Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.Allgemeine Naturgeschichte Bahn, ziemlich genau übereingetroffen habe, unddaß Ursachen vorhanden gewesen, diese Achse aus ihrer ersten Stellung zu verschieben. Ein Him- melskörper, welcher aus seinem ersten flüßigen Zu- stande in den Stand der Festigkeit übergehet, erlei- det, wenn er sich auf solche Art völlig ausbildet, eine grosse Veränderung in der Regelmäßigkeit sei- ner Oberfläche. Dieselbe wird feste und gehärtet, indessen, daß die tiefern Materien sich noch nicht, nach Maaßgebung ihrer specifischen Schweere, ge- nugsam gesenket haben; die leichteren Sorten, die mit in ihrem Klumpen untermengt waren, begeben sich endlich, nachdem sie sich von den andern ge- schieden, unter die oberste fest gewordene Rinde, und erzeugen die grossen Hölen, deren, aus Ursa- chen, welche allhier anzuführen, zu weitläuftig ist, die grösseste und weiteste unter oder nahe zu dem Ae- qvator befindlich sind, in welche die gedachte Rinde endlich hineinsinkt, mannigfaltige Ungleichheiten, Berge und Höhlen, erzeuget. Wenn nun auf sol- che Art, wie es mit der Erde, dem Monde, der Venus, augenscheinlich vorgegangen seyn muß, die Oberfläche uneben geworden; so hat sie nicht das Gleichgewicht des Umschwunges in ihrer Achsendre- hung mehr auf allen Seiten leisten können. Eini- ge hervorragende Theile von beträchtlicher Masse, welche auf der entgegengesetzten Seite keine andere fanden, die ihnen die Gegenwirkung des Schwun- ges leisten konten, musten alsbald die Achse der Umdrehung verrücken, und sie in solchen Stand zu setzen suchen, um welchen die Materien sich im Gleich-
Allgemeine Naturgeſchichte Bahn, ziemlich genau uͤbereingetroffen habe, unddaß Urſachen vorhanden geweſen, dieſe Achſe aus ihrer erſten Stellung zu verſchieben. Ein Him- melskoͤrper, welcher aus ſeinem erſten fluͤßigen Zu- ſtande in den Stand der Feſtigkeit uͤbergehet, erlei- det, wenn er ſich auf ſolche Art voͤllig ausbildet, eine groſſe Veraͤnderung in der Regelmaͤßigkeit ſei- ner Oberflaͤche. Dieſelbe wird feſte und gehaͤrtet, indeſſen, daß die tiefern Materien ſich noch nicht, nach Maaßgebung ihrer ſpecifiſchen Schweere, ge- nugſam geſenket haben; die leichteren Sorten, die mit in ihrem Klumpen untermengt waren, begeben ſich endlich, nachdem ſie ſich von den andern ge- ſchieden, unter die oberſte feſt gewordene Rinde, und erzeugen die groſſen Hoͤlen, deren, aus Urſa- chen, welche allhier anzufuͤhren, zu weitlaͤuftig iſt, die groͤſſeſte und weiteſte unter oder nahe zu dem Ae- qvator befindlich ſind, in welche die gedachte Rinde endlich hineinſinkt, mannigfaltige Ungleichheiten, Berge und Hoͤhlen, erzeuget. Wenn nun auf ſol- che Art, wie es mit der Erde, dem Monde, der Venus, augenſcheinlich vorgegangen ſeyn muß, die Oberflaͤche uneben geworden; ſo hat ſie nicht das Gleichgewicht des Umſchwunges in ihrer Achſendre- hung mehr auf allen Seiten leiſten koͤnnen. Eini- ge hervorragende Theile von betraͤchtlicher Maſſe, welche auf der entgegengeſetzten Seite keine andere fanden, die ihnen die Gegenwirkung des Schwun- ges leiſten konten, muſten alsbald die Achſe der Umdrehung verruͤcken, und ſie in ſolchen Stand zu ſetzen ſuchen, um welchen die Materien ſich im Gleich-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0138" n="70"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Naturgeſchichte</hi></fw><lb/> Bahn, ziemlich genau uͤbereingetroffen habe, und<lb/> daß