Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgemeine Naturgeschichte
rer Materien, in dem Ausbruche der Flamme nach-
läst; so erkühlet die darüber befindliche Luft einiger
massen, und, indem sie sich zusammenziehet, giebt
sie der daneben befindlichen Platz, mit einer dem
Ueberschusse ihrer Ausspannung gemässen Gewalt,
in ihren Raum zu dringen, um die erloschene
Flamme anzufachen.

Gleichwohl verschlinget alle Flamme immer vie-
le Luft, und es ist kein Zweifel, daß die Feder-
kraft des flüßigen Luftelements, das die Sonne
umgiebet, dadurch in einiger Zeit nicht geringen Nach-
theil erleiden müsse. Wenn man dasjenige, was
Herr Hales hievon, bey der Wirkung der Flamme
in unserer Athmosphäre, durch sorgfältige Versuche
bewähret hat, hier in grossen anwendet; so kan
man die immerwährende Bestrebung der aus der
Flamme gehenden Rauchtheilchen, die Elastieität
der Sonnen Athmosphäre zu zernichten, als einen
Hauptknoten ansehen, dessen Auflösung mit Schwie-
rigkeiten verbunden ist. Denn dadurch, daß die
Flamme, die über der ganzen Fläche der Sonne bren-
net, sich selber die Luft benimmt, die ihr zum Bren-
nen unentbehrlich ist, so ist die Sonne in Gefahr
gar zu verlöschen, wenn der gröste Theil ihrer Ath-
mosphäre verschlungen worden. Es ist wahr, das
Feuer erzeuget auch, durch Auflösung gewisser Ma-
terien, Luft; aber die Versuche beweisen, daß alle-
zeit mehr verschlungen, als erzeuget wird. Zwar,
wenn ein Theil des Sonnenfeuers, unter erstickenden
Dämpfen der Luft, die zu ihrer Erhaltung dienet

berau-

Allgemeine Naturgeſchichte
rer Materien, in dem Ausbruche der Flamme nach-
laͤſt; ſo erkuͤhlet die daruͤber befindliche Luft einiger
maſſen, und, indem ſie ſich zuſammenziehet, giebt
ſie der daneben befindlichen Platz, mit einer dem
Ueberſchuſſe ihrer Ausſpannung gemaͤſſen Gewalt,
in ihren Raum zu dringen, um die erloſchene
Flamme anzufachen.

Gleichwohl verſchlinget alle Flamme immer vie-
le Luft, und es iſt kein Zweifel, daß die Feder-
kraft des fluͤßigen Luftelements, das die Sonne
umgiebet, dadurch in einiger Zeit nicht geringen Nach-
theil erleiden muͤſſe. Wenn man dasjenige, was
Herr Hales hievon, bey der Wirkung der Flamme
in unſerer Athmoſphaͤre, durch ſorgfaͤltige Verſuche
bewaͤhret hat, hier in groſſen anwendet; ſo kan
man die immerwaͤhrende Beſtrebung der aus der
Flamme gehenden Rauchtheilchen, die Elaſtieitaͤt
der Sonnen Athmoſphaͤre zu zernichten, als einen
Hauptknoten anſehen, deſſen Aufloͤſung mit Schwie-
rigkeiten verbunden iſt. Denn dadurch, daß die
Flamme, die uͤber der ganzen Flaͤche der Sonne bren-
net, ſich ſelber die Luft benimmt, die ihr zum Bren-
nen unentbehrlich iſt, ſo iſt die Sonne in Gefahr
gar zu verloͤſchen, wenn der groͤſte Theil ihrer Ath-
moſphaͤre verſchlungen worden. Es iſt wahr, das
Feuer erzeuget auch, durch Aufloͤſung gewiſſer Ma-
terien, Luft; aber die Verſuche beweiſen, daß alle-
zeit mehr verſchlungen, als erzeuget wird. Zwar,
wenn ein Theil des Sonnenfeuers, unter erſtickenden
Daͤmpfen der Luft, die zu ihrer Erhaltung dienet

