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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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V. Geschichte des Japanischen Thees.
ten kaum zwei aufkommen. Die Einwohner brauchen weder Blüthe noch Frucht, ohner-
achtet ich gar keinen Zweifel habe, daß nicht im Kern ganz trefliche Kräfte enthalten seyn
solten.

§. 4.

Zur Pflanzung des Theesaamens, womit sich der Bau dieser Staude anfängt,
widmen die Japaner nicht eigene Gärten oder Felder, sondern blos die Acker-Raine. Man
säet die Saamen nicht in fortlaufender Reihe, so daß sie eine Hecke machen könten, sondern
in mäßiger Entfernung von einander, damit die Stauden hernachmals dem Acker mit ihren
Schatten nicht schädlich werden, noch die Blatsamler zu lange aufhalten. Man läst die
Saamen in ihren Gehäusen, und legt wenigstens sechs, höchstens zwölfe beisammen, in ein
anderthalb Handbreit tiefes Loch. Einzeln darf man die Saamen nicht pflanzen, da kaum
der vierte oder fünfte aufkomt, und die mehrsten unfruchtbar oder vermöge des ranzigen We-
sens, welches sie so leicht annehmen, untauglich geworden sind. Daher wollen die Saamen
in Europa nicht wachsen, so oft man sie auch hingeführt hat. Jch würde rathen, daß
man in Sicilien, Spanien oder Jtalien diese Cultur versuchte, und zu dem Ende den
Saamen im Vaterlande in ein Gefäs vol Erde legte, damit denn die hervorgekeimten
Pflänzchen nach Belieben herausgehoben, und verpflanzt werden könten. Die Stauden
selbst aus ihrer Heimath an andre Orte zu verführen, würde nicht gelingen, denn während
dem Transport durch das heiße Jndianische Meer werden sie völlig ausgezehrt, und bleiben
allenfals in einem so schwachen Zustande zwischen Tod und Leben, daß von ihnen keine Nach-
kommenschaft zu erwarten steht. Die junge Staude, wenigstens wenn sie einen fleißigen
Herrn hat, wird mit Pferdemist rundherum belegt; einige thun dies jährlich, andre seltner.
Ehe die Staude drei Jahr alt ist, darf kein Blat gepflükt werden; alsdenn aber gestattet
sie schon eine reichliche, und zwar die allerbeste Erndte. Jm siebenten Jahre, wenn sie
Manns Länge erreicht hat, und weniger Blätter trägt, mus sie nach der Lese bis ganz an
die Wurzel abgeschnitten werden. Es schießen alsdenn neue Zweige hervor, die mit ei-
ner größern Menge Blätter den vorigen Stam mit großem Gewin ersetzen. Sonst wird
auch wohl mit diesem Abschneiden bis ins zehnte Jahr gezögert.

§. 5.

Ein guter Haushälter und Herr vieler Theestauden, mus zur Blatlese geschikte
Arbeiter auswählen. Die Blätter müssen Stük vor Stük gesammelt, nicht bei Händen
vol abgestreift werden, folglich kan ein einzelner Mensch, der diese Beschäftigung unge-

wohnt

V. Geſchichte des Japaniſchen Thees.
ten kaum zwei aufkommen. Die Einwohner brauchen weder Bluͤthe noch Frucht, ohner-
achtet ich gar keinen Zweifel habe, daß nicht im Kern ganz trefliche Kraͤfte enthalten ſeyn
ſolten.

§. 4.

Zur Pflanzung des Theeſaamens, womit ſich der Bau dieſer Staude anfaͤngt,
widmen die Japaner nicht eigene Gaͤrten oder Felder, ſondern blos die Acker-Raine. Man
ſaͤet die Saamen nicht in fortlaufender Reihe, ſo daß ſie eine Hecke machen koͤnten, ſondern
in maͤßiger Entfernung von einander, damit die Stauden hernachmals dem Acker mit ihren
Schatten nicht ſchaͤdlich werden, noch die Blatſamler zu lange aufhalten. Man laͤſt die
Saamen in ihren Gehaͤuſen, und legt wenigſtens ſechs, hoͤchſtens zwoͤlfe beiſammen, in ein
anderthalb Handbreit tiefes Loch. Einzeln darf man die Saamen nicht pflanzen, da kaum
der vierte oder fuͤnfte aufkomt, und die mehrſten unfruchtbar oder vermoͤge des ranzigen We-
ſens, welches ſie ſo leicht annehmen, untauglich geworden ſind. Daher wollen die Saamen
in Europa nicht wachſen, ſo oft man ſie auch hingefuͤhrt hat. Jch wuͤrde rathen, daß
man in Sicilien, Spanien oder Jtalien dieſe Cultur verſuchte, und zu dem Ende den
Saamen im Vaterlande in ein Gefaͤs vol Erde legte, damit denn die hervorgekeimten
Pflaͤnzchen nach Belieben herausgehoben, und verpflanzt werden koͤnten. Die Stauden
ſelbſt aus ihrer Heimath an andre Orte zu verfuͤhren, wuͤrde nicht gelingen, denn waͤhrend
dem Tranſport durch das heiße Jndianiſche Meer werden ſie voͤllig ausgezehrt, und bleiben
allenfals in einem ſo ſchwachen Zuſtande zwiſchen Tod und Leben, daß von ihnen keine Nach-
kommenſchaft zu erwarten ſteht. Die junge Staude, wenigſtens wenn ſie einen fleißigen
Herrn hat, wird mit Pferdemiſt rundherum belegt; einige thun dies jaͤhrlich, andre ſeltner.
Ehe die Staude drei Jahr alt iſt, darf kein Blat gepfluͤkt werden; alsdenn aber geſtattet
ſie ſchon eine reichliche, und zwar die allerbeſte Erndte. Jm ſiebenten Jahre, wenn ſie
Manns Laͤnge erreicht hat, und weniger Blaͤtter traͤgt, mus ſie nach der Leſe bis ganz an
die Wurzel abgeſchnitten werden. Es ſchießen alsdenn neue Zweige hervor, die mit ei-
ner groͤßern Menge Blaͤtter den vorigen Stam mit großem Gewin erſetzen. Sonſt wird
auch wohl mit dieſem Abſchneiden bis ins zehnte Jahr gezoͤgert.