Urſachen vorhanden geweſen, dieſe Achſe aus<lb/> ihrer erſten Stellung zu verſchieben. Ein Him-<lb/> melskoͤrper, welcher aus ſeinem erſten fluͤßigen Zu-<lb/> ſtande in den Stand der Feſtigkeit uͤbergehet, erlei-<lb/> det, wenn er ſich auf ſolche Art voͤllig ausbildet,<lb/> eine groſſe Veraͤnderung in der Regelmaͤßigkeit ſei-<lb/> ner Oberflaͤche. Dieſelbe wird feſte und gehaͤrtet,<lb/> indeſſen, daß die tiefern Materien ſich noch nicht,<lb/> nach Maaßgebung ihrer ſpecifiſchen Schweere, ge-<lb/> nugſam geſenket haben; die leichteren Sorten, die<lb/> mit in ihrem Klumpen untermengt waren, begeben<lb/> ſich endlich, nachdem ſie ſich von den andern ge-<lb/> ſchieden, unter die oberſte feſt gewordene Rinde,<lb/> und erzeugen die groſſen Hoͤlen, deren, aus Urſa-<lb/> chen, welche allhier anzufuͤhren, zu weitlaͤuftig iſt,<lb/> die groͤſſeſte und weiteſte unter oder nahe zu dem Ae-<lb/> qvator befindlich ſind, in welche die gedachte Rinde<lb/> endlich hineinſinkt, mannigfaltige Ungleichheiten,<lb/> Berge und Hoͤhlen, erzeuget. Wenn nun auf ſol-<lb/> che Art, wie es mit der Erde, dem Monde, der<lb/> Venus, augenſcheinlich vorgegangen ſeyn muß, die<lb/> Oberflaͤche uneben geworden; ſo hat ſie nicht das<lb/> Gleichgewicht des Umſchwunges in ihrer Achſendre-<lb/> hung mehr auf allen Seiten leiſten koͤnnen. Eini-<lb/> ge hervorragende Theile von betraͤchtlicher Maſſe,<lb/> welche auf der entgegengeſetzten Seite keine andere<lb/> fanden, die ihnen die Gegenwirkung des Schwun-<lb/> ges leiſten konten, muſten alsbald die Achſe der<lb/> Umdrehung verruͤcken, und ſie in ſolchen Stand zu<lb/> ſetzen ſuchen, um welchen die Materien ſich im<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gleich-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0138]
Allgemeine Naturgeſchichte
Bahn, ziemlich genau uͤbereingetroffen habe, und
daß Urſachen vorhanden geweſen, dieſe Achſe aus
ihrer erſten Stellung zu verſchieben. Ein Him-
melskoͤrper, welcher aus ſeinem erſten fluͤßigen Zu-
ſtande in den Stand der Feſtigkeit uͤbergehet, erlei-
det, wenn er ſich auf ſolche Art voͤllig ausbildet,
eine groſſe Veraͤnderung in der Regelmaͤßigkeit ſei-
ner Oberflaͤche. Dieſelbe wird feſte und gehaͤrtet,
indeſſen, daß die tiefern Materien ſich noch nicht,
nach Maaßgebung ihrer ſpecifiſchen Schweere, ge-
nugſam geſenket haben; die leichteren Sorten, die
mit in ihrem Klumpen untermengt waren, begeben
ſich endlich, nachdem ſie ſich von den andern ge-
ſchieden, unter die oberſte feſt gewordene Rinde,
und erzeugen die groſſen Hoͤlen, deren, aus Urſa-
chen, welche allhier anzufuͤhren, zu weitlaͤuftig iſt,
die groͤſſeſte und weiteſte unter oder nahe zu dem Ae-
qvator befindlich ſind, in welche die gedachte Rinde
endlich hineinſinkt, mannigfaltige Ungleichheiten,
Berge und Hoͤhlen, erzeuget. Wenn nun auf ſol-
che Art, wie es mit der Erde, dem Monde, der
Venus, augenſcheinlich vorgegangen ſeyn muß, die
Oberflaͤche uneben geworden; ſo hat ſie nicht das
Gleichgewicht des Umſchwunges in ihrer Achſendre-
hung mehr auf allen Seiten leiſten koͤnnen. Eini-
ge hervorragende Theile von betraͤchtlicher Maſſe,
welche auf der entgegengeſetzten Seite keine andere
fanden, die ihnen die Gegenwirkung des Schwun-
ges leiſten konten, muſten alsbald die Achſe der
Umdrehung verruͤcken, und ſie in ſolchen Stand zu
ſetzen ſuchen, um welchen die Materien ſich im
Gleich-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |