Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwölftes Kap. Beschreibung der Stadt und des Schlosses Jedo.
chen mit seinem Blute unterzeichneten Eid verbürgen, daß keine andere Ursache als seine
Unvermögenheit dabei obwalte. Der Nagasackische Bürgermeister, Goto Tsjo simon,
reisete heute wieder ab, nachdem er am 15ten des 2ten Japanischen Monats bei den Reichs-
räthen Audienz, und den 21ten desselben seinen Abschied erhalten hatte.

Den 23 März, Freitags, überschikten wir durch den Unterdolmetscher Trojemon
einen jungen Herrn von Firando zum Zeichen eines geringen Andenkens eine Flasche Aqua-
vit, weil unsere Nation vormals unter seines Herrn Vaters Schutze gestanden. Eine
Stunde vor der Mittagszeit bei hellem und stillen Wetter ereignete sich ein schrekliches Erd-
beben, das unser Haus mit großem Krachen erschütterte, doch aber nicht länger, als man
ohngefähr 50 zählen kan, währte. Jch wurde bei dieser Gelegenheit überzeugt, daß es in
einer physischen Nothwendigkeit gegründet sey, wenn die Reichsgesetze den niedrigen Bau
der Häuser gebieten, und daß es nicht minder erfordert werde, daß man selbige von leich-
tem Holze, Wänden, Brettern und Spänen mache, und daß ein unter dem Dache über-
liegender schwerer Balke das ganze Gebäude durch sein Gewicht zusammenschließe und an
einander drücke, damit es durch eine Erderschütterung nicht einsinke.

Den 24 März, Sonnabends, war ein mit Schnee und Regen vermischter kalter
Tag, ob es gleich in der Nacht vorher schwulig und heis gewesen. Der Reichsrath und
Liebling des Kaisers Makino Bingo lies heute unsern Capitain um Holländischen Käse
bitten; wir schikten ihm einen ganzen Eidamer und halben Safrankäse von unserm eige-
nen Vorrathe.

Den 25 März, Sonntags, wurden die Geschenke für den Kaiser und für die
Großen des Hofes vertheilt und in bestimte Ordnung gebracht, weil der 28te herannahete,
da wir die Hofnung zur Audienz hatten, um so mehr, weil dieser Tag ein Fest-und Lusttag
war; zu dem Ende wir die Herren Kommissarien und den Sino Cami ersuchten, uns
darinnen beförderlich zu seyn.

Außer dem Kaiser sind die Herren, denen wir theils mit Geschenken theils ohnedies
mit Bezeugung unserer Unterthänigkeit aufwarten müssen, folgende:

1) Fünf Kaiserliche Oberreichsräthe, Go Rodzi, d. i. fünf alte Leute ge-
nant, als:
a) Makino Bingo no Cami.
b) Okubo kanga no Cami.
c) Abi Bungo no Cami.
d) Toda Jamasjiro Cami.
e) Tsutsia Sagami Cami.
2) Vier
M m 3

Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo.
chen mit ſeinem Blute unterzeichneten Eid verbuͤrgen, daß keine andere Urſache als ſeine
Unvermoͤgenheit dabei obwalte. Der Nagaſackiſche Buͤrgermeiſter, Goto Tſjo ſimon,
reiſete heute wieder ab, nachdem er am 15ten des 2ten Japaniſchen Monats bei den Reichs-
raͤthen Audienz, und den 21ten deſſelben ſeinen Abſchied erhalten hatte.

Den 23 Maͤrz, Freitags, uͤberſchikten wir durch den Unterdolmetſcher Trojemon
einen jungen Herrn von Firando zum Zeichen eines geringen Andenkens eine Flaſche Aqua-
vit, weil unſere Nation vormals unter ſeines Herrn Vaters Schutze geſtanden. Eine
Stunde vor der Mittagszeit bei hellem und ſtillen Wetter ereignete ſich ein ſchrekliches Erd-
beben, das unſer Haus mit großem Krachen erſchuͤtterte, doch aber nicht laͤnger, als man
ohngefaͤhr 50 zaͤhlen kan, waͤhrte. Jch wurde bei dieſer Gelegenheit uͤberzeugt, daß es in
einer phyſiſchen Nothwendigkeit gegruͤndet ſey, wenn die Reichsgeſetze den niedrigen Bau
der Haͤuſer gebieten, und daß es nicht minder erfordert werde, daß man ſelbige von leich-
tem Holze, Waͤnden, Brettern und Spaͤnen mache, und daß ein unter dem Dache uͤber-
liegender ſchwerer Balke das ganze Gebaͤude durch ſein Gewicht zuſammenſchließe und an
einander druͤcke, damit es durch eine Erderſchuͤtterung nicht einſinke.

Den 24 Maͤrz, Sonnabends, war ein mit Schnee und Regen vermiſchter kalter
Tag, ob es gleich in der Nacht vorher ſchwulig und heis geweſen. Der Reichsrath und
Liebling des Kaiſers Makino Bingo lies heute unſern Capitain um Hollaͤndiſchen Kaͤſe
bitten; wir ſchikten ihm einen ganzen Eidamer und halben Safrankaͤſe von unſerm eige-
nen Vorrathe.

