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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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Um in den Kindern einen moralischen Charakter zu begründen, müssen wir folgendes merken:

Man muß ihnen die Pflichten, die sie zu erfüllen haben, so viel als möglich, durch Beyspiele und Anordnungen beybringen. Die Pflichten, die das Kind zu thun hat, sind doch nur gewöhnliche Pflichten gegen sich selbst, und gegen Andere. Diese Pflichten müssen also aus der Natur der Seele gezogen werden. Wir haben hier daher näher zu betrachten:

a) Die Pflichten gegen sich selbst. Diese bestehen nicht darin, daß man sich eine herrliche Kleidung anschaffe, prächtige Mahlzeiten halte, u. s. w. obgleich Alles reinlich seyn muß. Nicht darin, daß man seine Begierden und Neigungen zu befriedigen suche, denn man muß im Gegentheile sehr mäßig und enthaltsam seyn, sondern, daß der Mensch in seinem Innern eine gewisse Würde habe, die ihn vor allen Geschöpfen adelt, und seine Pflicht ist es, diese Würde der Menschheit in seiner eigenen Person nicht zu verleugnen.

Die Würde der Menschheit aber verleugnen wir, wenn wir z. E. uns dem Trunke ergeben, unnatürliche Sünden begehen, alle Arten von Unmäßigkeit ausüben, u. s. w. welches Alles den Menschen weit unter die Thiere erniedriget. Ferner, wenn ein Mensch sich kriechend gegen Andere beträgt, immer Complimente macht, um sich durch ein so unwürdiges Benehmen, wie er wähnt, einzuschmeicheln, so ist auch dieses wider die Würde der Menschheit.

Die Würde des Menschen würde sich auch dem Kinde schon an ihm selbst bemerkbar machen lassen,

Um in den Kindern einen moralischen Charakter zu begründen, müssen wir folgendes merken:

Man muß ihnen die Pflichten, die sie zu erfüllen haben, so viel als möglich, durch Beyspiele und Anordnungen beybringen. Die Pflichten, die das Kind zu thun hat, sind doch nur gewöhnliche Pflichten gegen sich selbst, und gegen Andere. Diese Pflichten müssen also aus der Natur der Seele gezogen werden. Wir haben hier daher näher zu betrachten:

a) Die Pflichten gegen sich selbst. Diese bestehen nicht darin, daß man sich eine herrliche Kleidung anschaffe, prächtige Mahlzeiten halte, u. s. w. obgleich Alles reinlich seyn muß. Nicht darin, daß man seine Begierden und Neigungen zu befriedigen suche, denn man muß im Gegentheile sehr mäßig und enthaltsam seyn, sondern, daß der Mensch in seinem Innern eine gewisse Würde habe, die ihn vor allen Geschöpfen adelt, und seine Pflicht ist es, diese Würde der Menschheit in seiner eigenen Person nicht zu verleugnen.

Die Würde der Menschheit aber verleugnen wir, wenn wir z. E. uns dem Trunke ergeben, unnatürliche Sünden begehen, alle Arten von Unmäßigkeit ausüben, u. s. w. welches Alles den Menschen weit unter die Thiere erniedriget. Ferner, wenn ein Mensch sich kriechend gegen Andere beträgt, immer Complimente macht, um sich durch ein so unwürdiges Benehmen, wie er wähnt, einzuschmeicheln, so ist auch dieses wider die Würde der Menschheit.

Die Würde des Menschen würde sich auch dem Kinde schon an ihm selbst bemerkbar machen lassen,

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            <p>a) Die Pflichten gegen sich selbst. Diese bestehen nicht darin, daß man sich eine herrliche Kleidung anschaffe, prächtige Mahlzeiten halte, u. s. w. obgleich Alles reinlich seyn muß. Nicht darin, daß man seine Begierden und Neigungen zu befriedigen suche, denn man muß im Gegentheile sehr mäßig und enthaltsam seyn, sondern, daß der Mensch in seinem Innern eine gewisse Würde habe, die ihn vor allen Geschöpfen adelt, und seine Pflicht ist es, diese Würde der Menschheit in seiner eigenen Person nicht zu verleugnen.</p>
            <p>Die Würde der Menschheit aber verleugnen wir, wenn wir z. E. uns dem Trunke ergeben, unnatürliche Sünden begehen, alle Arten von Unmäßigkeit ausüben, u. s. w. welches Alles den Menschen weit unter die Thiere erniedriget. Ferner, wenn ein Mensch sich kriechend gegen Andere beträgt, immer Complimente macht, um sich durch ein so unwürdiges Benehmen, wie er wähnt, einzuschmeicheln, so ist auch dieses wider die Würde der Menschheit.</p>
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[84/0084] Um in den Kindern einen moralischen Charakter zu begründen, müssen wir folgendes merken: Man muß ihnen die Pflichten, die sie zu erfüllen haben, so viel als möglich, durch Beyspiele und Anordnungen beybringen. Die Pflichten, die das Kind zu thun hat, sind doch nur gewöhnliche Pflichten gegen sich selbst, und gegen Andere. Diese Pflichten müssen also aus der Natur der Seele gezogen werden. Wir haben hier daher näher zu betrachten: a) Die Pflichten gegen sich selbst. Diese bestehen nicht darin, daß man sich eine herrliche Kleidung anschaffe, prächtige Mahlzeiten halte, u. s. w. obgleich Alles reinlich seyn muß. Nicht darin, daß man seine Begierden und Neigungen zu befriedigen suche, denn man muß im Gegentheile sehr mäßig und enthaltsam seyn, sondern, daß der Mensch in seinem Innern eine gewisse Würde habe, die ihn vor allen Geschöpfen adelt, und seine Pflicht ist es, diese Würde der Menschheit in seiner eigenen Person nicht zu verleugnen. Die Würde der Menschheit aber verleugnen wir, wenn wir z. E. uns dem Trunke ergeben, unnatürliche Sünden begehen, alle Arten von Unmäßigkeit ausüben, u. s. w. welches Alles den Menschen weit unter die Thiere erniedriget. Ferner, wenn ein Mensch sich kriechend gegen Andere beträgt, immer Complimente macht, um sich durch ein so unwürdiges Benehmen, wie er wähnt, einzuschmeicheln, so ist auch dieses wider die Würde der Menschheit. Die Würde des Menschen würde sich auch dem Kinde schon an ihm selbst bemerkbar machen lassen,

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/84>, abgerufen am 27.04.2024.