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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Sechst. Kap. Von der Verfas. der Holländer in Japan überhaupt.
zum drittenmal einen Eid ablegen, worin sie noch besonders angeloben, mit uns gar keine
vertrauliche Bekantschaft einzugehn; alles, was sie von uns sehn und erfahren, sogleich
den Obern zu melden; uns auf keine Weise einen Vortheil zuzuwenden, und derglei-
chen mehr.

Außer allen diesen beschwornen Artikeln hat man denen bei uns sich auf haltenden
Japanern noch gewisse Befehle in besondern Plakaten gegeben, die von dem Ottona hin
und wieder auf der Jnsel vertheilt und publicirt sind. Aus diesen sollen alle uns mit hoher
Erlaubnis besuchende Eingebohrne erlernen, wie sie uns auf alle Weise scheuen und bei je-
dem Verhalten von unsrer Seite sich zu betragen haben. Fünf solche Plakate sind vorn im
Wohnhause des Ottona, in welchem er sich des Sommers und zur Handelszeit aufzuhalten
pflegt, angeschlagen. Das vornehmste derselben betrift die ankommende und abgehende
Güter der Holländer. Einem jeden der zur Visitation unsrer Kästen und Güter verordneten
Bedienten wird ein Auszug aus diesem Plakat und besonders ein genaues Verzeichnis der
verbotnen Güter gegeben, wornach er sich im Visitiren zu achten hat. Noch hängt an al-
len Ecken der Kreuzgassen, während der Handelszeit, ein öffentlicher Befehl der Gouver-
neurs, wornach sich die Ein- und Ausgehenden zu verhalten haben. Jn der Geldkammer
ist der Befehl der Geldkammerbedienten, und bei den Dolmetschern die für sie gehörende
Verordnung angeschlagen.

Außer diesen beschwornen Personen, die uns ordentlich besuchen, werden
dann auch noch zur Zeit der Handlung an gewissen Tagen die Käufer unsrer jährlich einge-
führten Güter und die Verkäufer des inländischen Kupfers, oder deren Schreiber und Be-
volmächtigte zugelassen; auch zu Ende der Handelszeit die Verkäufer des inländischen ge-
firnisten Holzes, der japanischen Manufakturen von Kupfer und andern Sachen, die als-
dann ihre Kramläden an einem dazu besonders bestimten und verschlosnen Orte aufstellen.
Diese Kaufleute sind gröstentheils aus Miaco.

Alle diese erwähnte Personen dürfen nicht durch die Pforte unsrer Jnsel gehn, ohne
ein besondres Frei-Pas-Bretlein, und ohne das sie auf das strengste an ihrem ganzen Leibe
durchsucht werden, welches sonst gewöhnlich nur bei den Ausgehenden zu geschehen pflegt.
Von dieser strengen Jnquisition sind nur die Deputirten der Statthalter ausgenommen,
welchen eine große Pike vorgetragen wird, und in ihrem Gefolge alle diejenigen, welche mit
zwei Säbeln bewafnet sind; ferner der Gassenrichter, acht ordentliche Dolmetscher und ei-
nige ihrer natürlichen und angenommenen Söhne, welche Lehrlinge in unsrer Sprache und
Nachfolger ihrer Väter im Amte sind; endlich die Visitatoren selbst, die man als unsre
Verräther und geschworne Feinde allemal ansieht.

Das
L 2

Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt.
zum drittenmal einen Eid ablegen, worin ſie noch beſonders angeloben, mit uns gar keine
vertrauliche Bekantſchaft einzugehn; alles, was ſie von uns ſehn und erfahren, ſogleich
den Obern zu melden; uns auf keine Weiſe einen Vortheil zuzuwenden, und derglei-
chen mehr.

Außer allen dieſen beſchwornen Artikeln hat man denen bei uns ſich auf haltenden
Japanern noch gewiſſe Befehle in beſondern Plakaten gegeben, die von dem Ottona hin
und wieder auf der Jnſel vertheilt und publicirt ſind. Aus dieſen ſollen alle uns mit hoher
Erlaubnis beſuchende Eingebohrne erlernen, wie ſie uns auf alle Weiſe ſcheuen und bei je-
dem Verhalten von unſrer Seite ſich zu betragen haben. Fuͤnf ſolche Plakate ſind vorn im
Wohnhauſe des Ottona, in welchem er ſich des Sommers und zur Handelszeit aufzuhalten
pflegt, angeſchlagen. Das vornehmſte derſelben betrift die ankommende und abgehende
Guͤter der Hollaͤnder. Einem jeden der zur Viſitation unſrer Kaͤſten und Guͤter verordneten
Bedienten wird ein Auszug aus dieſem Plakat und beſonders ein genaues Verzeichnis der
verbotnen Guͤter gegeben, wornach er ſich im Viſitiren zu achten hat. Noch haͤngt an al-
len Ecken der Kreuzgaſſen, waͤhrend der Handelszeit, ein oͤffentlicher Befehl der Gouver-
neurs, wornach ſich die Ein- und Ausgehenden zu verhalten haben. Jn der Geldkammer
iſt der Befehl der Geldkammerbedienten, und bei den Dolmetſchern die fuͤr ſie gehoͤrende
Verordnung angeſchlagen.

