Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II. Hauptst.
liegt, daß sie sich auf ihre Gegenstände beziehen, ohne et- was zu deren Vorstellung aus der Erfahrung entlehnt zu haben. Wenn also eine Deduction derselben nöthig ist, so wird sie iederzeit transscendental seyn müssen.
Indessen kan man von diesen Begriffen, wie von allem Erkentniß, wo nicht das Principium ihrer Möglich- keit, doch die Gelegenheitsursachen ihrer Erzeugung in der Erfahrung aufsuchen, wo alsdenn die Eindrücke der Sin- ne den ersten Anlaß geben, die ganze Erkentnißkraft in Ansehung ihrer zu eröfnen, und Erfahrung zu Stande zu bringen, die zwey sehr ungleichartige Elemente enthält, nemlich, eine Materie zur Erkentniß aus den Sinnen, und eine gewisse Form, sie zu ordnen, aus dem innern Quell des reinen Anschauens und Denkens, die, bey Ge- legenheit der ersteren, zuerst in Ausübung gebracht wer- den, und Begriffe hervorbringen. Ein solches Nach- spühren der ersten Bestrebungen unserer Erkentnißkraft, um von einzelnen Wahrnehmungen zu allgemeinen Be- griffen zu steigen, hat ohne Zweifel seinen grossen Nutzen, und man hat es dem berühmten Locke zu verdanken, daß er dazu zuerst den Weg eröfnet hat. Allein eine Deduction der reinen Begriffe a priori komt dadurch niemals zu Stande, denn sie liegt ganz und gar nicht auf diesem We- ge, weil in Ansehung ihres künftigen Gebrauchs, der von der Erfahrung gänzlich unabhängig seyn soll, sie einen ganz andern Geburtsbrief, als den der Abstammung von Er- fahrungen, müssen aufzuzeigen haben. Diese versuchte
physi-
Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II. Hauptſt.
liegt, daß ſie ſich auf ihre Gegenſtaͤnde beziehen, ohne et- was zu deren Vorſtellung aus der Erfahrung entlehnt zu haben. Wenn alſo eine Deduction derſelben noͤthig iſt, ſo wird ſie iederzeit transſcendental ſeyn muͤſſen.
Indeſſen kan man von dieſen Begriffen, wie von allem Erkentniß, wo nicht das Principium ihrer Moͤglich- keit, doch die Gelegenheitsurſachen ihrer Erzeugung in der Erfahrung aufſuchen, wo alsdenn die Eindruͤcke der Sin- ne den erſten Anlaß geben, die ganze Erkentnißkraft in Anſehung ihrer zu eroͤfnen, und Erfahrung zu Stande zu bringen, die zwey ſehr ungleichartige Elemente enthaͤlt, nemlich, eine Materie zur Erkentniß aus den Sinnen, und eine gewiſſe Form, ſie zu ordnen, aus dem innern Quell des reinen Anſchauens und Denkens, die, bey Ge- legenheit der erſteren, zuerſt in Ausuͤbung gebracht wer- den, und Begriffe hervorbringen. Ein ſolches Nach- ſpuͤhren der erſten Beſtrebungen unſerer Erkentnißkraft, um von einzelnen Wahrnehmungen zu allgemeinen Be- griffen zu ſteigen, hat ohne Zweifel ſeinen groſſen Nutzen, und man hat es dem beruͤhmten Locke zu verdanken, daß er dazu zuerſt den Weg eroͤfnet hat. Allein eine Deduction der reinen Begriffe a priori komt dadurch niemals zu Stande, denn ſie liegt ganz und gar nicht auf dieſem We- ge, weil in Anſehung ihres kuͤnftigen Gebrauchs, der von der Erfahrung gaͤnzlich unabhaͤngig ſeyn ſoll, ſie einen ganz andern Geburtsbrief, als den der Abſtammung von Er- fahrungen, muͤſſen aufzuzeigen haben. Dieſe verſuchte
phyſi-
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Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II. Hauptſt.
liegt, daß ſie ſich auf ihre Gegenſtaͤnde beziehen, ohne et-
was zu deren Vorſtellung aus der Erfahrung entlehnt zu
haben. Wenn alſo eine Deduction derſelben noͤthig iſt,
ſo wird ſie iederzeit transſcendental ſeyn muͤſſen.
Indeſſen kan man von dieſen Begriffen, wie von
allem Erkentniß, wo nicht das Principium ihrer Moͤglich-
keit, doch die Gelegenheitsurſachen ihrer Erzeugung in der
Erfahrung aufſuchen, wo alsdenn die Eindruͤcke der Sin-
ne den erſten Anlaß geben, die ganze Erkentnißkraft in
Anſehung ihrer zu eroͤfnen, und Erfahrung zu Stande
zu bringen, die zwey ſehr ungleichartige Elemente enthaͤlt,
nemlich, eine Materie zur Erkentniß aus den Sinnen,
und eine gewiſſe Form, ſie zu ordnen, aus dem innern
Quell des reinen Anſchauens und Denkens, die, bey Ge-
legenheit der erſteren, zuerſt in Ausuͤbung gebracht wer-
den, und Begriffe hervorbringen. Ein ſolches Nach-
ſpuͤhren der erſten Beſtrebungen unſerer Erkentnißkraft,
um von einzelnen Wahrnehmungen zu allgemeinen Be-
griffen zu ſteigen, hat ohne Zweifel ſeinen groſſen Nutzen,
und man hat es dem beruͤhmten Locke zu verdanken, daß
er dazu zuerſt den Weg eroͤfnet hat. Allein eine Deduction
der reinen Begriffe a priori komt dadurch niemals zu
Stande, denn ſie liegt ganz und gar nicht auf dieſem We-
ge, weil in Anſehung ihres kuͤnftigen Gebrauchs, der von
der Erfahrung gaͤnzlich unabhaͤngig ſeyn ſoll, ſie einen ganz
andern Geburtsbrief, als den der Abſtammung von Er-
fahrungen, muͤſſen aufzuzeigen haben. Dieſe verſuchte
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/116>, abgerufen am 22.11.2024.
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