Den 25 Maͤrz, Sonntags, wurden die Geſchenke fuͤr den Kaiſer und fuͤr die
Großen des Hofes vertheilt und in beſtimte Ordnung gebracht, weil der 28te herannahete,
da wir die Hofnung zur Audienz hatten, um ſo mehr, weil dieſer Tag ein Feſt-und Luſttag
war; zu dem Ende wir die Herren Kommiſſarien und den Sino Cami erſuchten, uns
darinnen befoͤrderlich zu ſeyn.

Außer dem Kaiſer ſind die Herren, denen wir theils mit Geſchenken theils ohnedies
mit Bezeugung unſerer Unterthaͤnigkeit aufwarten muͤſſen, folgende:

1) Fuͤnf Kaiſerliche Oberreichsraͤthe, Go Rodzi, d. i. fuͤnf alte Leute ge-
nant, als:
a) Makino Bingo no Cami.
b) Okubo kanga no Cami.
c) Abi Bungo no Cami.
d) Toda Jamaſjiro Cami.
e) Tſutſia Sagami Cami.
2) Vier
M m 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zwo&#x0364;lftes Kap. Be&#x017F;chreibung der Stadt und des Schlo&#x017F;&#x017F;es Jedo.</hi></fw><lb/>
chen mit &#x017F;einem Blute unterzeichneten Eid verbu&#x0364;rgen, daß keine andere Ur&#x017F;ache als &#x017F;eine<lb/>
Unvermo&#x0364;genheit dabei obwalte. Der Naga&#x017F;acki&#x017F;che Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter, <hi rendition="#fr">Goto T&#x017F;jo &#x017F;imon,</hi><lb/>
rei&#x017F;ete heute wieder ab, nachdem er am 15ten des 2ten Japani&#x017F;chen Monats bei den Reichs-<lb/>
ra&#x0364;then Audienz, und den 21ten de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;einen Ab&#x017F;chied erhalten hatte.</p><lb/>
          <p>Den 23 Ma&#x0364;rz, Freitags, u&#x0364;ber&#x017F;chikten wir durch den Unterdolmet&#x017F;cher <hi rendition="#fr">Trojemon</hi><lb/>
einen jungen Herrn von <hi rendition="#fr">Firando</hi> zum Zeichen eines geringen Andenkens eine Fla&#x017F;che Aqua-<lb/>
vit, weil un&#x017F;ere Nation vormals unter &#x017F;eines Herrn Vaters Schutze ge&#x017F;tanden. Eine<lb/>
Stunde vor der Mittagszeit bei hellem und &#x017F;tillen Wetter ereignete &#x017F;ich ein &#x017F;chrekliches Erd-<lb/>
beben, das un&#x017F;er Haus mit großem Krachen er&#x017F;chu&#x0364;tterte, doch aber nicht la&#x0364;nger, als man<lb/>
ohngefa&#x0364;hr 50 za&#x0364;hlen kan, wa&#x0364;hrte. Jch wurde bei die&#x017F;er Gelegenheit u&#x0364;berzeugt, daß es in<lb/>
einer phy&#x017F;i&#x017F;chen Nothwendigkeit gegru&#x0364;ndet &#x017F;ey, wenn die Reichsge&#x017F;etze den niedrigen Bau<lb/>
der Ha&#x0364;u&#x017F;er gebieten, und daß es nicht minder erfordert werde, daß man &#x017F;elbige von leich-<lb/>
tem Holze, Wa&#x0364;nden, Brettern und Spa&#x0364;nen mache, und daß ein unter dem Dache u&#x0364;ber-<lb/>
liegender &#x017F;chwerer Balke das ganze Geba&#x0364;ude durch &#x017F;ein Gewicht zu&#x017F;ammen&#x017F;chließe und an<lb/>
einander dru&#x0364;cke, damit es durch eine Erder&#x017F;chu&#x0364;tterung nicht ein&#x017F;inke.</p><lb/>
          <p>Den 24 Ma&#x0364;rz, Sonnabends, war ein mit Schnee und Regen vermi&#x017F;chter kalter<lb/>
Tag, ob es gleich in der Nacht vorher &#x017F;chwulig und heis gewe&#x017F;en. Der Reichsrath und<lb/>
Liebling des Kai&#x017F;ers <hi rendition="#fr">Makino Bingo</hi> lies heute un&#x017F;ern Capitain um Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ka&#x0364;&#x017F;e<lb/>
bitten; wir &#x017F;chikten ihm einen ganzen Eidamer und halben Safranka&#x0364;&#x017F;e von un&#x017F;erm eige-<lb/>
nen Vorrathe.</p><lb/>
          <p>Den 25 Ma&#x0364;rz, Sonntags, wurden die Ge&#x017F;chenke fu&#x0364;r den Kai&#x017F;er und fu&#x0364;r die<lb/>
Großen des Hofes vertheilt und in be&#x017F;timte Ordnung gebracht, weil der 28te herannahete,<lb/>
da wir die Hofnung zur Audienz hatten, um &#x017F;o mehr, weil die&#x017F;er Tag ein Fe&#x017F;t-und Lu&#x017F;ttag<lb/>
war; zu dem Ende wir die Herren Kommi&#x017F;&#x017F;arien und den Sino Cami er&#x017F;uchten, uns<lb/>
