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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reise nach Hofe.
chen von Zucker und Bohnenmehl gegessen hatten, so nahmen wir des Wohlstands halber
nur etwas weniges zu uns, so sehr man uns auch nöthigte mehr zu genießen. Auf die
Frage, ob uns eine Tasse Thee beliebte, die wir mit ja beantworteten, hies sie der Küchen-
meister herbringen, es war aber nur warmes Wasser in schlechten krummen braunen mit
Streifen gefirnisseten Töpferschaalen, Miseratie genant. Unsere Hüte, Kleider und was
wir um und an uns hatten, wurden auch hier, so wie im| Wartesaal, besichtiget. Nach
eingenommenem Frühstük, das gewis schlecht und nichts weniger als Kaiserlich war, be-
gaben wir uns abermals in den Wartesaal. Nachdem wir alhier wiederum eine Stunde
verweilen musten, begleitete uns der Gouverneur durch andere Wege nach dem Kaiserlichen
Audienzsaal, und hies uns ohnweit demselben, wo nemlich das vorige mal in dem Neben-
gange mit spatzieren gehen uns die Zeit zu vertreiben angewiesen worden, sitzen. Wegen
Eröfnung der Schauben und Gemächer, die vorhin zugehalten gewesen, war hier jezt al-
les so verändert, daß es sich nicht mehr gleich sahe; wie wir denn auch beinahe in einem
jeden großen Saale einige Hofjunkers sitzend und auf ihr Amt wartend antrafen: in einem
andern großen Gemache nebst zwei Gängen bemerkte ich neuerdings große angeschlagene
Plakate von fünf Zeilen, deren jede nur sieben*) Charakters hatte, die ich das vorige mal
entweder nicht wahrgenommen haben muste, oder die wir auf einem andern Wege vorbei
geführt worden. Während unserm halbstündigen Aufenthalt hieselbst fragten die mehresten
Anwesenden nach unseren Namen und Alter; ein 30jähriger Pfaffe unter andern in einem
weisblauen seidenen Kleide mit seinem Bettelsacke von nämlicher Farbe, that solches auf
eine sehr bescheidene und schaamhafte Art: wir sahen auch einen anderen Pfaffen in Orange-
gelber Kleidung in dem Gange, der aber nicht zu uns kam. Es wurden drei Waschkan-
nen, ohne Zweifel von Silber, in die inneren Gemächer des Kaisers hinein, und selbige
hernach benebst einem schwarz gefirnisseten Täfelchen mit einem Himmel oder Doppeltisch,
worauf unten einige Schüsseln und Bretterchen unter einander lagen, wiederum heraus ge-
tragen, woraus wir muthmaßeten, daß man daselbst vielleicht Mahlzeit gehalten hätte.
Nach diesem wurden wir alsbald bis in einen Seitengang nahe an den Kaiserlichen Saal,
und in einer Zeit, wo man ohngefähr 200 zählen mag, von einem außerordentlichen Reichs-
rath und den Kommissarien (welche leztere jedoch vor dem Kaiserlichen Saal zurükblieben)
auf denselben, wo wir bei der vorigen Audienz gesessen, vor die Kaiserlichen Gittermatten
geführt. Hinter der mittelsten Hangematte etwas erhaben befand sich der Kaiser vor uns.
Bingo saß in der Mitte gegen die papierne Wand oder Schauben, die drei ordentlichen und
vier außerordentlichen Räthe aber an ihrem Orte. Rechter Hand hinter der Gittermatte

schien
*) Scheuchzer sezt auch hier nur fünfe.

Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe.
chen von Zucker und Bohnenmehl gegeſſen hatten, ſo nahmen wir des Wohlſtands halber
nur etwas weniges zu uns, ſo ſehr man uns auch noͤthigte mehr zu genießen. Auf die
Frage, ob uns eine Taſſe Thee beliebte, die wir mit ja beantworteten, hies ſie der Kuͤchen-
meiſter herbringen, es war aber nur warmes Waſſer in ſchlechten krummen braunen mit
Streifen gefirniſſeten Toͤpferſchaalen, Miſeratie genant. Unſere Huͤte, Kleider und was
wir um und an uns hatten, wurden auch hier, ſo wie im| Warteſaal, beſichtiget. Nach
eingenommenem Fruͤhſtuͤk, das gewis ſchlecht und nichts weniger als Kaiſerlich war, be-
gaben wir uns abermals in den Warteſaal. Nachdem wir alhier wiederum eine Stunde
verweilen muſten, begleitete uns der Gouverneur durch andere Wege nach dem Kaiſerlichen
Audienzſaal, und hies uns ohnweit demſelben, wo nemlich das vorige mal in dem Neben-
gange mit ſpatzieren gehen uns die Zeit zu vertreiben angewieſen worden, ſitzen. Wegen
Eroͤfnung der Schauben und Gemaͤcher, die vorhin zugehalten geweſen, war hier jezt al-
les ſo veraͤndert, daß es ſich nicht mehr gleich ſahe; wie wir denn auch beinahe in einem
jeden großen Saale einige Hofjunkers ſitzend und auf ihr Amt wartend antrafen: in einem
andern großen Gemache nebſt zwei Gaͤngen bemerkte ich neuerdings große angeſchlagene
Plakate von fuͤnf Zeilen, deren jede nur ſieben*) Charakters hatte, die ich das vorige mal
entweder nicht wahrgenommen haben muſte, oder die wir auf einem andern Wege vorbei
gefuͤhrt worden. Waͤhrend unſerm halbſtuͤndigen Aufenthalt hieſelbſt fragten die mehreſten
Anweſenden nach unſeren Namen und Alter; ein 30jaͤhriger Pfaffe unter andern in einem
weisblauen ſeidenen Kleide mit ſeinem Bettelſacke von naͤmlicher Farbe, that ſolches auf
eine ſehr beſcheidene und ſchaamhafte Art: wir ſahen auch einen anderen Pfaffen in Orange-
gelber Kleidung in dem Gange, der aber nicht zu uns kam. Es wurden drei Waſchkan-
nen, ohne Zweifel von Silber, in die inneren Gemaͤcher des Kaiſers hinein, und ſelbige
hernach benebſt einem ſchwarz gefirniſſeten Taͤfelchen mit einem Himmel oder Doppeltiſch,
worauf unten einige Schuͤſſeln und Bretterchen unter einander lagen, wiederum heraus ge-
tragen, woraus wir muthmaßeten, daß man daſelbſt vielleicht Mahlzeit gehalten haͤtte.
Nach dieſem wurden wir alsbald bis in einen Seitengang nahe an den Kaiſerlichen Saal,
und in einer Zeit, wo man ohngefaͤhr 200 zaͤhlen mag, von einem außerordentlichen Reichs-
rath und den Kommiſſarien (welche leztere jedoch vor dem Kaiſerlichen Saal zuruͤkblieben)
auf denſelben, wo wir bei der vorigen Audienz geſeſſen, vor die Kaiſerlichen Gittermatten
gefuͤhrt. Hinter der mittelſten Hangematte etwas erhaben befand ſich der Kaiſer vor uns.
Bingo ſaß in der Mitte gegen die papierne Wand oder Schauben, die drei ordentlichen und
vier außerordentlichen Raͤthe aber an ihrem Orte. Rechter Hand hinter der Gittermatte

