vorbei führten. Weil es eben ein Czitatz oder Tempeltag war, sahe man hier sowol als auch sonst die Straße voller Menschen.
26) Die Stadt Miaco. Jn der Gegend unserer Herberge hieselbst lag der Songuantztempel von der Sekte Sjodosju. Noch an diesem Abend ließen wir den Befehlshabern der Stadt unsere Ankunft melden.
Den 19 März des Morgens um 10 Uhr verfügten wir uns zur Audienz, und zwar zuerst in den Pallast des Grosrichters.
Auf 20 Schritte vorher stiegen wir aus den Cangos, und giengen zu Fus über einen großen mit 20 Man besezten Vorplaz, jeder war mit zwei Säbels umgürtet und mit einem Wachtstocke versehen. Linker Hand am Eingange des Pallasts befand sich eine Leib- wache von etwa sechs Man, diese passirten wir zu dem großen Vorsaal, wo 40 und mehr Soldaten nebst Offiziers und zweien Wachtschreibern nach der Ordnung saßen. Hier mach- ten wir eine tiefe Verbengung, und wurden in den Wartesaal gebracht, wo wir bei dem Haushofmeister ein gleiches thaten, mit dem Vermelden, daß wir nach gewöhnlichem Ge- brauche in der Aufreise nach Kubosava seinem Herrn, dem Grosrichter, im Namen un- serer Herren auf Jakatra, das Kompliment abzustatten, und zum Zeichen unserer Erge- benheit mit einigen Kleinigkeiten zum Geschenk (die in Tintoweinen auch verschiedenen an- dern Waarenstücken bestanden, und in dem großen Wachtsaal auf Präsentirbrettern nach der Ordnung, wie es die Sitten des Landes erforderten, ausgekramt waren) aufzuwarten nicht verfehlen wolten. Während dem, daß der Dolmetscher die Geschenke nach dem Verzeichnis darüber nochmals nachsah, wurden einige wenige Komplimente hin und her gewechselt, und wir erhielten sodann die Antwort, daß dem Grosrichter unsere Ankunft so- wol als die Geschenke lieb wären, daß er sie angenommen und wir zur Audienz gelassen werden solten. Die Kammerdiener trugen die Geschenke hierauf in den Audienzsaal, und legten sie daselbst nach der Reihe aus, uns aber hies man in der Mitte desselben gegen ei- nen andern mit zwei Schauben offenstehenden Saal über niedersitzen. Jn einem andern Kabinet etwas weiter vor uns befand sich das Frauenzimmer, das wir wegen der hinter ih- nen verfinsterten Fenster nicht wohl hätten erkennen können, wenn es ihnen nicht beliebt hät- te, die papiernen Jalousien ein wenig hinwegzuthun, das jedoch nicht lang dauerte, indem sie gar bald wieder wegeilten und das Kabinet räumten. Kurz hernach kam der Grosrich- ter mit starken Schritten herbei, sezte sich auf 21/2 Matten Länge ohne Bücken und Neigen mit einer lebhaften und lachenden Mine vor uns nieder, hies uns während dem zugleich wil- kommen, und wünschte uns zu unserer Ankunft, Gesundheit und gutem Wetter Glük. Wir bezeugten dagegen durch den Dolmetscher unsern Dank, sagten die Ursache, warum wir hieher gekommen, und baten nicht allein die Geschenke geneigt aufzunehmen, sondern auch mit Ertheilung der gewöhnlichen Pässe uns beförderlich zu seyn. Die Geschenke, hies
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Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe.
vorbei fuͤhrten. Weil es eben ein Czitatz oder Tempeltag war, ſahe man hier ſowol als auch ſonſt die Straße voller Menſchen.
26) Die Stadt Miaco. Jn der Gegend unſerer Herberge hieſelbſt lag der Songuantztempel von der Sekte Sjodoſju. Noch an dieſem Abend ließen wir den Befehlshabern der Stadt unſere Ankunft melden.
Den 19 Maͤrz des Morgens um 10 Uhr verfuͤgten wir uns zur Audienz, und zwar zuerſt in den Pallaſt des Grosrichters.
