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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Dreizehntes Kap. Rükreise von Jedo bis Nagasacki.
erhalten konte, weil es in dem Hause des Gouverneurs geschehen war. Nachher fand man
wieder einen unter der Brücke mir noch nicht ganz abgeschnittener Kehle.

Den 30 brachte man von Amack fünf ertapte Kerls gefänglich anher, welche in
der Meinung, die Chinesen ihrer heimlich eingebrachten Waaren zu berauben und sie zu be-
stehlen, einen Einfal in das Dorf Jsafaja gethan, aber vermuthlich weil sie unrichtige
Kundschaft gehabt, nichts gefunden hatten.

Es kamen auch in diesen Tagen viele Jonken, und unter andern zwei große von
Siam an, welche 60 Tage unter Wegs gewesen: das lezt ausgefahrne, das zuerst an-
langte, brachte die Nachricht mit, daß es Holländische Schiffe im Siamschen Hafen ge-
sehen hätte.

Den 1 August wurde das Fest Tanna batta insgemein, sonst auch Siokuso
genant, gefeiert. Jn der Nacht zuvor wohnt ein jeder Mann seiner Frauen, zu Erinne-
rung einer gewissen Geschichte, mit der ehelichen Pflicht bei, darauf dann am folgenden
Morgen das Glükwünschungsfest seinen Anfang nimt.

Den 3 ist ein ganz besonderes Tempelfest, der Tag von Quamvon, Sennitz
Mairi,
d. i. tausend Tage Gehen genant, weil dieser Tag dem, der an selbigem den
Tempel besucht, so zugerechnet wird, als ob er ihn zu einer andern Zeit tausend mal be-
sucht hätte. Jn Nagasacki ist nur ein Tempel von dieser Art.

Den 8 war das Bon Fest, da die Nacht mit brennenden Lichtern und Laternen
auf den Gräbern zugebracht wird. Schon gestern nahm dasselbe seinen Anfang, und
währete mit solchen Cerimonien bis den 9ten August. Man glaubt alsdenn, daß die Se-
len der Verstorbenen, sie mögen gute oder böse seyn, umher wanderten, und ihre vorige
Wohnungen besuchten.

Den 10 vernahmen wir, daß eins unsrer Schiffe, Wahlenburg genant, bald
ankommen würde.

Den 11 des Nachmittags warf solches würklich vor unser Eiland Anker.

Den 12 hörten wir abermals Nachricht von der Ankunst unsers Jachtschifs Wieck
op See,
und es kam den 13 zur Rhede.

Den 15 wurde, nach vorhergegangener gewöhnlicher Musterung, das Schif Wah-
lenburg ausgeladen, und damit vier Tage Zeit zugebracht.

Den 18 besahe der vorgestern eingetroffene Landesherr von Firando unser Comptoir
auf Desima.

Den 22 leerten wir das Jachtschif Wieck op See aus, wozu drei Tage giengen.
Es war selbiges über China gekommen.

Den 23 fuhren einige von uns und ich einem gestern ansichtig gewordenen Schiffe
entgegen. Auf der Jnsel Jwo, zwei Deutsche Meilen jenseit Nagasacki am Ende des

Hafens
Zweiter Band. S s

Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
erhalten konte, weil es in dem Hauſe des Gouverneurs geſchehen war. Nachher fand man
wieder einen unter der Bruͤcke mir noch nicht ganz abgeſchnittener Kehle.

Den 30 brachte man von Amack fuͤnf ertapte Kerls gefaͤnglich anher, welche in
der Meinung, die Chineſen ihrer heimlich eingebrachten Waaren zu berauben und ſie zu be-
ſtehlen, einen Einfal in das Dorf Jſafaja gethan, aber vermuthlich weil ſie unrichtige
Kundſchaft gehabt, nichts gefunden hatten.

Es kamen auch in dieſen Tagen viele Jonken, und unter andern zwei große von
Siam an, welche 60 Tage unter Wegs geweſen: das lezt ausgefahrne, das zuerſt an-
langte, brachte die Nachricht mit, daß es Hollaͤndiſche Schiffe im Siamſchen Hafen ge-
ſehen haͤtte.

Den 1 Auguſt wurde das Feſt Tanna batta insgemein, ſonſt auch Siokuſo
genant, gefeiert. Jn der Nacht zuvor wohnt ein jeder Mann ſeiner Frauen, zu Erinne-
rung einer gewiſſen Geſchichte, mit der ehelichen Pflicht bei, darauf dann am folgenden
Morgen das Gluͤkwuͤnſchungsfeſt ſeinen Anfang nimt.

Den 3 iſt ein ganz beſonderes Tempelfeſt, der Tag von Quamvon, Sennitz
Mairi,
d. i. tauſend Tage Gehen genant, weil dieſer Tag dem, der an ſelbigem den
Tempel beſucht, ſo zugerechnet wird, als ob er ihn zu einer andern Zeit tauſend mal be-
ſucht haͤtte. Jn Nagaſacki iſt nur ein Tempel von dieſer Art.

