Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten." "Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein," sagte K. und ging auch zu den Photographien, "daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat." "Ja es war eine Untersuchungskommission hier," fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. "Ihretwegen?" fragte das Fräulein. "Ja," antwortete K. "Nein," rief das Fräulein und lachte. "Doch," sagte K., "glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?" "Nun, schuldlos," sagte das Fräulein, "ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind - ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.“ „Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,“ sagte K. und ging auch zu den Photographien, „daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.“ „Ja es war eine Untersuchungskommission hier,“ fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. „Ihretwegen?“ fragte das Fräulein. „Ja,“ antwortete K. „Nein,“ rief das Fräulein und lachte. „Doch,“ sagte K., „glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ „Nun, schuldlos,“ sagte das Fräulein, „ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="44"/> zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.“ „Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,“ sagte K. und ging auch zu den Photographien, „daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.“ „Ja es war eine Untersuchungskommission hier,“ fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. „Ihretwegen?“ fragte das Fräulein. „Ja,“ antwortete K. „Nein,“ rief das Fräulein und lachte. „Doch,“ sagte K., „glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ „Nun, schuldlos,“ sagte das Fräulein, „ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis </p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0046]
zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.“ „Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,“ sagte K. und ging auch zu den Photographien, „daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.“ „Ja es war eine Untersuchungskommission hier,“ fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. „Ihretwegen?“ fragte das Fräulein. „Ja,“ antwortete K. „Nein,“ rief das Fräulein und lachte. „Doch,“ sagte K., „glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ „Nun, schuldlos,“ sagte das Fräulein, „ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis
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