Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.und Theorie des Himmels. rie beraubt, die eine Gemeinschaft des Einflussesauf diese Himmelskörper verursachen, und die Ue- bereinstimmung unter ihren Bewegungen nach sich ziehen könnte. Dieser Umstand ist mit vollkomme- ner Gewißheit ausgemacht, und übertrifft noch, wo möglich, die vorige Wahrscheinlichkeit. Newton, durch diesen Grund bewogen, konnte keine materia- lische Ursache verstatten, die durch ihre Erstreckung in dem Raume des Planetengebäudes die Gemein- schaft der Bewegungen unterhalten sollte. Er be- hauptete, die unmittelbare Hand GOttes habe die- se Anordnung ohne die Anwendung der Kräfte der Natur ausgerichtet. Man siehet bey unpartheyischer Erwegung: sa- allereigentlichsten Verstande könne leer genannt werden. Denn allhier ist genug zu bemerken, daß alle Materie, die etwa in diesem Raume an- zutreffen seyn möchte, viel zu unvermögend sey, als daß sie in Ansehung der bewegten Massen, von denen die Frage ist, einige Wirkung verüben könnte. B 5
und Theorie des Himmels. rie beraubt, die eine Gemeinſchaft des Einfluſſesauf dieſe Himmelskoͤrper verurſachen, und die Ue- bereinſtimmung unter ihren Bewegungen nach ſich ziehen koͤnnte. Dieſer Umſtand iſt mit vollkomme- ner Gewißheit ausgemacht, und uͤbertrifft noch, wo moͤglich, die vorige Wahrſcheinlichkeit. Newton, durch dieſen Grund bewogen, konnte keine materia- liſche Urſache verſtatten, die durch ihre Erſtreckung in dem Raume des Planetengebaͤudes die Gemein- ſchaft der Bewegungen unterhalten ſollte. Er be- hauptete, die unmittelbare Hand GOttes habe die- ſe Anordnung ohne die Anwendung der Kraͤfte der Natur ausgerichtet. Man ſiehet bey unpartheyiſcher Erwegung: ſa- allereigentlichſten Verſtande koͤnne leer genannt werden. Denn allhier iſt genug zu bemerken, daß alle Materie, die etwa in dieſem Raume an- zutreffen ſeyn moͤchte, viel zu unvermoͤgend ſey, als daß ſie in Anſehung der bewegten Maſſen, von denen die Frage iſt, einige Wirkung veruͤben koͤnnte. B 5
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und Theorie des Himmels.
rie beraubt, die eine Gemeinſchaft des Einfluſſes
auf dieſe Himmelskoͤrper verurſachen, und die Ue-
bereinſtimmung unter ihren Bewegungen nach ſich
ziehen koͤnnte. Dieſer Umſtand iſt mit vollkomme-
ner Gewißheit ausgemacht, und uͤbertrifft noch, wo
moͤglich, die vorige Wahrſcheinlichkeit. Newton,
durch dieſen Grund bewogen, konnte keine materia-
liſche Urſache verſtatten, die durch ihre Erſtreckung
in dem Raume des Planetengebaͤudes die Gemein-
ſchaft der Bewegungen unterhalten ſollte. Er be-
hauptete, die unmittelbare Hand GOttes habe die-
ſe Anordnung ohne die Anwendung der Kraͤfte der
Natur ausgerichtet.
Man ſiehet bey unpartheyiſcher Erwegung:
daß die Gruͤnde hier von beyden Seiten gleich ſtark
und beyde einer voͤlligen Gewißheit gleich zu ſchaͤtzen
ſeyn. Es iſt aber eben ſo klar, daß ein Begriff
ſeyn muͤſſe, in welchem dieſe dem Scheine nach wi-
der einander ſtreitende Gruͤnde vereiniget werden
koͤnnen und ſollen, und daß in dieſem Begriffe das
wahre Syſtem zu ſuchen ſey. Wir wollen ihn mit
kurzen Worten anzeigen. Jn der jetzigen Verfaſ-
ſung des Raumes, darin die Kugeln der ganzen
Planetenwelt umlaufen, iſt keine materialiſche Ur-
ſa-
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(*) allereigentlichſten Verſtande koͤnne leer genannt
werden. Denn allhier iſt genug zu bemerken,
daß alle Materie, die etwa in dieſem Raume an-
zutreffen ſeyn moͤchte, viel zu unvermoͤgend ſey,
als daß ſie in Anſehung der bewegten Maſſen, von
denen die Frage iſt, einige Wirkung veruͤben
koͤnnte.
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