ſchien
*) Scheuchzer ſezt auch hier nur fuͤnfe.
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[351/0397] Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe. chen von Zucker und Bohnenmehl gegeſſen hatten, ſo nahmen wir des Wohlſtands halber nur etwas weniges zu uns, ſo ſehr man uns auch noͤthigte mehr zu genießen. Auf die Frage, ob uns eine Taſſe Thee beliebte, die wir mit ja beantworteten, hies ſie der Kuͤchen- meiſter herbringen, es war aber nur warmes Waſſer in ſchlechten krummen braunen mit Streifen gefirniſſeten Toͤpferſchaalen, Miſeratie genant. Unſere Huͤte, Kleider und was wir um und an uns hatten, wurden auch hier, ſo wie im| Warteſaal, beſichtiget. Nach eingenommenem Fruͤhſtuͤk, das gewis ſchlecht und nichts weniger als Kaiſerlich war, be- gaben wir uns abermals in den Warteſaal. Nachdem wir alhier wiederum eine Stunde verweilen muſten, begleitete uns der Gouverneur durch andere Wege nach dem Kaiſerlichen Audienzſaal, und hies uns ohnweit demſelben, wo nemlich das vorige mal in dem Neben- gange mit ſpatzieren gehen uns die Zeit zu vertreiben angewieſen worden, ſitzen. Wegen Eroͤfnung der Schauben und Gemaͤcher, die vorhin zugehalten geweſen, war hier jezt al- les ſo veraͤndert, daß es ſich nicht mehr gleich ſahe; wie wir denn auch beinahe in einem jeden großen Saale einige Hofjunkers ſitzend und auf ihr Amt wartend antrafen: in einem andern großen Gemache nebſt zwei Gaͤngen bemerkte ich neuerdings große angeſchlagene Plakate von fuͤnf Zeilen, deren jede nur ſieben *) Charakters hatte, die ich das vorige mal entweder nicht wahrgenommen haben muſte, oder die wir auf einem andern Wege vorbei gefuͤhrt worden. Waͤhrend unſerm halbſtuͤndigen Aufenthalt hieſelbſt fragten die mehreſten Anweſenden nach unſeren Namen und Alter; ein 30jaͤhriger Pfaffe unter andern in einem weisblauen ſeidenen Kleide mit ſeinem Bettelſacke von naͤmlicher Farbe, that ſolches auf eine ſehr beſcheidene und ſchaamhafte Art: wir ſahen auch einen anderen Pfaffen in Orange- gelber Kleidung in dem Gange, der aber nicht zu uns kam. Es wurden drei Waſchkan- nen, ohne Zweifel von Silber, in die inneren Gemaͤcher des Kaiſers hinein, und ſelbige hernach benebſt einem ſchwarz gefirniſſeten Taͤfelchen mit einem Himmel oder Doppeltiſch, worauf unten einige Schuͤſſeln und Bretterchen unter einander lagen, wiederum heraus ge- tragen, woraus wir muthmaßeten, daß man daſelbſt vielleicht Mahlzeit gehalten haͤtte. Nach dieſem wurden wir alsbald bis in einen Seitengang nahe an den Kaiſerlichen Saal, und in einer Zeit, wo man ohngefaͤhr 200 zaͤhlen mag, von einem außerordentlichen Reichs- rath und den Kommiſſarien (welche leztere jedoch vor dem Kaiſerlichen Saal zuruͤkblieben) auf denſelben, wo wir bei der vorigen Audienz geſeſſen, vor die Kaiſerlichen Gittermatten gefuͤhrt. Hinter der mittelſten Hangematte etwas erhaben befand ſich der Kaiſer vor uns. Bingo ſaß in der Mitte gegen die papierne Wand oder Schauben, die drei ordentlichen und vier außerordentlichen Raͤthe aber an ihrem Orte. Rechter Hand hinter der Gittermatte ſchien *) Scheuchzer ſezt auch hier nur fuͤnfe.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/397>, abgerufen am 28.11.2024.