ung; die Synthesis dieses Mannigfaltigen durch die Ein- bildungskraft ist das zweyte, giebt aber noch keine Er- kentniß. Die Begriffe, welche dieser reinen Synthesis Einheit geben, und lediglich in der Vorstellung dieser noth- wendigen synthetischen Einheit bestehen, thun das dritte zum Erkentnisse eines vorkommenden Gegenstandes, und beruhen auf dem Verstande.
Dieselbe Function, welche den verschiedenen Vorstel- lungen in einem Urtheile Einheit giebt, die giebt auch der blossen Synthesis verschiedener Vorstellungen in einer Anschauung Einheit, welche, allgemein ausgedrukt, der reine Verstandesbegriff heißt. Derselbe Verstand also, und zwar durch eben dieselbe Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelst der analytischen Einheit, die logi- sche Form eines Urtheils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Anschauung überhaupt, in seine Vorstellungen einen transscendentalen Inhalt, weswegen sie reine Verstandes- begriffe heissen, die a priori auf Obiecte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kan.
Auf solche Weise entspringen gerade so viel reine Verstandesbegriffe, welche a priori auf Gegenstände der Anschauung überhaupt gehen, als es in der vorigen Ta- fel logische Functionen in allen möglichen Urtheilen gab: denn der Verstand ist durch gedachte Functionen völlig erschöpft, und sein Vermögen dadurch gänzlich ausgemes- sen. Wir wollen diese Begriffe, nach dem Aristoteles,
Cate-
III. Abſch. Von den reinen Verſtbegr. oder Categ.
ung; die Syntheſis dieſes Mannigfaltigen durch die Ein- bildungskraft iſt das zweyte, giebt aber noch keine Er- kentniß. Die Begriffe, welche dieſer reinen Syntheſis Einheit geben, und lediglich in der Vorſtellung dieſer noth- wendigen ſynthetiſchen Einheit beſtehen, thun das dritte zum Erkentniſſe eines vorkommenden Gegenſtandes, und beruhen auf dem Verſtande.
Dieſelbe Function, welche den verſchiedenen Vorſtel- lungen in einem Urtheile Einheit giebt, die giebt auch der bloſſen Syntheſis verſchiedener Vorſtellungen in einer Anſchauung Einheit, welche, allgemein ausgedrukt, der reine Verſtandesbegriff heißt. Derſelbe Verſtand alſo, und zwar durch eben dieſelbe Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelſt der analytiſchen Einheit, die logi- ſche Form eines Urtheils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelſt der ſynthetiſchen Einheit des Mannigfaltigen in der Anſchauung uͤberhaupt, in ſeine Vorſtellungen einen transſcendentalen Inhalt, weswegen ſie reine Verſtandes- begriffe heiſſen, die a priori auf Obiecte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leiſten kan.
Auf ſolche Weiſe entſpringen gerade ſo viel reine Verſtandesbegriffe, welche a priori auf Gegenſtaͤnde der Anſchauung uͤberhaupt gehen, als es in der vorigen Ta- fel logiſche Functionen in allen moͤglichen Urtheilen gab: denn der Verſtand iſt durch gedachte Functionen voͤllig erſchoͤpft, und ſein Vermoͤgen dadurch gaͤnzlich ausgemeſ- ſen. Wir wollen dieſe Begriffe, nach dem Ariſtoteles,
Cate-
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III. Abſch. Von den reinen Verſtbegr. oder Categ.
ung; die Syntheſis dieſes Mannigfaltigen durch die Ein-
bildungskraft iſt das zweyte, giebt aber noch keine Er-
kentniß. Die Begriffe, welche dieſer reinen Syntheſis
Einheit geben, und lediglich in der Vorſtellung dieſer noth-
wendigen ſynthetiſchen Einheit beſtehen, thun das dritte
zum Erkentniſſe eines vorkommenden Gegenſtandes, und
beruhen auf dem Verſtande.
Dieſelbe Function, welche den verſchiedenen Vorſtel-
lungen in einem Urtheile Einheit giebt, die giebt auch
der bloſſen Syntheſis verſchiedener Vorſtellungen in einer
Anſchauung Einheit, welche, allgemein ausgedrukt, der
reine Verſtandesbegriff heißt. Derſelbe Verſtand alſo,
und zwar durch eben dieſelbe Handlungen, wodurch er
in Begriffen, vermittelſt der analytiſchen Einheit, die logi-
ſche Form eines Urtheils zu Stande brachte, bringt auch,
vermittelſt der ſynthetiſchen Einheit des Mannigfaltigen in
der Anſchauung uͤberhaupt, in ſeine Vorſtellungen einen
transſcendentalen Inhalt, weswegen ſie reine Verſtandes-
begriffe heiſſen, die a priori auf Obiecte gehen, welches
die allgemeine Logik nicht leiſten kan.
Auf ſolche Weiſe entſpringen gerade ſo viel reine
Verſtandesbegriffe, welche a priori auf Gegenſtaͤnde der
Anſchauung uͤberhaupt gehen, als es in der vorigen Ta-
fel logiſche Functionen in allen moͤglichen Urtheilen gab:
denn der Verſtand iſt durch gedachte Functionen voͤllig
erſchoͤpft, und ſein Vermoͤgen dadurch gaͤnzlich ausgemeſ-
ſen. Wir wollen dieſe Begriffe, nach dem Ariſtoteles,
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/109>, abgerufen am 25.11.2024.
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