Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

und Theorie des Himmels.
braucht zu seyn scheinet, und deren nützliche Anwen-
dung er nicht genugsam beobachtet hat. Er betrachte-
te die Fixsterne nicht als ein ungeordnetes und oh-
ne Absicht zerstreutes Gewimmel, sondern er fand
eine systematische Verfassung im Ganzen, und eine
allgemeine Beziehung dieser Gestirne gegen einen
Hauptplan der Raume, die sie einnehmen.

Wir wollen den Gedanken, den er vorgetra-
gen, zu verbessern und ihm diejenige Wendung zu
ertheilen suchen, dadurch er an wichtigen Folgen
fruchtbar seyn kan, deren völlige Bestätigung den
künftigen Zeiten aufbehalten ist.

Jedermann, der den bestirnten Himmel in ei-
ner heitern Nacht ansiehet, wird denjenigen lichten
Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne,
die daselbst mehr als anderwerts gehäuft seyn, und
durch ihre sich in der grossen Weite verlierende Kent-
lichkeit, ein einförmigtes Licht darstellet, welches
man mit dem Nahmen der Milchstrasse benennet
hat. Es ist zu bewundern, daß die Beobachter des
Himmels durch die Beschaffenheit dieser am Him-
mel kenntlich unterschiedenen Zone nicht längst be-
wogen worden, sonderbare Bestimmungen in der
Lage der Fixsterne daraus abzunehmen. Denn
man siehet ihn die Richtung eines größten Zirkels,
und zwar in ununterbrochenem Zusammenhange,
um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedin-
gungen, die eine so genaue Bestimmung und von
dem Unbestimmten des Ungefehrs so kenntlich un-
terschicdene Merkmale mit sich führen, daß auf-

merk-
A 2

und Theorie des Himmels.
braucht zu ſeyn ſcheinet, und deren nuͤtzliche Anwen-
dung er nicht genugſam beobachtet hat. Er betrachte-
te die Fixſterne nicht als ein ungeordnetes und oh-
ne Abſicht zerſtreutes Gewimmel, ſondern er fand
eine ſyſtematiſche Verfaſſung im Ganzen, und eine
allgemeine Beziehung dieſer Geſtirne gegen einen
Hauptplan der Raume, die ſie einnehmen.

Wir wollen den Gedanken, den er vorgetra-
gen, zu verbeſſern und ihm diejenige Wendung zu
ertheilen ſuchen, dadurch er an wichtigen Folgen
fruchtbar ſeyn kan, deren voͤllige Beſtaͤtigung den
kuͤnftigen Zeiten aufbehalten iſt.

Jedermann, der den beſtirnten Himmel in ei-
ner heitern Nacht anſiehet, wird denjenigen lichten
Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne,
die daſelbſt mehr als anderwerts gehaͤuft ſeyn, und
durch ihre ſich in der groſſen Weite verlierende Kent-
lichkeit, ein einfoͤrmigtes Licht darſtellet, welches
man mit dem Nahmen der Milchſtraſſe benennet
hat. Es iſt zu bewundern, daß die Beobachter des
Himmels durch die Beſchaffenheit dieſer am Him-
mel kenntlich unterſchiedenen Zone nicht laͤngſt be-
wogen worden, ſonderbare Beſtimmungen in der
Lage der Fixſterne daraus abzunehmen. Denn
man ſiehet ihn die Richtung eines groͤßten Zirkels,
und zwar in ununterbrochenem Zuſammenhange,
um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedin-
gungen, die eine ſo genaue Beſtimmung und von
dem Unbeſtimmten des Ungefehrs ſo kenntlich un-
terſchicdene Merkmale mit ſich fuͤhren, daß auf-