berau-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0202" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Naturge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
rer Materien, in dem Ausbruche der Flamme nach-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t; &#x017F;o erku&#x0364;hlet die daru&#x0364;ber befindliche Luft einiger<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en, und, indem &#x017F;ie &#x017F;ich zu&#x017F;ammenziehet, giebt<lb/>
&#x017F;ie der daneben befindlichen Platz, mit einer dem<lb/>
Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;e ihrer Aus&#x017F;pannung gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Gewalt,<lb/>
in ihren Raum zu dringen, um die erlo&#x017F;chene<lb/>
Flamme anzufachen.</p><lb/>
            <p>Gleichwohl ver&#x017F;chlinget alle Flamme immer vie-<lb/>
le Luft, und es i&#x017F;t kein Zweifel, daß die Feder-<lb/>
kraft des flu&#x0364;ßigen Luftelements, das die Sonne<lb/>
umgiebet, dadurch in einiger Zeit nicht geringen Nach-<lb/>
theil erleiden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Wenn man dasjenige, was<lb/>
Herr <hi rendition="#fr">Hales</hi> hievon, bey der Wirkung der Flamme<lb/>
in un&#x017F;erer Athmo&#x017F;pha&#x0364;re, durch &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Ver&#x017F;uche<lb/>
bewa&#x0364;hret hat, hier in gro&#x017F;&#x017F;en anwendet; &#x017F;o kan<lb/>
man die immerwa&#x0364;hrende Be&#x017F;trebung der aus der<lb/>
Flamme gehenden Rauchtheilchen, die Ela&#x017F;tieita&#x0364;t<lb/>
der Sonnen Athmo&#x017F;pha&#x0364;re zu zernichten, als einen<lb/>
Hauptknoten an&#x017F;ehen, de&#x017F;&#x017F;en Auflo&#x0364;&#x017F;ung mit Schwie-<lb/>
rigkeiten verbunden i&#x017F;t. Denn dadurch, daß die<lb/>
Flamme, die u&#x0364;ber der ganzen Fla&#x0364;che der Sonne bren-<lb/>
net, &#x017F;ich &#x017F;elber die Luft benimmt, die ihr zum Bren-<lb/>
nen unentbehrlich i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t die Sonne in Gefahr<lb/>
gar zu verlo&#x0364;&#x017F;chen, wenn der gro&#x0364;&#x017F;te Theil ihrer Ath-<lb/>
mo&#x017F;pha&#x0364;re ver&#x017F;chlungen worden. Es i&#x017F;t wahr, das<lb/>
Feuer erzeuget auch, durch Auflo&#x0364;&#x017F;ung gewi&#x017F;&#x017F;er Ma-<lb/>
terien, Luft; aber die Ver&#x017F;uche bewei&#x017F;en, daß alle-<lb/>
zeit mehr ver&#x017F;chlungen, als erzeuget wird. Zwar,<lb/>
wenn ein Theil des Sonnenfeuers, unter er&#x017F;tickenden<lb/>
Da&#x0364;mpfen der Luft, die zu ihrer Erhaltung dienet<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">berau-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0202] Allgemeine Naturgeſchichte rer Materien, in dem Ausbruche der Flamme nach- laͤſt; ſo erkuͤhlet die daruͤber befindliche Luft einiger maſſen, und, indem ſie ſich zuſammenziehet, giebt ſie der daneben befindlichen Platz, mit einer dem Ueberſchuſſe ihrer Ausſpannung gemaͤſſen Gewalt, in ihren Raum zu dringen, um die erloſchene Flamme anzufachen. Gleichwohl verſchlinget alle Flamme immer vie- le Luft, und es iſt kein Zweifel, daß die Feder- kraft des fluͤßigen Luftelements, das die Sonne umgiebet, dadurch in einiger Zeit nicht geringen Nach- theil erleiden muͤſſe. Wenn man dasjenige, was Herr Hales hievon, bey der Wirkung der Flamme in unſerer Athmoſphaͤre, durch ſorgfaͤltige Verſuche bewaͤhret hat, hier in groſſen anwendet; ſo kan man die immerwaͤhrende Beſtrebung der aus der Flamme gehenden Rauchtheilchen, die Elaſtieitaͤt der Sonnen Athmoſphaͤre zu zernichten, als einen Hauptknoten anſehen, deſſen Aufloͤſung mit Schwie- rigkeiten verbunden iſt. Denn dadurch, daß die Flamme, die uͤber der ganzen Flaͤche der Sonne bren- net, ſich ſelber die Luft benimmt, die ihr zum Bren- nen unentbehrlich iſt, ſo iſt die Sonne in Gefahr gar zu verloͤſchen, wenn der groͤſte Theil ihrer Ath- moſphaͤre verſchlungen worden. Es iſt wahr, das Feuer erzeuget auch, durch Aufloͤſung gewiſſer Ma- terien, Luft; aber die Verſuche beweiſen, daß alle- zeit mehr verſchlungen, als erzeuget wird. Zwar, wenn ein Theil des Sonnenfeuers, unter erſtickenden Daͤmpfen der Luft, die zu ihrer Erhaltung dienet berau-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/202
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/202>, abgerufen am 03.05.2024.