der rein. Vern. in Best. des Begr. vom höchst. Gut.
die Art, wie wir uns eine solche Harmonie der Ra- turgesetze mit denen der Freyheit denken sollen, hat et- was an sich, in Ansehung dessen uns eine Wahl zu- kommt, weil theoretische Vernunft hierüber nichts mit apodictischer Gewißheit entscheidet, und, in Ansehung dieser, kann es ein moralisches Interesse geben, das den Ausschlag giebt.
Oben hatte ich gesagt, daß, nach einem bloßen Naturgange in der Welt, die genau dem sittlichen Wer- the angemessene Glückseligkeit nicht zu erwarten und für unmöglich zu halten sey, und daß also die Möglich- keit des höchsten Guts, von dieser Seite, nur unter Voraussetzung eines moralischen Welturhebers könne eingeräumt werden. Ich hielt mit Vorbedacht mit der Einschränkung dieses Urtheils auf die subjectiven Bedingungen unserer Vernunft zurück, um nur dann allererst, wenn die Art ihres Fürwahrhaltens näher bestimmt werden sollte, davon Gebrauch zu machen. In der That ist die genannte Unmöglichkeit blos sub- jectiv, d. i. unsere Vernunft findet es ihr unmöglich, sich einen so genau angemessenen und durchgängig zweck- mäßigen Zusammenhang, zwischen zwey nach so ver- schiedenen Gesetzen sich eräugnenden Weltbegebenheiten, nach einem bloßen Naturlaufe, begreiflich zu machen; ob sie zwar, wie bey allem, was sonst in der Natur zweckmäßiges ist, die Unmöglichkeit desselben nach all-
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der rein. Vern. in Beſt. des Begr. vom hoͤchſt. Gut.
die Art, wie wir uns eine ſolche Harmonie der Ra- turgeſetze mit denen der Freyheit denken ſollen, hat et- was an ſich, in Anſehung deſſen uns eine Wahl zu- kommt, weil theoretiſche Vernunft hieruͤber nichts mit apodictiſcher Gewißheit entſcheidet, und, in Anſehung dieſer, kann es ein moraliſches Intereſſe geben, das den Ausſchlag giebt.
Oben hatte ich geſagt, daß, nach einem bloßen Naturgange in der Welt, die genau dem ſittlichen Wer- the angemeſſene Gluͤckſeligkeit nicht zu erwarten und fuͤr unmoͤglich zu halten ſey, und daß alſo die Moͤglich- keit des hoͤchſten Guts, von dieſer Seite, nur unter Vorausſetzung eines moraliſchen Welturhebers koͤnne eingeraͤumt werden. Ich hielt mit Vorbedacht mit der Einſchraͤnkung dieſes Urtheils auf die ſubjectiven Bedingungen unſerer Vernunft zuruͤck, um nur dann allererſt, wenn die Art ihres Fuͤrwahrhaltens naͤher beſtimmt werden ſollte, davon Gebrauch zu machen. In der That iſt die genannte Unmoͤglichkeit blos ſub- jectiv, d. i. unſere Vernunft findet es ihr unmoͤglich, ſich einen ſo genau angemeſſenen und durchgaͤngig zweck- maͤßigen Zuſammenhang, zwiſchen zwey nach ſo ver- ſchiedenen Geſetzen ſich eraͤugnenden Weltbegebenheiten, nach einem bloßen Naturlaufe, begreiflich zu machen; ob ſie zwar, wie bey allem, was ſonſt in der Natur zweckmaͤßiges iſt, die Unmoͤglichkeit deſſelben nach all-
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der rein. Vern. in Beſt. des Begr. vom hoͤchſt. Gut.
die Art, wie wir uns eine ſolche Harmonie der Ra-
turgeſetze mit denen der Freyheit denken ſollen, hat et-
was an ſich, in Anſehung deſſen uns eine Wahl zu-
kommt, weil theoretiſche Vernunft hieruͤber nichts mit
apodictiſcher Gewißheit entſcheidet, und, in Anſehung
dieſer, kann es ein moraliſches Intereſſe geben, das
den Ausſchlag giebt.
Oben hatte ich geſagt, daß, nach einem bloßen
Naturgange in der Welt, die genau dem ſittlichen Wer-
the angemeſſene Gluͤckſeligkeit nicht zu erwarten und
fuͤr unmoͤglich zu halten ſey, und daß alſo die Moͤglich-
keit des hoͤchſten Guts, von dieſer Seite, nur unter
Vorausſetzung eines moraliſchen Welturhebers koͤnne
eingeraͤumt werden. Ich hielt mit Vorbedacht mit
der Einſchraͤnkung dieſes Urtheils auf die ſubjectiven
Bedingungen unſerer Vernunft zuruͤck, um nur dann
allererſt, wenn die Art ihres Fuͤrwahrhaltens naͤher
beſtimmt werden ſollte, davon Gebrauch zu machen.
In der That iſt die genannte Unmoͤglichkeit blos ſub-
jectiv, d. i. unſere Vernunft findet es ihr unmoͤglich,
ſich einen ſo genau angemeſſenen und durchgaͤngig zweck-
maͤßigen Zuſammenhang, zwiſchen zwey nach ſo ver-
ſchiedenen Geſetzen ſich eraͤugnenden Weltbegebenheiten,
nach einem bloßen Naturlaufe, begreiflich zu machen;
ob ſie zwar, wie bey allem, was ſonſt in der Natur
zweckmaͤßiges iſt, die Unmoͤglichkeit deſſelben nach all-
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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/269>, abgerufen am 16.07.2024.
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