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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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wie er es bisher trotz aller Freundlichkeit nicht getan hatte, und fügte hinzu: "Man rebelliert eben immer." Aber das Gespräch schien ihm doch ein wenig unbehaglich geworden zu sein, denn er brach es ab, indem er sagte: "Jetzt muß ich mich in der Kanzlei melden. Wollen Sie mitkommen?" "Ich habe dort nichts zu tun," sagte K. "Sie könnten die Kanzleien ansehn. Es wird sich niemand um Sie kümmern." "Sind sie denn sehenswert?" fragte K. zögernd, hatte aber große Lust mitzugehn. "Nun," sagte der Gerichtsdiener, "ich dachte, es würde Sie interessieren." "Gut," sagte K. schließlich, "ich gehe mit." Und er lief schneller als der Gerichtsdiener die Treppe hinauf.

Beim Eintritt wäre er fast hingefallen, denn hinter der Tür war noch eine Stufe. "Auf das Publikum nimmt man nicht viel Rücksicht," sagte er. "Man nimmt überhaupt keine Rücksicht," sagte der Gerichtsdiener, "sehn Sie nur hier das Wartezimmer." Es war ein langer Gang, von dem aus rohe gezimmerte Türen zu den einzelnen Abteilungen des Dachbodens führten. Trotzdem kein unmittelbarer Lichtzutritt bestand, war es doch nicht vollständig dunkel, denn manche Abteilungen

wie er es bisher trotz aller Freundlichkeit nicht getan hatte, und fügte hinzu: „Man rebelliert eben immer.“ Aber das Gespräch schien ihm doch ein wenig unbehaglich geworden zu sein, denn er brach es ab, indem er sagte: „Jetzt muß ich mich in der Kanzlei melden. Wollen Sie mitkommen?“ „Ich habe dort nichts zu tun,“ sagte K. „Sie könnten die Kanzleien ansehn. Es wird sich niemand um Sie kümmern.“ „Sind sie denn sehenswert?“ fragte K. zögernd, hatte aber große Lust mitzugehn. „Nun,“ sagte der Gerichtsdiener, „ich dachte, es würde Sie interessieren.“ „Gut,“ sagte K. schließlich, „ich gehe mit.“ Und er lief schneller als der Gerichtsdiener die Treppe hinauf.

Beim Eintritt wäre er fast hingefallen, denn hinter der Tür war noch eine Stufe. „Auf das Publikum nimmt man nicht viel Rücksicht,“ sagte er. „Man nimmt überhaupt keine Rücksicht,“ sagte der Gerichtsdiener, „sehn Sie nur hier das Wartezimmer.“ Es war ein langer Gang, von dem aus rohe gezimmerte Türen zu den einzelnen Abteilungen des Dachbodens führten. Trotzdem kein unmittelbarer Lichtzutritt bestand, war es doch nicht vollständig dunkel, denn manche Abteilungen

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[108/0110] wie er es bisher trotz aller Freundlichkeit nicht getan hatte, und fügte hinzu: „Man rebelliert eben immer.“ Aber das Gespräch schien ihm doch ein wenig unbehaglich geworden zu sein, denn er brach es ab, indem er sagte: „Jetzt muß ich mich in der Kanzlei melden. Wollen Sie mitkommen?“ „Ich habe dort nichts zu tun,“ sagte K. „Sie könnten die Kanzleien ansehn. Es wird sich niemand um Sie kümmern.“ „Sind sie denn sehenswert?“ fragte K. zögernd, hatte aber große Lust mitzugehn. „Nun,“ sagte der Gerichtsdiener, „ich dachte, es würde Sie interessieren.“ „Gut,“ sagte K. schließlich, „ich gehe mit.“ Und er lief schneller als der Gerichtsdiener die Treppe hinauf. Beim Eintritt wäre er fast hingefallen, denn hinter der Tür war noch eine Stufe. „Auf das Publikum nimmt man nicht viel Rücksicht,“ sagte er. „Man nimmt überhaupt keine Rücksicht,“ sagte der Gerichtsdiener, „sehn Sie nur hier das Wartezimmer.“ Es war ein langer Gang, von dem aus rohe gezimmerte Türen zu den einzelnen Abteilungen des Dachbodens führten. Trotzdem kein unmittelbarer Lichtzutritt bestand, war es doch nicht vollständig dunkel, denn manche Abteilungen

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/110>, abgerufen am 23.11.2024.