Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.I. Th. I. B. III. Hauptst. Von den Triebfedern lungen, als Begebenheiten der Sinnenwelt, konntenwir diese Verknüpfung nicht anzutreffen hoffen, weil die Causalität durch Freyheit immer außer der Sinnen- welt im Intelligibelen gesucht werden muß. Andere Dinge, außer den Sinnenwesen, sind uns aber zur Wahrnehmung und Beobachtung nicht gegeben. Also blieb nichts übrig, als daß etwa ein unwidersprechli- cher und zwar objectiver Grundsatz der Causalität, wel- cher alle sinnliche Bedingung von ihrer Bestimmung aus- schließt, d. i. ein Grundsatz, in welchem die Vernunft sich nicht weiter auf etwas Anderes als Bestimmungsgrund in Ansehung der Causalität beruft, sondern den sie durch jenen Grundsatz schon selbst enthält, und wo sie also, als reine Vernunft, selbst practisch ist, gefunden wer- de. Dieser Grundsatz aber bedarf keines Suchens und keiner Erfindung; er ist längst in aller Menschen, Ver- nunft gewesen und ihrem Wesen einverleibt, und ist der Grundsatz der Sittlichkeit. Also ist jene unbeding- te Causalität und das Vermögen derselben, die Freyheit, mit dieser aber ein Wesen (ich selber), welches zur Sin- nenwelt gehört, doch zugleich als zur intelligibelen gehö- rig nicht blos unbestimmt und problematisch gedacht, (welches schon die speculative Vernunft als thunlich aus- mitteln konnte) sondern sogar in Ansehung des Gese- tzes ihrer Causalität bestimmt und assertorisch erkannt, und so uns die Wirklichkeit der intelligibelen Welt, und zwar in practischer Rücksicht bestimmt, gegeben wor- den,
I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern lungen, als Begebenheiten der Sinnenwelt, konntenwir dieſe Verknuͤpfung nicht anzutreffen hoffen, weil die Cauſalitaͤt durch Freyheit immer außer der Sinnen- welt im Intelligibelen geſucht werden muß. Andere Dinge, außer den Sinnenweſen, ſind uns aber zur Wahrnehmung und Beobachtung nicht gegeben. Alſo blieb nichts uͤbrig, als daß etwa ein unwiderſprechli- cher und zwar objectiver Grundſatz der Cauſalitaͤt, wel- cher alle ſinnliche Bedingung von ihrer Beſtimmung aus- ſchließt, d. i. ein Grundſatz, in welchem die Vernunft ſich nicht weiter auf etwas Anderes als Beſtimmungsgrund in Anſehung der Cauſalitaͤt beruft, ſondern den ſie durch jenen Grundſatz ſchon ſelbſt enthaͤlt, und wo ſie alſo, als reine Vernunft, ſelbſt practiſch iſt, gefunden wer- de. Dieſer Grundſatz aber bedarf keines Suchens und keiner Erfindung; er iſt laͤngſt in aller Menſchen, Ver- nunft geweſen und ihrem Weſen einverleibt, und iſt der Grundſatz der Sittlichkeit. Alſo iſt jene unbeding- te Cauſalitaͤt und das Vermoͤgen derſelben, die Freyheit, mit dieſer aber ein Weſen (ich ſelber), welches zur Sin- nenwelt gehoͤrt, doch zugleich als zur intelligibelen gehoͤ- rig nicht blos unbeſtimmt und problematiſch gedacht, (welches ſchon die ſpeculative Vernunft als thunlich aus- mitteln konnte) ſondern ſogar in Anſehung des Geſe- tzes ihrer Cauſalitaͤt beſtimmt und aſſertoriſch erkannt, und ſo uns die Wirklichkeit der intelligibelen Welt, und zwar in practiſcher Ruͤckſicht beſtimmt, gegeben wor- den,
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I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern
lungen, als Begebenheiten der Sinnenwelt, konnten
wir dieſe Verknuͤpfung nicht anzutreffen hoffen, weil
die Cauſalitaͤt durch Freyheit immer außer der Sinnen-
welt im Intelligibelen geſucht werden muß. Andere
Dinge, außer den Sinnenweſen, ſind uns aber zur
Wahrnehmung und Beobachtung nicht gegeben. Alſo
blieb nichts uͤbrig, als daß etwa ein unwiderſprechli-
cher und zwar objectiver Grundſatz der Cauſalitaͤt, wel-
cher alle ſinnliche Bedingung von ihrer Beſtimmung aus-
ſchließt, d. i. ein Grundſatz, in welchem die Vernunft ſich
nicht weiter auf etwas Anderes als Beſtimmungsgrund
in Anſehung der Cauſalitaͤt beruft, ſondern den ſie durch
jenen Grundſatz ſchon ſelbſt enthaͤlt, und wo ſie alſo,
als reine Vernunft, ſelbſt practiſch iſt, gefunden wer-
de. Dieſer Grundſatz aber bedarf keines Suchens und
keiner Erfindung; er iſt laͤngſt in aller Menſchen, Ver-
nunft geweſen und ihrem Weſen einverleibt, und iſt
der Grundſatz der Sittlichkeit. Alſo iſt jene unbeding-
te Cauſalitaͤt und das Vermoͤgen derſelben, die Freyheit,
mit dieſer aber ein Weſen (ich ſelber), welches zur Sin-
nenwelt gehoͤrt, doch zugleich als zur intelligibelen gehoͤ-
rig nicht blos unbeſtimmt und problematiſch gedacht,
(welches ſchon die ſpeculative Vernunft als thunlich aus-
mitteln konnte) ſondern ſogar in Anſehung des Geſe-
tzes ihrer Cauſalitaͤt beſtimmt und aſſertoriſch erkannt,
und ſo uns die Wirklichkeit der intelligibelen Welt, und
zwar in practiſcher Ruͤckſicht beſtimmt, gegeben wor-
den,
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