darinnen befo&#x0364;rderlich zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Außer dem Kai&#x017F;er &#x017F;ind die Herren, denen wir theils mit Ge&#x017F;chenken theils ohnedies<lb/>
mit Bezeugung un&#x017F;erer Untertha&#x0364;nigkeit aufwarten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, folgende:</p><lb/>
          <list>
            <item>1) Fu&#x0364;nf Kai&#x017F;erliche <hi rendition="#fr">Oberreichsra&#x0364;the, Go Rodzi,</hi> d. i. fu&#x0364;nf alte Leute ge-<lb/>
nant, als:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a</hi>) <hi rendition="#fr">Makino Bingo no Cami.</hi></item><lb/><item><hi rendition="#aq">b</hi>) <hi rendition="#fr">Okubo kanga no Cami.</hi></item><lb/><item><hi rendition="#aq">c</hi>) <hi rendition="#fr">Abi Bungo no Cami.</hi></item><lb/><item><hi rendition="#aq">d</hi>) <hi rendition="#fr">Toda Jama&#x017F;jiro Cami.</hi></item><lb/><item><hi rendition="#aq">e</hi>) <hi rendition="#fr">T&#x017F;ut&#x017F;ia Sagami Cami.</hi></item></list></item>
          </list><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">M m 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">2) Vier</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0313] Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo. chen mit ſeinem Blute unterzeichneten Eid verbuͤrgen, daß keine andere Urſache als ſeine Unvermoͤgenheit dabei obwalte. Der Nagaſackiſche Buͤrgermeiſter, Goto Tſjo ſimon, reiſete heute wieder ab, nachdem er am 15ten des 2ten Japaniſchen Monats bei den Reichs- raͤthen Audienz, und den 21ten deſſelben ſeinen Abſchied erhalten hatte. Den 23 Maͤrz, Freitags, uͤberſchikten wir durch den Unterdolmetſcher Trojemon einen jungen Herrn von Firando zum Zeichen eines geringen Andenkens eine Flaſche Aqua- vit, weil unſere Nation vormals unter ſeines Herrn Vaters Schutze geſtanden. Eine Stunde vor der Mittagszeit bei hellem und ſtillen Wetter ereignete ſich ein ſchrekliches Erd- beben, das unſer Haus mit großem Krachen erſchuͤtterte, doch aber nicht laͤnger, als man ohngefaͤhr 50 zaͤhlen kan, waͤhrte. Jch wurde bei dieſer Gelegenheit uͤberzeugt, daß es in einer phyſiſchen Nothwendigkeit gegruͤndet ſey, wenn die Reichsgeſetze den niedrigen Bau der Haͤuſer gebieten, und daß es nicht minder erfordert werde, daß man ſelbige von leich- tem Holze, Waͤnden, Brettern und Spaͤnen mache, und daß ein unter dem Dache uͤber- liegender ſchwerer Balke das ganze Gebaͤude durch ſein Gewicht zuſammenſchließe und an einander druͤcke, damit es durch eine Erderſchuͤtterung nicht einſinke. Den 24 Maͤrz, Sonnabends, war ein mit Schnee und Regen vermiſchter kalter Tag, ob es gleich in der Nacht vorher ſchwulig und heis geweſen. Der Reichsrath und Liebling des Kaiſers Makino Bingo lies heute unſern Capitain um Hollaͤndiſchen Kaͤſe bitten; wir ſchikten ihm einen ganzen Eidamer und halben Safrankaͤſe von unſerm eige- nen Vorrathe. Den 25 Maͤrz, Sonntags, wurden die Geſchenke fuͤr den Kaiſer und fuͤr die Großen des Hofes vertheilt und in beſtimte Ordnung gebracht, weil der 28te herannahete, da wir die Hofnung zur Audienz hatten, um ſo mehr, weil dieſer Tag ein Feſt-und Luſttag war; zu dem Ende wir die Herren Kommiſſarien und den Sino Cami erſuchten, uns darinnen befoͤrderlich zu ſeyn. Außer dem Kaiſer ſind die Herren, denen wir theils mit Geſchenken theils ohnedies mit Bezeugung unſerer Unterthaͤnigkeit aufwarten muͤſſen, folgende: 1) Fuͤnf Kaiſerliche Oberreichsraͤthe, Go Rodzi, d. i. fuͤnf alte Leute ge- nant, als: a) Makino Bingo no Cami. b) Okubo kanga no Cami. c) Abi Bungo no Cami. d) Toda Jamaſjiro Cami. e) Tſutſia Sagami Cami. 2) Vier M m 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/313
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/313>, abgerufen am 24.11.2024.