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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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Art sind, Lieblosigkeit, Kargheit, Trägheit (Weichlichkeit).

Die Tugenden sind entweder Tugenden des Verdienstes, oder blos der Schuldigkeit, oder der Unschuld. Zu den erstern gehört, Großmuth (in Selbstüberwindung, sowohl der Rache, als der Gemächlichkeit und der Habsucht), Wohlthätigkeit, Selbstbeherrschung; zu den zweyten, Redlichkeit, Anständigkeit und Friedfertigkeit; zu den dritten endlich; Ehrlichkeit, Sittsamkeit und Genügsamkeit.

Ob aber der Mensch nun von Natur moralisch gut oder böse ist? Keines von beyden, denn er ist von Natur gar kein moralisches Wesen; er wird dieses nur, wenn seine Vernunft sich bis zu den Begriffen der Pflicht und des Gesetzes erhebt. Man kann indessen sagen, daß er ursprünglich Anreize zu allen Lastern in sich habe, denn er hat Neigungen und Instinkte, die ihn anregen, ob ihn gleich die Vernunft zum Gegentheile treibt. Er kann daher nur moralisch gut werden durch Tugend, also aus Selbstzwang, ob er gleich ohne Anreize unschuldig seyn kann.

Laster entspringen meistens daraus, daß der gesittete Zustand der Natur Gewalt thut, und unsere Bestimmung als Menschen ist doch, aus dem rohen Naturstande als Thier, herauszutreten. Vollkommne Kunst wird wieder zur Natur.

Es beruht alles bey der Erziehung darauf, daß man überall die richtigen Gründe aufstelle, und den Kindern begreiflich und annehmlich mache. Sie müssen lernen, die Verabscheuung des Eckels und der Ungereimtheit,

Art sind, Lieblosigkeit, Kargheit, Trägheit (Weichlichkeit).

Die Tugenden sind entweder Tugenden des Verdienstes, oder blos der Schuldigkeit, oder der Unschuld. Zu den erstern gehört, Großmuth (in Selbstüberwindung, sowohl der Rache, als der Gemächlichkeit und der Habsucht), Wohlthätigkeit, Selbstbeherrschung; zu den zweyten, Redlichkeit, Anständigkeit und Friedfertigkeit; zu den dritten endlich; Ehrlichkeit, Sittsamkeit und Genügsamkeit.

Ob aber der Mensch nun von Natur moralisch gut oder böse ist? Keines von beyden, denn er ist von Natur gar kein moralisches Wesen; er wird dieses nur, wenn seine Vernunft sich bis zu den Begriffen der Pflicht und des Gesetzes erhebt. Man kann indessen sagen, daß er ursprünglich Anreize zu allen Lastern in sich habe, denn er hat Neigungen und Instinkte, die ihn anregen, ob ihn gleich die Vernunft zum Gegentheile treibt. Er kann daher nur moralisch gut werden durch Tugend, also aus Selbstzwang, ob er gleich ohne Anreize unschuldig seyn kann.

Laster entspringen meistens daraus, daß der gesittete Zustand der Natur Gewalt thut, und unsere Bestimmung als Menschen ist doch, aus dem rohen Naturstande als Thier, herauszutreten. Vollkommne Kunst wird wieder zur Natur.

Es beruht alles bey der Erziehung darauf, daß man überall die richtigen Gründe aufstelle, und den Kindern begreiflich und annehmlich mache. Sie müssen lernen, die Verabscheuung des Eckels und der Ungereimtheit,

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[90/0090] Art sind, Lieblosigkeit, Kargheit, Trägheit (Weichlichkeit). Die Tugenden sind entweder Tugenden des Verdienstes, oder blos der Schuldigkeit, oder der Unschuld. Zu den erstern gehört, Großmuth (in Selbstüberwindung, sowohl der Rache, als der Gemächlichkeit und der Habsucht), Wohlthätigkeit, Selbstbeherrschung; zu den zweyten, Redlichkeit, Anständigkeit und Friedfertigkeit; zu den dritten endlich; Ehrlichkeit, Sittsamkeit und Genügsamkeit. Ob aber der Mensch nun von Natur moralisch gut oder böse ist? Keines von beyden, denn er ist von Natur gar kein moralisches Wesen; er wird dieses nur, wenn seine Vernunft sich bis zu den Begriffen der Pflicht und des Gesetzes erhebt. Man kann indessen sagen, daß er ursprünglich Anreize zu allen Lastern in sich habe, denn er hat Neigungen und Instinkte, die ihn anregen, ob ihn gleich die Vernunft zum Gegentheile treibt. Er kann daher nur moralisch gut werden durch Tugend, also aus Selbstzwang, ob er gleich ohne Anreize unschuldig seyn kann. Laster entspringen meistens daraus, daß der gesittete Zustand der Natur Gewalt thut, und unsere Bestimmung als Menschen ist doch, aus dem rohen Naturstande als Thier, herauszutreten. Vollkommne Kunst wird wieder zur Natur. Es beruht alles bey der Erziehung darauf, daß man überall die richtigen Gründe aufstelle, und den Kindern begreiflich und annehmlich mache. Sie müssen lernen, die Verabscheuung des Eckels und der Ungereimtheit,

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/90>, abgerufen am 25.11.2024.