§. 5.

Ein guter Haushaͤlter und Herr vieler Theeſtauden, mus zur Blatleſe geſchikte
Arbeiter auswaͤhlen. Die Blaͤtter muͤſſen Stuͤk vor Stuͤk geſammelt, nicht bei Haͤnden
vol abgeſtreift werden, folglich kan ein einzelner Menſch, der dieſe Beſchaͤftigung unge-

wohnt
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[446/0510] V. Geſchichte des Japaniſchen Thees. ten kaum zwei aufkommen. Die Einwohner brauchen weder Bluͤthe noch Frucht, ohner- achtet ich gar keinen Zweifel habe, daß nicht im Kern ganz trefliche Kraͤfte enthalten ſeyn ſolten. §. 4. Zur Pflanzung des Theeſaamens, womit ſich der Bau dieſer Staude anfaͤngt, widmen die Japaner nicht eigene Gaͤrten oder Felder, ſondern blos die Acker-Raine. Man ſaͤet die Saamen nicht in fortlaufender Reihe, ſo daß ſie eine Hecke machen koͤnten, ſondern in maͤßiger Entfernung von einander, damit die Stauden hernachmals dem Acker mit ihren Schatten nicht ſchaͤdlich werden, noch die Blatſamler zu lange aufhalten. Man laͤſt die Saamen in ihren Gehaͤuſen, und legt wenigſtens ſechs, hoͤchſtens zwoͤlfe beiſammen, in ein anderthalb Handbreit tiefes Loch. Einzeln darf man die Saamen nicht pflanzen, da kaum der vierte oder fuͤnfte aufkomt, und die mehrſten unfruchtbar oder vermoͤge des ranzigen We- ſens, welches ſie ſo leicht annehmen, untauglich geworden ſind. Daher wollen die Saamen in Europa nicht wachſen, ſo oft man ſie auch hingefuͤhrt hat. Jch wuͤrde rathen, daß man in Sicilien, Spanien oder Jtalien dieſe Cultur verſuchte, und zu dem Ende den Saamen im Vaterlande in ein Gefaͤs vol Erde legte, damit denn die hervorgekeimten Pflaͤnzchen nach Belieben herausgehoben, und verpflanzt werden koͤnten. Die Stauden ſelbſt aus ihrer Heimath an andre Orte zu verfuͤhren, wuͤrde nicht gelingen, denn waͤhrend dem Tranſport durch das heiße Jndianiſche Meer werden ſie voͤllig ausgezehrt, und bleiben allenfals in einem ſo ſchwachen Zuſtande zwiſchen Tod und Leben, daß von ihnen keine Nach- kommenſchaft zu erwarten ſteht. Die junge Staude, wenigſtens wenn ſie einen fleißigen Herrn hat, wird mit Pferdemiſt rundherum belegt; einige thun dies jaͤhrlich, andre ſeltner. Ehe die Staude drei Jahr alt iſt, darf kein Blat gepfluͤkt werden; alsdenn aber geſtattet ſie ſchon eine reichliche, und zwar die allerbeſte Erndte. Jm ſiebenten Jahre, wenn ſie Manns Laͤnge erreicht hat, und weniger Blaͤtter traͤgt, mus ſie nach der Leſe bis ganz an die Wurzel abgeſchnitten werden. Es ſchießen alsdenn neue Zweige hervor, die mit ei- ner groͤßern Menge Blaͤtter den vorigen Stam mit großem Gewin erſetzen. Sonſt wird auch wohl mit dieſem Abſchneiden bis ins zehnte Jahr gezoͤgert. §. 5. Ein guter Haushaͤlter und Herr vieler Theeſtauden, mus zur Blatleſe geſchikte Arbeiter auswaͤhlen. Die Blaͤtter muͤſſen Stuͤk vor Stuͤk geſammelt, nicht bei Haͤnden vol abgeſtreift werden, folglich kan ein einzelner Menſch, der dieſe Beſchaͤftigung unge- wohnt

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/510>, abgerufen am 23.11.2024.