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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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und Theorie des Himmels.
sen Entfernungen zu sich zieht, durch die schwachen
Grade der Zurückstossung, womit selbige einander
hindern, seitwärts gebeuget in Seitenbewegungen
ausschläget, die den Centralkörper, vermittelst der
Centerfliehkraft, in einem Kreise zu umfassen im
Stande seyn: so erzeugen sich grosse Wirbel von
Theilchen, deren jedes vor sich krumme Linien durch
die Zusammensetzung der anziehenden und der seit-
wärts gelenkten Umwendungskraft beschreibet; wel-
che Arten von Kreisen alle einander durchschneiden,
wozu ihnen ihre grosse Zerstreuung in diesem Rau-
me Platz läßt. Jndessen sind diese auf mancher-
ley Art unter einander streitende Bewegungen na-
türlicher Weise bestrebt, einander zur Gleichheit zu
bringen, das ist, in einen Zustand, da eine Bewe-
gung der andern so wenig als möglich hinderlich
ist. Dieses geschiehet erstlich, indem die Theilchen,
eines des andern Bewegung so lange einschränken,
bis alle nach einer Richtung fortgehen; zweytens,
daß die Partikeln ihre Vertikalbewegung, vermit-
telst der sie sich dem Centro der Attraction nähern,
so lange einschränken, bis sie alle horizontal, d. i.
in parallel laufenden Zirkeln um die Sonne als
ihren Mittelpunkt beweget, einander nicht mehr
durchkreutzen, und durch die Gleichheit der
Schwungskraft mit der senkenden sich in freyen Zir-
kelläufen in der Höhe, da sie schweben, immer er-
halten; so daß endlich nur diejenige Theilchen in
dem Umfange des Raumes schweben bleiben, die
durch ihr Fallen eine Geschwindigkeit, und durch
die Widerstehung der andern eine Richtung bekom-

men

und Theorie des Himmels.
ſen Entfernungen zu ſich zieht, durch die ſchwachen
Grade der Zuruͤckſtoſſung, womit ſelbige einander
hindern, ſeitwaͤrts gebeuget in Seitenbewegungen
ausſchlaͤget, die den Centralkoͤrper, vermittelſt der
Centerfliehkraft, in einem Kreiſe zu umfaſſen im
Stande ſeyn: ſo erzeugen ſich groſſe Wirbel von
Theilchen, deren jedes vor ſich krumme Linien durch
die Zuſammenſetzung der anziehenden und der ſeit-
waͤrts gelenkten Umwendungskraft beſchreibet; wel-
che Arten von Kreiſen alle einander durchſchneiden,
wozu ihnen ihre groſſe Zerſtreuung in dieſem Rau-
me Platz laͤßt. Jndeſſen ſind dieſe auf mancher-
ley Art unter einander ſtreitende Bewegungen na-
tuͤrlicher Weiſe beſtrebt, einander zur Gleichheit zu
bringen, das iſt, in einen Zuſtand, da eine Bewe-
gung der andern ſo wenig als moͤglich hinderlich
iſt. Dieſes geſchiehet erſtlich, indem die Theilchen,
eines des andern Bewegung ſo lange einſchraͤnken,
bis alle nach einer Richtung fortgehen; zweytens,
daß die Partikeln ihre Vertikalbewegung, vermit-
telſt der ſie ſich dem Centro der Attraction naͤhern,
ſo lange einſchraͤnken, bis ſie alle horizontal, d. i.
in parallel laufenden Zirkeln um die Sonne als
ihren Mittelpunkt beweget, einander nicht mehr
durchkreutzen, und durch die Gleichheit der
Schwungskraft mit der ſenkenden ſich in freyen Zir-
kellaͤufen in der Hoͤhe, da ſie ſchweben, immer er-
halten; ſo daß endlich nur diejenige Theilchen in
dem Umfange des Raumes ſchweben bleiben, die
durch ihr Fallen eine Geſchwindigkeit, und durch
die Widerſtehung der andern eine Richtung bekom-

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[31/0099] und Theorie des Himmels. ſen Entfernungen zu ſich zieht, durch die ſchwachen Grade der Zuruͤckſtoſſung, womit ſelbige einander hindern, ſeitwaͤrts gebeuget in Seitenbewegungen ausſchlaͤget, die den Centralkoͤrper, vermittelſt der Centerfliehkraft, in einem Kreiſe zu umfaſſen im Stande ſeyn: ſo erzeugen ſich groſſe Wirbel von Theilchen, deren jedes vor ſich krumme Linien durch die Zuſammenſetzung der anziehenden und der ſeit- waͤrts gelenkten Umwendungskraft beſchreibet; wel- che Arten von Kreiſen alle einander durchſchneiden, wozu ihnen ihre groſſe Zerſtreuung in dieſem Rau- me Platz laͤßt. Jndeſſen ſind dieſe auf mancher- ley Art unter einander ſtreitende Bewegungen na- tuͤrlicher Weiſe beſtrebt, einander zur Gleichheit zu bringen, das iſt, in einen Zuſtand, da eine Bewe- gung der andern ſo wenig als moͤglich hinderlich iſt. Dieſes geſchiehet erſtlich, indem die Theilchen, eines des andern Bewegung ſo lange einſchraͤnken, bis alle nach einer Richtung fortgehen; zweytens, daß die Partikeln ihre Vertikalbewegung, vermit- telſt der ſie ſich dem Centro der Attraction naͤhern, ſo lange einſchraͤnken, bis ſie alle horizontal, d. i. in parallel laufenden Zirkeln um die Sonne als ihren Mittelpunkt beweget, einander nicht mehr durchkreutzen, und durch die Gleichheit der Schwungskraft mit der ſenkenden ſich in freyen Zir- kellaͤufen in der Hoͤhe, da ſie ſchweben, immer er- halten; ſo daß endlich nur diejenige Theilchen in dem Umfange des Raumes ſchweben bleiben, die durch ihr Fallen eine Geſchwindigkeit, und durch die Widerſtehung der andern eine Richtung bekom- men

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/99>, abgerufen am 04.05.2024.