Den 8 war das Bon Feſt, da die Nacht mit brennenden Lichtern und Laternen
auf den Graͤbern zugebracht wird. Schon geſtern nahm daſſelbe ſeinen Anfang, und
waͤhrete mit ſolchen Cerimonien bis den 9ten Auguſt. Man glaubt alsdenn, daß die Se-
len der Verſtorbenen, ſie moͤgen gute oder boͤſe ſeyn, umher wanderten, und ihre vorige
Wohnungen beſuchten.

Den 10 vernahmen wir, daß eins unſrer Schiffe, Wahlenburg genant, bald
ankommen wuͤrde.

Den 11 des Nachmittags warf ſolches wuͤrklich vor unſer Eiland Anker.

Den 12 hoͤrten wir abermals Nachricht von der Ankunſt unſers Jachtſchifs Wieck
op See,
und es kam den 13 zur Rhede.

Den 15 wurde, nach vorhergegangener gewoͤhnlicher Muſterung, das Schif Wah-
lenburg ausgeladen, und damit vier Tage Zeit zugebracht.

Den 18 beſahe der vorgeſtern eingetroffene Landesherr von Firando unſer Comptoir
auf Deſima.

Den 22 leerten wir das Jachtſchif Wieck op See aus, wozu drei Tage giengen.
Es war ſelbiges uͤber China gekommen.

Den 23 fuhren einige von uns und ich einem geſtern anſichtig gewordenen Schiffe
entgegen. Auf der Jnſel Jwo, zwei Deutſche Meilen jenſeit Nagaſacki am Ende des

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Zweiter Band. S s
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[321/0367] Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki. erhalten konte, weil es in dem Hauſe des Gouverneurs geſchehen war. Nachher fand man wieder einen unter der Bruͤcke mir noch nicht ganz abgeſchnittener Kehle. Den 30 brachte man von Amack fuͤnf ertapte Kerls gefaͤnglich anher, welche in der Meinung, die Chineſen ihrer heimlich eingebrachten Waaren zu berauben und ſie zu be- ſtehlen, einen Einfal in das Dorf Jſafaja gethan, aber vermuthlich weil ſie unrichtige Kundſchaft gehabt, nichts gefunden hatten. Es kamen auch in dieſen Tagen viele Jonken, und unter andern zwei große von Siam an, welche 60 Tage unter Wegs geweſen: das lezt ausgefahrne, das zuerſt an- langte, brachte die Nachricht mit, daß es Hollaͤndiſche Schiffe im Siamſchen Hafen ge- ſehen haͤtte. Den 1 Auguſt wurde das Feſt Tanna batta insgemein, ſonſt auch Siokuſo genant, gefeiert. Jn der Nacht zuvor wohnt ein jeder Mann ſeiner Frauen, zu Erinne- rung einer gewiſſen Geſchichte, mit der ehelichen Pflicht bei, darauf dann am folgenden Morgen das Gluͤkwuͤnſchungsfeſt ſeinen Anfang nimt. Den 3 iſt ein ganz beſonderes Tempelfeſt, der Tag von Quamvon, Sennitz Mairi, d. i. tauſend Tage Gehen genant, weil dieſer Tag dem, der an ſelbigem den Tempel beſucht, ſo zugerechnet wird, als ob er ihn zu einer andern Zeit tauſend mal be- ſucht haͤtte. Jn Nagaſacki iſt nur ein Tempel von dieſer Art. Den 8 war das Bon Feſt, da die Nacht mit brennenden Lichtern und Laternen auf den Graͤbern zugebracht wird. Schon geſtern nahm daſſelbe ſeinen Anfang, und waͤhrete mit ſolchen Cerimonien bis den 9ten Auguſt. Man glaubt alsdenn, daß die Se- len der Verſtorbenen, ſie moͤgen gute oder boͤſe ſeyn, umher wanderten, und ihre vorige Wohnungen beſuchten. Den 10 vernahmen wir, daß eins unſrer Schiffe, Wahlenburg genant, bald ankommen wuͤrde. Den 11 des Nachmittags warf ſolches wuͤrklich vor unſer Eiland Anker. Den 12 hoͤrten wir abermals Nachricht von der Ankunſt unſers Jachtſchifs Wieck op See, und es kam den 13 zur Rhede. Den 15 wurde, nach vorhergegangener gewoͤhnlicher Muſterung, das Schif Wah- lenburg ausgeladen, und damit vier Tage Zeit zugebracht. Den 18 beſahe der vorgeſtern eingetroffene Landesherr von Firando unſer Comptoir auf Deſima. Den 22 leerten wir das Jachtſchif Wieck op See aus, wozu drei Tage giengen. Es war ſelbiges uͤber China gekommen. Den 23 fuhren einige von uns und ich einem geſtern anſichtig gewordenen Schiffe entgegen. Auf der Jnſel Jwo, zwei Deutſche Meilen jenſeit Nagaſacki am Ende des Hafens Zweiter Band. S s

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/367>, abgerufen am 28.11.2024.