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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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Minuten in mein Zimmer. Hier können wir uns auf keinen Fall unterhalten, wir wecken ja alle und das wäre mir unseretwegen noch unangenehmer als der Leute wegen. Warten Sie hier, bis ich in meinem Zimmer angezündet habe, und drehen Sie dann hier das Licht ab." K. tat so, wartete dann aber noch, bis Fräulein Bürstner ihn aus ihrem Zimmer nochmals leise aufforderte zu kommen. "Setzen Sie sich," sagte sie und zeigte auf die Ottomane, sie selbst blieb aufrecht am Bettpfosten trotz der Müdigkeit, von der sie gesprochen hatte; nicht einmal ihren kleinen, aber mit einer Überfülle von Blumen geschmückten Hut legte sie ab. "Was wollten Sie also? Ich bin wirklich neugierig?" Sie kreuzte leicht die Beine. "Sie werden vielleicht sagen," begann K., "daß die Sache nicht so dringend war, um jetzt besprochen zu werden, aber -" "Einleitungen überhöre ich immer," sagte Fräulein Bürstner. "Das erleichtert meine Aufgabe," sagte K. "Ihr Zimmer ist heute früh, gewissermaßen durch meine Schuld, ein wenig in Unordnung gebracht worden, es geschah durch fremde Leute gegen meinen Willen und doch wie gesagt durch meine Schuld; dafür wollte ich um Entschuldigung

Minuten in mein Zimmer. Hier können wir uns auf keinen Fall unterhalten, wir wecken ja alle und das wäre mir unseretwegen noch unangenehmer als der Leute wegen. Warten Sie hier, bis ich in meinem Zimmer angezündet habe, und drehen Sie dann hier das Licht ab.“ K. tat so, wartete dann aber noch, bis Fräulein Bürstner ihn aus ihrem Zimmer nochmals leise aufforderte zu kommen. „Setzen Sie sich,“ sagte sie und zeigte auf die Ottomane, sie selbst blieb aufrecht am Bettpfosten trotz der Müdigkeit, von der sie gesprochen hatte; nicht einmal ihren kleinen, aber mit einer Überfülle von Blumen geschmückten Hut legte sie ab. „Was wollten Sie also? Ich bin wirklich neugierig?“ Sie kreuzte leicht die Beine. „Sie werden vielleicht sagen,“ begann K., „daß die Sache nicht so dringend war, um jetzt besprochen zu werden, aber –“ „Einleitungen überhöre ich immer,“ sagte Fräulein Bürstner. „Das erleichtert meine Aufgabe,“ sagte K. „Ihr Zimmer ist heute früh, gewissermaßen durch meine Schuld, ein wenig in Unordnung gebracht worden, es geschah durch fremde Leute gegen meinen Willen und doch wie gesagt durch meine Schuld; dafür wollte ich um Entschuldigung

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[42/0044] Minuten in mein Zimmer. Hier können wir uns auf keinen Fall unterhalten, wir wecken ja alle und das wäre mir unseretwegen noch unangenehmer als der Leute wegen. Warten Sie hier, bis ich in meinem Zimmer angezündet habe, und drehen Sie dann hier das Licht ab.“ K. tat so, wartete dann aber noch, bis Fräulein Bürstner ihn aus ihrem Zimmer nochmals leise aufforderte zu kommen. „Setzen Sie sich,“ sagte sie und zeigte auf die Ottomane, sie selbst blieb aufrecht am Bettpfosten trotz der Müdigkeit, von der sie gesprochen hatte; nicht einmal ihren kleinen, aber mit einer Überfülle von Blumen geschmückten Hut legte sie ab. „Was wollten Sie also? Ich bin wirklich neugierig?“ Sie kreuzte leicht die Beine. „Sie werden vielleicht sagen,“ begann K., „daß die Sache nicht so dringend war, um jetzt besprochen zu werden, aber –“ „Einleitungen überhöre ich immer,“ sagte Fräulein Bürstner. „Das erleichtert meine Aufgabe,“ sagte K. „Ihr Zimmer ist heute früh, gewissermaßen durch meine Schuld, ein wenig in Unordnung gebracht worden, es geschah durch fremde Leute gegen meinen Willen und doch wie gesagt durch meine Schuld; dafür wollte ich um Entschuldigung

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/44>, abgerufen am 20.04.2024.