen des Denkens auf keine Weiſe.
Gedaͤchte man ſich von der Muͤhſamkeit dieſer Unter- ſuchungen dadurch loszuwickeln, daß man ſagte: Die Erfahrung boͤte unablaͤßig Beyſpiele einer ſolchen Regel- maͤßigkeit der Erſcheinungen dar, die genugſam Anlaß ge- ben, den Begriff der Urſache davon abzuſondern, und da- durch zugleich die obiective Guͤltigkeit eines ſolchen Begriffs zu bewaͤhren, ſo bemerkt man nicht, daß auf dieſe Weiſe der Begriff der Urſache gar nicht entſpringen kan, ſondern daß er entweder voͤllig a priori im Verſtande muͤſſe ge- gruͤndet ſeyn, oder als ein bloſſes Hirngeſpinſt gaͤnzlich aufgegeben werden muͤſſe. Denn dieſer Begriff erfordert durchaus, daß etwas A von der Art ſey, daß ein anderes B daraus nothwendig und nach einer ſchlechthin allge- meinen Regel folge. Erſcheinungen geben gar wol Faͤlle an die Hand, aus denen eine Regel moͤglich iſt, nach der etwas gewoͤhnlicher maſſen geſchieht, aber niemals, daß der Erfolg nothwendig ſey: daher der Syntheſis der Ur- ſache und Wirkung auch eine Dignitaͤt anhaͤngt, die man gar nicht empiriſch ausdruͤcken kan, nemlich, daß die Wirkung nicht blos zu der Urſache hinzu komme, ſondern durch dieſelbe geſezt ſey, und aus ihr erfolge. Die ſtren- ge Allgemeinheit der Regel iſt auch gar keine Eigenſchaft empiriſcher Regeln, die durch Induction keine andere als
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I. Abſch. Von den Princip. einer Transſc. Deduct.
unſerer Anſchauung Gegenſtaͤnde darbiethen, denn die An-
ſchauung bedarf der Functionen des Denkens auf keine
Weiſe.
Gedaͤchte man ſich von der Muͤhſamkeit dieſer Unter-
ſuchungen dadurch loszuwickeln, daß man ſagte: Die
Erfahrung boͤte unablaͤßig Beyſpiele einer ſolchen Regel-
maͤßigkeit der Erſcheinungen dar, die genugſam Anlaß ge-
ben, den Begriff der Urſache davon abzuſondern, und da-
durch zugleich die obiective Guͤltigkeit eines ſolchen Begriffs
zu bewaͤhren, ſo bemerkt man nicht, daß auf dieſe Weiſe
der Begriff der Urſache gar nicht entſpringen kan, ſondern
daß er entweder voͤllig a priori im Verſtande muͤſſe ge-
gruͤndet ſeyn, oder als ein bloſſes Hirngeſpinſt gaͤnzlich
aufgegeben werden muͤſſe. Denn dieſer Begriff erfordert
durchaus, daß etwas A von der Art ſey, daß ein anderes
B daraus nothwendig und nach einer ſchlechthin allge-
meinen Regel folge. Erſcheinungen geben gar wol Faͤlle
an die Hand, aus denen eine Regel moͤglich iſt, nach der
etwas gewoͤhnlicher maſſen geſchieht, aber niemals, daß
der Erfolg nothwendig ſey: daher der Syntheſis der Ur-
ſache und Wirkung auch eine Dignitaͤt anhaͤngt, die man
gar nicht empiriſch ausdruͤcken kan, nemlich, daß die
Wirkung nicht blos zu der Urſache hinzu komme, ſondern
durch dieſelbe geſezt ſey, und aus ihr erfolge. Die ſtren-
ge Allgemeinheit der Regel iſt auch gar keine Eigenſchaft
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/121>, abgerufen am 24.11.2024.
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