Auf 20 Schritte vorher ſtiegen wir aus den Cangos, und giengen zu Fus uͤber einen großen mit 20 Man beſezten Vorplaz, jeder war mit zwei Saͤbels umguͤrtet und mit einem Wachtſtocke verſehen. Linker Hand am Eingange des Pallaſts befand ſich eine Leib- wache von etwa ſechs Man, dieſe paſſirten wir zu dem großen Vorſaal, wo 40 und mehr Soldaten nebſt Offiziers und zweien Wachtſchreibern nach der Ordnung ſaßen. Hier mach- ten wir eine tiefe Verbengung, und wurden in den Warteſaal gebracht, wo wir bei dem Haushofmeiſter ein gleiches thaten, mit dem Vermelden, daß wir nach gewoͤhnlichem Ge- brauche in der Aufreiſe nach Kuboſava ſeinem Herrn, dem Grosrichter, im Namen un- ſerer Herren auf Jakatra, das Kompliment abzuſtatten, und zum Zeichen unſerer Erge- benheit mit einigen Kleinigkeiten zum Geſchenk (die in Tintoweinen auch verſchiedenen an- dern Waarenſtuͤcken beſtanden, und in dem großen Wachtſaal auf Praͤſentirbrettern nach der Ordnung, wie es die Sitten des Landes erforderten, ausgekramt waren) aufzuwarten nicht verfehlen wolten. Waͤhrend dem, daß der Dolmetſcher die Geſchenke nach dem Verzeichnis daruͤber nochmals nachſah, wurden einige wenige Komplimente hin und her gewechſelt, und wir erhielten ſodann die Antwort, daß dem Grosrichter unſere Ankunft ſo- wol als die Geſchenke lieb waͤren, daß er ſie angenommen und wir zur Audienz gelaſſen werden ſolten. Die Kammerdiener trugen die Geſchenke hierauf in den Audienzſaal, und legten ſie daſelbſt nach der Reihe aus, uns aber hies man in der Mitte deſſelben gegen ei- nen andern mit zwei Schauben offenſtehenden Saal uͤber niederſitzen. Jn einem andern Kabinet etwas weiter vor uns befand ſich das Frauenzimmer, das wir wegen der hinter ih- nen verfinſterten Fenſter nicht wohl haͤtten erkennen koͤnnen, wenn es ihnen nicht beliebt haͤt- te, die papiernen Jalouſien ein wenig hinwegzuthun, das jedoch nicht lang dauerte, indem ſie gar bald wieder wegeilten und das Kabinet raͤumten. Kurz hernach kam der Grosrich- ter mit ſtarken Schritten herbei, ſezte ſich auf 2½ Matten Laͤnge ohne Buͤcken und Neigen mit einer lebhaften und lachenden Mine vor uns nieder, hies uns waͤhrend dem zugleich wil- kommen, und wuͤnſchte uns zu unſerer Ankunft, Geſundheit und gutem Wetter Gluͤk. Wir bezeugten dagegen durch den Dolmetſcher unſern Dank, ſagten die Urſache, warum wir hieher gekommen, und baten nicht allein die Geſchenke geneigt aufzunehmen, ſondern auch mit Ertheilung der gewoͤhnlichen Paͤſſe uns befoͤrderlich zu ſeyn. Die Geſchenke, hies
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Vierzehntes Kap. Von der zweiten Reiſe nach Hofe.
vorbei fuͤhrten. Weil es eben ein Czitatz oder Tempeltag war, ſahe man hier ſowol als
auch ſonſt die Straße voller Menſchen.
26) Die Stadt Miaco. Jn der Gegend unſerer Herberge hieſelbſt lag der
Songuantztempel von der Sekte Sjodoſju. Noch an dieſem Abend ließen wir den
Befehlshabern der Stadt unſere Ankunft melden.
Den 19 Maͤrz des Morgens um 10 Uhr verfuͤgten wir uns zur Audienz, und
zwar zuerſt in den Pallaſt des Grosrichters.
Auf 20 Schritte vorher ſtiegen wir aus den Cangos, und giengen zu Fus uͤber
einen großen mit 20 Man beſezten Vorplaz, jeder war mit zwei Saͤbels umguͤrtet und mit
einem Wachtſtocke verſehen. Linker Hand am Eingange des Pallaſts befand ſich eine Leib-
wache von etwa ſechs Man, dieſe paſſirten wir zu dem großen Vorſaal, wo 40 und mehr
Soldaten nebſt Offiziers und zweien Wachtſchreibern nach der Ordnung ſaßen. Hier mach-
ten wir eine tiefe Verbengung, und wurden in den Warteſaal gebracht, wo wir bei dem
Haushofmeiſter ein gleiches thaten, mit dem Vermelden, daß wir nach gewoͤhnlichem Ge-
brauche in der Aufreiſe nach Kuboſava ſeinem Herrn, dem Grosrichter, im Namen un-
ſerer Herren auf Jakatra, das Kompliment abzuſtatten, und zum Zeichen unſerer Erge-
benheit mit einigen Kleinigkeiten zum Geſchenk (die in Tintoweinen auch verſchiedenen an-
dern Waarenſtuͤcken beſtanden, und in dem großen Wachtſaal auf Praͤſentirbrettern nach
der Ordnung, wie es die Sitten des Landes erforderten, ausgekramt waren) aufzuwarten
nicht verfehlen wolten. Waͤhrend dem, daß der Dolmetſcher die Geſchenke nach dem
Verzeichnis daruͤber nochmals nachſah, wurden einige wenige Komplimente hin und her
gewechſelt, und wir erhielten ſodann die Antwort, daß dem Grosrichter unſere Ankunft ſo-
wol als die Geſchenke lieb waͤren, daß er ſie angenommen und wir zur Audienz gelaſſen
werden ſolten. Die Kammerdiener trugen die Geſchenke hierauf in den Audienzſaal, und
legten ſie daſelbſt nach der Reihe aus, uns aber hies man in der Mitte deſſelben gegen ei-
nen andern mit zwei Schauben offenſtehenden Saal uͤber niederſitzen. Jn einem andern
Kabinet etwas weiter vor uns befand ſich das Frauenzimmer, das wir wegen der hinter ih-
nen verfinſterten Fenſter nicht wohl haͤtten erkennen koͤnnen, wenn es ihnen nicht beliebt haͤt-
te, die papiernen Jalouſien ein wenig hinwegzuthun, das jedoch nicht lang dauerte, indem
ſie gar bald wieder wegeilten und das Kabinet raͤumten. Kurz hernach kam der Grosrich-
ter mit ſtarken Schritten herbei, ſezte ſich auf 2½ Matten Laͤnge ohne Buͤcken und Neigen
mit einer lebhaften und lachenden Mine vor uns nieder, hies uns waͤhrend dem zugleich wil-
kommen, und wuͤnſchte uns zu unſerer Ankunft, Geſundheit und gutem Wetter Gluͤk.
Wir bezeugten dagegen durch den Dolmetſcher unſern Dank, ſagten die Urſache, warum
wir hieher gekommen, und baten nicht allein die Geſchenke geneigt aufzunehmen, ſondern
auch mit Ertheilung der gewoͤhnlichen Paͤſſe uns befoͤrderlich zu ſeyn. Die Geſchenke, hies
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/385>, abgerufen am 22.07.2024.
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