Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
man sie anderer Seits wiederum zu ver-
ringern. Diese Wohlgereimtheit, sagt
man, ist ihr fremd, sie würde ihren allge-
meinen Gesetzen überlassen, nichts als Un-
ordnung zuwege bringen. Die Ueberein-
stimmungen zeigen eine fremde Hand, die
eine von aller Regelmäßigkeit verlassene
Materie in einen weisen Plan zu zwingen
gewußt hat. Allein ich antworte: wenn
die allgemeinen Wirkungsgesetze der Mate-
rie gleichfals eine Folge aus dem höchsten
Entwurfe seyn, so können sie vermuthlich
keine andere Bestimmungen haben, als die
den Plan von selber zu erfüllen trachten,
den die höchste Weisheit sich vorgesetzet
hat; oder wenn dieses nicht ist, solte man
nicht in Versuchung gerathen zu glauben,
daß wenigstens die Materie und ihre all-
gemeine Gesetze unabhängig wären, und
daß die höchstweise Gewalt, die sich ihrer
so rühmlichst zu bedienen gewust hat, zwar
groß, aber doch nicht unendlich, zwar

mäch-

Vorrede.
man ſie anderer Seits wiederum zu ver-
ringern. Dieſe Wohlgereimtheit, ſagt
man, iſt ihr fremd, ſie wuͤrde ihren allge-
meinen Geſetzen uͤberlaſſen, nichts als Un-
ordnung zuwege bringen. Die Ueberein-
ſtimmungen zeigen eine fremde Hand, die
eine von aller Regelmaͤßigkeit verlaſſene
Materie in einen weiſen Plan zu zwingen
gewußt hat. Allein ich antworte: wenn
die allgemeinen Wirkungsgeſetze der Mate-
rie gleichfals eine Folge aus dem hoͤchſten
Entwurfe ſeyn, ſo koͤnnen ſie vermuthlich
keine andere Beſtimmungen haben, als die
den Plan von ſelber zu erfuͤllen trachten,
den die hoͤchſte Weisheit ſich vorgeſetzet
hat; oder wenn dieſes nicht iſt, ſolte man
nicht in Verſuchung gerathen zu glauben,
daß wenigſtens die Materie und ihre all-
gemeine Geſetze unabhaͤngig waͤren, und
daß die hoͤchſtweiſe Gewalt, die ſich ihrer
ſo ruͤhmlichſt zu bedienen gewuſt hat, zwar
groß, aber doch nicht unendlich, zwar

maͤch-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
man &#x017F;ie anderer Seits wiederum zu ver-<lb/>
ringern. Die&#x017F;e Wohlgereimtheit, &#x017F;agt<lb/>
man, i&#x017F;t ihr fremd, &#x017F;ie wu&#x0364;rde ihren allge-<lb/>
meinen Ge&#x017F;etzen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, nichts als Un-<lb/>
ordnung zuwege bringen. Die Ueberein-<lb/>
&#x017F;timmungen zeigen eine fremde Hand, die<lb/>
eine von aller Regelma&#x0364;ßigkeit verla&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Materie in einen wei&#x017F;en Plan zu zwingen<lb/>
gewußt hat. Allein ich antworte: wenn<lb/>
die allgemeinen Wirkungsge&#x017F;etze der Mate-<lb/>
rie gleichfals eine Folge aus dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Entwurfe &#x017F;eyn, &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie vermuthlich<lb/>
keine andere Be&#x017F;timmungen haben, als die<lb/>
den Plan von &#x017F;elber zu erfu&#x0364;llen trachten,<lb/>
den die ho&#x0364;ch&#x017F;te Weisheit &#x017F;ich vorge&#x017F;etzet<lb/>
hat; oder wenn die&#x017F;es nicht i&#x017F;t, &#x017F;olte man<lb/>
nicht in Ver&#x017F;uchung gerathen zu glauben,<lb/>
daß wenig&#x017F;tens die Materie und ihre all-<lb/>
gemeine Ge&#x017F;etze unabha&#x0364;ngig wa&#x0364;ren, und<lb/>
daß die ho&#x0364;ch&#x017F;twei&#x017F;e Gewalt, die &#x017F;ich ihrer<lb/>
&#x017F;o ru&#x0364;hmlich&#x017F;t zu bedienen gewu&#x017F;t hat, zwar<lb/>
groß, aber doch nicht unendlich, zwar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ma&#x0364;ch-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0018] Vorrede. man ſie anderer Seits wiederum zu ver- ringern. Dieſe Wohlgereimtheit, ſagt man, iſt ihr fremd, ſie wuͤrde ihren allge- meinen Geſetzen uͤberlaſſen, nichts als Un- ordnung zuwege bringen. Die Ueberein- ſtimmungen zeigen eine fremde Hand, die eine von aller Regelmaͤßigkeit verlaſſene Materie in einen weiſen Plan zu zwingen gewußt hat. Allein ich antworte: wenn die allgemeinen Wirkungsgeſetze der Mate- rie gleichfals eine Folge aus dem hoͤchſten Entwurfe ſeyn, ſo koͤnnen ſie vermuthlich keine andere Beſtimmungen haben, als die den Plan von ſelber zu erfuͤllen trachten, den die hoͤchſte Weisheit ſich vorgeſetzet hat; oder wenn dieſes nicht iſt, ſolte man nicht in Verſuchung gerathen zu glauben, daß wenigſtens die Materie und ihre all- gemeine Geſetze unabhaͤngig waͤren, und daß die hoͤchſtweiſe Gewalt, die ſich ihrer ſo ruͤhmlichſt zu bedienen gewuſt hat, zwar groß, aber doch nicht unendlich, zwar maͤch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/18
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/18>, abgerufen am 25.04.2024.