merk-
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Theorie des Himmels.</hi></fw><lb/>
braucht zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet, und deren nu&#x0364;tzliche Anwen-<lb/>
dung er nicht genug&#x017F;am beobachtet hat. Er betrachte-<lb/>
te die Fix&#x017F;terne nicht als ein ungeordnetes und oh-<lb/>
ne Ab&#x017F;icht zer&#x017F;treutes Gewimmel, &#x017F;ondern er fand<lb/>
eine &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung im Ganzen, und eine<lb/>
allgemeine Beziehung die&#x017F;er Ge&#x017F;tirne gegen einen<lb/>
Hauptplan der Raume, die &#x017F;ie einnehmen.</p><lb/>
        <p>Wir wollen den Gedanken, den er vorgetra-<lb/>
gen, zu verbe&#x017F;&#x017F;ern und ihm diejenige Wendung zu<lb/>
ertheilen &#x017F;uchen, dadurch er an wichtigen Folgen<lb/>
fruchtbar &#x017F;eyn kan, deren vo&#x0364;llige Be&#x017F;ta&#x0364;tigung den<lb/>
ku&#x0364;nftigen Zeiten aufbehalten i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Jedermann, der den be&#x017F;tirnten Himmel in ei-<lb/>
ner heitern Nacht an&#x017F;iehet, wird denjenigen lichten<lb/>
Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne,<lb/>
die da&#x017F;elb&#x017F;t mehr als anderwerts geha&#x0364;uft &#x017F;eyn, und<lb/>
durch ihre &#x017F;ich in der gro&#x017F;&#x017F;en Weite verlierende Kent-<lb/>
lichkeit, ein einfo&#x0364;rmigtes Licht dar&#x017F;tellet, welches<lb/>
man mit dem Nahmen der <hi rendition="#fr">Milch&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e</hi> benennet<lb/>
hat. Es i&#x017F;t zu bewundern, daß die Beobachter des<lb/>
Himmels durch die Be&#x017F;chaffenheit die&#x017F;er am Him-<lb/>
mel kenntlich unter&#x017F;chiedenen Zone nicht la&#x0364;ng&#x017F;t be-<lb/>
wogen worden, &#x017F;onderbare Be&#x017F;timmungen in der<lb/>
Lage der Fix&#x017F;terne daraus abzunehmen. Denn<lb/>
man &#x017F;iehet ihn die Richtung eines gro&#x0364;ßten Zirkels,<lb/>
und zwar in ununterbrochenem Zu&#x017F;ammenhange,<lb/>
um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedin-<lb/>
gungen, die eine &#x017F;o genaue Be&#x017F;timmung und von<lb/>
dem Unbe&#x017F;timmten des Ungefehrs &#x017F;o kenntlich un-<lb/>
ter&#x017F;chicdene Merkmale mit &#x017F;ich fu&#x0364;hren, daß auf-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">merk-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0071] und Theorie des Himmels. braucht zu ſeyn ſcheinet, und deren nuͤtzliche Anwen- dung er nicht genugſam beobachtet hat. Er betrachte- te die Fixſterne nicht als ein ungeordnetes und oh- ne Abſicht zerſtreutes Gewimmel, ſondern er fand eine ſyſtematiſche Verfaſſung im Ganzen, und eine allgemeine Beziehung dieſer Geſtirne gegen einen Hauptplan der Raume, die ſie einnehmen. Wir wollen den Gedanken, den er vorgetra- gen, zu verbeſſern und ihm diejenige Wendung zu ertheilen ſuchen, dadurch er an wichtigen Folgen fruchtbar ſeyn kan, deren voͤllige Beſtaͤtigung den kuͤnftigen Zeiten aufbehalten iſt. Jedermann, der den beſtirnten Himmel in ei- ner heitern Nacht anſiehet, wird denjenigen lichten Streif gewahr, der durch die Menge der Sterne, die daſelbſt mehr als anderwerts gehaͤuft ſeyn, und durch ihre ſich in der groſſen Weite verlierende Kent- lichkeit, ein einfoͤrmigtes Licht darſtellet, welches man mit dem Nahmen der Milchſtraſſe benennet hat. Es iſt zu bewundern, daß die Beobachter des Himmels durch die Beſchaffenheit dieſer am Him- mel kenntlich unterſchiedenen Zone nicht laͤngſt be- wogen worden, ſonderbare Beſtimmungen in der Lage der Fixſterne daraus abzunehmen. Denn man ſiehet ihn die Richtung eines groͤßten Zirkels, und zwar in ununterbrochenem Zuſammenhange, um den ganzen Himmel einnehmen, zwey Bedin- gungen, die eine ſo genaue Beſtimmung und von dem Unbeſtimmten des Ungefehrs ſo kenntlich un- terſchicdene Merkmale mit ſich fuͤhren, daß auf- merk- A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/71
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/71>, abgerufen am 23.11.2024.