Außer dieſen beſchwornen Perſonen, die uns ordentlich beſuchen, werden
dann auch noch zur Zeit der Handlung an gewiſſen Tagen die Kaͤufer unſrer jaͤhrlich einge-
fuͤhrten Guͤter und die Verkaͤufer des inlaͤndiſchen Kupfers, oder deren Schreiber und Be-
volmaͤchtigte zugelaſſen; auch zu Ende der Handelszeit die Verkaͤufer des inlaͤndiſchen ge-
firniſten Holzes, der japaniſchen Manufakturen von Kupfer und andern Sachen, die als-
dann ihre Kramlaͤden an einem dazu beſonders beſtimten und verſchlosnen Orte aufſtellen.
Dieſe Kaufleute ſind groͤſtentheils aus Miaco.

Alle dieſe erwaͤhnte Perſonen duͤrfen nicht durch die Pforte unſrer Jnſel gehn, ohne
ein beſondres Frei-Pas-Bretlein, und ohne das ſie auf das ſtrengſte an ihrem ganzen Leibe
durchſucht werden, welches ſonſt gewoͤhnlich nur bei den Ausgehenden zu geſchehen pflegt.
Von dieſer ſtrengen Jnquiſition ſind nur die Deputirten der Statthalter ausgenommen,
welchen eine große Pike vorgetragen wird, und in ihrem Gefolge alle diejenigen, welche mit
zwei Saͤbeln bewafnet ſind; ferner der Gaſſenrichter, acht ordentliche Dolmetſcher und ei-
nige ihrer natuͤrlichen und angenommenen Soͤhne, welche Lehrlinge in unſrer Sprache und
Nachfolger ihrer Vaͤter im Amte ſind; endlich die Viſitatoren ſelbſt, die man als unſre
Verraͤther und geſchworne Feinde allemal anſieht.

Das
L 2
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[83/0097] Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt. zum drittenmal einen Eid ablegen, worin ſie noch beſonders angeloben, mit uns gar keine vertrauliche Bekantſchaft einzugehn; alles, was ſie von uns ſehn und erfahren, ſogleich den Obern zu melden; uns auf keine Weiſe einen Vortheil zuzuwenden, und derglei- chen mehr. Außer allen dieſen beſchwornen Artikeln hat man denen bei uns ſich auf haltenden Japanern noch gewiſſe Befehle in beſondern Plakaten gegeben, die von dem Ottona hin und wieder auf der Jnſel vertheilt und publicirt ſind. Aus dieſen ſollen alle uns mit hoher Erlaubnis beſuchende Eingebohrne erlernen, wie ſie uns auf alle Weiſe ſcheuen und bei je- dem Verhalten von unſrer Seite ſich zu betragen haben. Fuͤnf ſolche Plakate ſind vorn im Wohnhauſe des Ottona, in welchem er ſich des Sommers und zur Handelszeit aufzuhalten pflegt, angeſchlagen. Das vornehmſte derſelben betrift die ankommende und abgehende Guͤter der Hollaͤnder. Einem jeden der zur Viſitation unſrer Kaͤſten und Guͤter verordneten Bedienten wird ein Auszug aus dieſem Plakat und beſonders ein genaues Verzeichnis der verbotnen Guͤter gegeben, wornach er ſich im Viſitiren zu achten hat. Noch haͤngt an al- len Ecken der Kreuzgaſſen, waͤhrend der Handelszeit, ein oͤffentlicher Befehl der Gouver- neurs, wornach ſich die Ein- und Ausgehenden zu verhalten haben. Jn der Geldkammer iſt der Befehl der Geldkammerbedienten, und bei den Dolmetſchern die fuͤr ſie gehoͤrende Verordnung angeſchlagen. Außer dieſen beſchwornen Perſonen, die uns ordentlich beſuchen, werden dann auch noch zur Zeit der Handlung an gewiſſen Tagen die Kaͤufer unſrer jaͤhrlich einge- fuͤhrten Guͤter und die Verkaͤufer des inlaͤndiſchen Kupfers, oder deren Schreiber und Be- volmaͤchtigte zugelaſſen; auch zu Ende der Handelszeit die Verkaͤufer des inlaͤndiſchen ge- firniſten Holzes, der japaniſchen Manufakturen von Kupfer und andern Sachen, die als- dann ihre Kramlaͤden an einem dazu beſonders beſtimten und verſchlosnen Orte aufſtellen. Dieſe Kaufleute ſind groͤſtentheils aus Miaco. Alle dieſe erwaͤhnte Perſonen duͤrfen nicht durch die Pforte unſrer Jnſel gehn, ohne ein beſondres Frei-Pas-Bretlein, und ohne das ſie auf das ſtrengſte an ihrem ganzen Leibe durchſucht werden, welches ſonſt gewoͤhnlich nur bei den Ausgehenden zu geſchehen pflegt. Von dieſer ſtrengen Jnquiſition ſind nur die Deputirten der Statthalter ausgenommen, welchen eine große Pike vorgetragen wird, und in ihrem Gefolge alle diejenigen, welche mit zwei Saͤbeln bewafnet ſind; ferner der Gaſſenrichter, acht ordentliche Dolmetſcher und ei- nige ihrer natuͤrlichen und angenommenen Soͤhne, welche Lehrlinge in unſrer Sprache und Nachfolger ihrer Vaͤter im Amte ſind; endlich die Viſitatoren ſelbſt, die man als unſre Verraͤther und geſchworne Feinde allemal anſieht. Das L 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/97>, abgerufen am 27.11.2024.