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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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außer dem Wasser ist, ein Ey herunter. Nun suche man das Ey zu greifen. Indem man sich bückt, kommen die Füße in die Höhe, und, damit das Wasser nicht in den Mund komme, wird man den Kopf schon in den Nacken legen, und so hat man die rechte Stellung, die zum Schwimmen nöthig ist. Nun darf man nur mit den Händen arbeiten, so schwimmt man. - Es kommt nur darauf an, daß die natürliche Geschicklichkeit kultivirt werde. Oft gehört Information dazu, oft ist das Kind selbst erfindungsreich genug, oder erfindet sich selbst Instrumente.

Was bey der physischen Erziehung, also in Absicht des Körpers, zu beobachten ist, bezieht sich entweder auf den Gebrauch der willkürlichen Bewegung, oder der Organe der Sinne. Bey dem erstern kommt es darauf an, daß sich das Kind immer selbst helfe. Dazu gehört Stärke, Geschicklichkeit, Hurtigkeit, Sicherheit; z. E. daß man auf schmalen Stegen, auf steilen Höhen, wo man eine Tiefe vor sich sieht, auf einer schwankenden Unterlage, gehen könne. Wenn ein Mensch das nicht kann, so ist er auch nicht völlig das, was er seyn könnte. Seit das Dessauische Philantropin hierin mit seinem Muster vorangieng, werden nun auch in andern Instituten mit den Kindern viele Versuche der Art gemacht. Es ist sehr bewunderungswürdig, wenn man liest, wie die Schweizer sich schon von Jugend auf gewöhnen, auf den Gebürgen zu gehen, und zu welcher Fertigkeit sie es darin bringen, so daß sie auf den schmalsten Stegen mit völliger Sicherheit gehen, und über Klüfte springen, bey denen sie es schon nach dem Augenmaße wissen, daß sie gut darüber wegkommen werden. Die meisten Menschen aber fürchten sich vor einem eingebildeten Falle, und diese

außer dem Wasser ist, ein Ey herunter. Nun suche man das Ey zu greifen. Indem man sich bückt, kommen die Füße in die Höhe, und, damit das Wasser nicht in den Mund komme, wird man den Kopf schon in den Nacken legen, und so hat man die rechte Stellung, die zum Schwimmen nöthig ist. Nun darf man nur mit den Händen arbeiten, so schwimmt man. – Es kommt nur darauf an, daß die natürliche Geschicklichkeit kultivirt werde. Oft gehört Information dazu, oft ist das Kind selbst erfindungsreich genug, oder erfindet sich selbst Instrumente.

Was bey der physischen Erziehung, also in Absicht des Körpers, zu beobachten ist, bezieht sich entweder auf den Gebrauch der willkürlichen Bewegung, oder der Organe der Sinne. Bey dem erstern kommt es darauf an, daß sich das Kind immer selbst helfe. Dazu gehört Stärke, Geschicklichkeit, Hurtigkeit, Sicherheit; z. E. daß man auf schmalen Stegen, auf steilen Höhen, wo man eine Tiefe vor sich sieht, auf einer schwankenden Unterlage, gehen könne. Wenn ein Mensch das nicht kann, so ist er auch nicht völlig das, was er seyn könnte. Seit das Dessauische Philantropin hierin mit seinem Muster vorangieng, werden nun auch in andern Instituten mit den Kindern viele Versuche der Art gemacht. Es ist sehr bewunderungswürdig, wenn man liest, wie die Schweizer sich schon von Jugend auf gewöhnen, auf den Gebürgen zu gehen, und zu welcher Fertigkeit sie es darin bringen, so daß sie auf den schmalsten Stegen mit völliger Sicherheit gehen, und über Klüfte springen, bey denen sie es schon nach dem Augenmaße wissen, daß sie gut darüber wegkommen werden. Die meisten Menschen aber fürchten sich vor einem eingebildeten Falle, und diese

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[48/0048] außer dem Wasser ist, ein Ey herunter. Nun suche man das Ey zu greifen. Indem man sich bückt, kommen die Füße in die Höhe, und, damit das Wasser nicht in den Mund komme, wird man den Kopf schon in den Nacken legen, und so hat man die rechte Stellung, die zum Schwimmen nöthig ist. Nun darf man nur mit den Händen arbeiten, so schwimmt man. – Es kommt nur darauf an, daß die natürliche Geschicklichkeit kultivirt werde. Oft gehört Information dazu, oft ist das Kind selbst erfindungsreich genug, oder erfindet sich selbst Instrumente. Was bey der physischen Erziehung, also in Absicht des Körpers, zu beobachten ist, bezieht sich entweder auf den Gebrauch der willkürlichen Bewegung, oder der Organe der Sinne. Bey dem erstern kommt es darauf an, daß sich das Kind immer selbst helfe. Dazu gehört Stärke, Geschicklichkeit, Hurtigkeit, Sicherheit; z. E. daß man auf schmalen Stegen, auf steilen Höhen, wo man eine Tiefe vor sich sieht, auf einer schwankenden Unterlage, gehen könne. Wenn ein Mensch das nicht kann, so ist er auch nicht völlig das, was er seyn könnte. Seit das Dessauische Philantropin hierin mit seinem Muster vorangieng, werden nun auch in andern Instituten mit den Kindern viele Versuche der Art gemacht. Es ist sehr bewunderungswürdig, wenn man liest, wie die Schweizer sich schon von Jugend auf gewöhnen, auf den Gebürgen zu gehen, und zu welcher Fertigkeit sie es darin bringen, so daß sie auf den schmalsten Stegen mit völliger Sicherheit gehen, und über Klüfte springen, bey denen sie es schon nach dem Augenmaße wissen, daß sie gut darüber wegkommen werden. Die meisten Menschen aber fürchten sich vor einem eingebildeten Falle, und diese

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/48>, abgerufen am 26.04.2024.